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11:21 Uhr, 20.02.2015

Einstiegschancen bei Ölaktien

Der Ölpreisrückgang stellt die Ausbeutung der bestehenden Förderquellen nicht in Frage. Dennoch verpflichtet er einer Analyse der Fondsgesellschaft METROPOLE Gestion zufolge die Ölkonzerne, ihre Investitionen zu überprüfen.

Paris/Frankfurt (BoerseGo.de) – Nach dem starken Rückgang des Ölpreises hat die französische Fondsgesellschaft METROPOLE Gestion Europas Öl-Konzerne wie BP, Shell, Total, Repsol und ENI einer neuen Analyse unterzogen. Dabei wurden vor allem die Auswirkungen des gesunkenen Ölpreises auf das operative Geschäft, sowie auf die die Nachhaltigkeit der aktuell gezahlten Dividenden untersucht. Dies sogar für den Fall, dass der Ölpreis über längere Zeit auf einem niedrigen Niveau verharren sollte.

„Die großen Konzerne wie BP, Shell, Repsol, ENI oder Total waren lange Zeit in unseren Portfolios untergewichtet oder gar nicht vertreten“, erläutert Markus Hampel, Partner und Deutschlandchef von METROPOLE Gestion. „Und das, obwohl sie insgesamt niedrig bewertet waren und hohe Dividendenrenditen aufwiesen. Aber auf dem Höhepunkt des Rohstoffzyklus, als der Ölpreis bei über 100 Dollar notierte, verschlechterte sich ihre Rentabilität zusehends. Ihre operativen Kosten und Investitionsausgaben stiegen, ohne dass jedoch das versprochene Wachstum erzielt wurde. Deshalb gehörten diese Aktien in den letzten drei Jahren auch zu den Underperformern.“

Die Pariser Value-Spezialisten weisen desweiteren darauf hin, dass die Produktionskosten der bestehenden Förderquellen durchschnittlich um 50 Prozent gestiegen seien, und die Explorationskosten sich fast verdoppelt hätten, während die Fördermengen stagnierten. Vor diesem Hintergrund sei auch die Kapitalrentabilität von 15 Prozent im Jahr 2010 auf 11 Prozent im Jahr 2013 zurückgegangen.

Der starke Rückgang des Ölpreises habe aber einiges grundlegend geändert. „Wir wollten wissen, welche Auswirkungen dieser Preissturz auf das operative Geschäft und auf die Bewertung der Ölkonzerne hat“, erklärt Hampel. „Da es unmöglich ist, die Entwicklung des Ölpreises vorherzusehen, haben wir uns darauf konzentriert zu untersuchen, welche Dividenden die europäischen Ölkonzerne bei verschiedenen Ölpreisniveaus ausschütten können. Des Weiteren haben wir aus Vorsicht ein Szenario analysiert, in dem die Ölreserven nicht ersetzt werden.“ Das würde einen Rückgang der Produktion von fossilen Brennstoffen um fünf Prozent pro Jahr und ein Ende der Explorations- und Produktionsaktivität nach 20 Jahren bedeuten, betonen die Pariser Fondsmanager.

Die wichtigste Feststellung der vorgelegten Studie sei aber die Tatsache, dass die Ausbeutung der bestehenden Ölquellen im aktuellen Umfeld rentabel bleibe, betont METROPOLE Gestion. Die großen europäischen Ölkonzerne hätten im Jahr 2013 im Durchschnitt in der Produktion Cash-Kosten von 45 Dollar je Barrel gehabt. Diese Kosten hätten zur Hälfte Steuern umfasst, die je nach dem Ölpreis variieren. „Wenn der Ölpreis weiter auf dem Niveau von 50 Dollar verharrt, würden die reinen Förderkosten zurückgehen, wie dies bereits 2009 der Fall war. Die Cash-Kosten der Produktion waren damals im Durchschnitt von 34 auf 21 Dollar je Barrel zurückgegangen, vor allem dank Steuersenkungen“, betont Markus Hampel. Der Ölpreisrückgang stelle von daher die Ausbeutung der bestehenden Förderquellen nicht in Frage. Dennoch verpflichte er die Ölkonzerne, ihre Investitionen zu überprüfen. Die Unternehmen hätten deshalb auch schon einen Rückgang der Investitionen um zehn bis 15 Prozent angekündigt und würden weitere Kostensenkungen in Erwägung ziehen.

Desweiteren wurde versucht, die Nachhaltigkeit der aktuell ausgezahlten Dividenden auch für den Fall zu berechnen, dass der Ölpreis über längere Zeit auf einem niedrigen Niveau verharren sollte. Beim aktuellen Forward-Preis, der zurzeit bei 75 Dollar je Barrel liege, wären die fünf großen europäischen Ölkonzerne in der Lage, ihre aktuellen Dividendenniveaus mindestens für die nächsten drei Jahre beizubehalten, ohne ihre Investitionsausgaben drastisch zu senken, heißt es in der Studie weiter. Dies würde aber auf Kosten einer höheren Verschuldung geschehen. Das Verhältnis von Schulden zu Eigenkapital liege derzeit bei lediglich 22 Prozent und würde 2017 auf 30 Prozent steigen, was immer noch mit einem Rating im Investment-Grade-Bereich kompatibel wäre, betonen die Pariser Fondsmanager. Bei einem Ölpreis von 50 Dollar je Barrel wäre hingegen nur Royal Dutch Shell in der Lage, das aktuelle Dividenden- und Investitionsniveau beizubehalten und sein Investment-Grade-Rating zu behaupten.

Paradoxerweise könnte sich der Ölpreisrückgang letztlich als positiver Katalysator erweisen, da er die Unternehmen zwingt, Restrukturierungen durchzuführen, um ihre Rentabilität zu steigern. „Die Gruppe Royal Dutch Shell, die eine niedrige Bewertung aufweist, zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, auch in einem Umfeld niedriger Preise über mehrere Jahre hinweg ein hohes Dividendenniveau beizubehalten“, betont Markus Hampel. „Daher haben wir diesen Titel vor kurzem auch wieder in das Portfolio unseres paneuropäischen Aktienfonds Metropole Sélection aufgenommen.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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