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12:09 Uhr, 16.09.2001

Einschätzung der Börse - wie geht es weiter II

Geschlossen haben Fondsmanager und Analysten in den letzten beiden Tagen Anleger dazu aufgerufen, Ruhe zu bewahren und die weitere Entwicklung der Lage abzuwarten. Auf keinen Fall solle man sich in dieser Situation zu Panikverkäufen hinreißen lassen, auch wenn das Minus in den Depots größer geworden ist. "Wir gehen davon aus, dass die Anschläge nur einen temporären Effekt auf die Aktienmärkte haben", erklärte Jochen Mathee, Fondsmanager bei Invesco Asset Management am Donnerstag. Kurzfristig werde es zwar starke Kursschwankungen geben, eine eindeutige Tendenz nach unten sei nicht auszumachen, wenngleich eine Einschätzung schwierig bleibe: "Die Meinungen der Analysten über die Auswirkungen gehen auseinander. Zwischen minus fünf bis plus fünf Prozent scheint alles drin zu sein", sagte Mathee weiter. Weitere Fondsmanager erklärten, momentan vornehmlich auf defensive Werte zu setzen und die Finger von Hochspekulativem zu lassen. Auch mit Technologiewerten sei man derzeit nicht allzu gut beraten, so eine weit verbreitete Meinung. Für die nächsten Monate bleibe es wichtig, daß in den USA das Verbrauchervertrauen stabil gehalten werden könne. Sollte dieses wegbrechen, stünden der US- und damit auch der Weltwirtschaft harte Zeiten bevor. Nach den letzten Berichten über das Verbrauchervertrauen gibt es aktuell erhöhten Anlaß zur Sorge, daß dieKonsumentenausgaben in dem kommenden Monaten als Konjunkturmotor der USA tatsächlich schwächeln könnten (BörseGo berichtete). Sollte dies tatsächlich eintreten, sind sich Experten sicher, dann hätte man die Tiefstände in den Märkten womöglich noch nicht gesehen. Insbesondere Technologiewerte und Zykliker würde es dabei dann erneut heftig erwischen.


Nach den Aussagen des leitenden Fondsmanagers Klaus Martini der größten deutschen Fondsgesellschaft DWS, eines Tochterunternehmens den Deutschen Bank AG, werde die jüngste Terrorwelle in den USA den weltweiten Wirtschaftsaufschwung um ein bis zwei Quartale in die Zukunft verschieben. Dennoch hätten sein Fonds, die fast 90 Milliarden Euro verwalten würden, in dieser Woche ihre Cashpositionen heruntergefahren und seien in die Aktienmärkte eingestiegen. Als Grund nannte man die niedrige Bewertung und die Tatsache, daß viele Dinge bereits in den Aktien eingepreist seien, so der Aktienexperte. Auch erwarte Martini keine allzu großen Kursverluste bei amerikanischen Aktien, wenn die dortigen Börsen wieder öffnen würden. Die Lage habe sich bereits wieder etwas beruhigt.


Keinen Anlaß zur Besorgnis sieht der US-Finanzminister Paul O'Neill für die US-Wirtschaft angesichts der jüngsten Terrorakte. "Die Aussichten für unsere Wirtschaft, insbesondere auf den bevorstehenden wirtschaftlichen Aufschwung, bleiben unverändert", erklärte er heute. Kurzfristig sehe er zwar Risiken, aber das ändere mittelfristig nichts an den guten Konjunkturaussichten.


Anlaß zur Hoffnung auf einen möglicherweise dauerhaft niedrig bleibenden Ölpreis gab die OPEC am späten Mittwoch abend, in dem sie durch ihren Präsidenten Chakib Khelil verlauten ließ, den weltweiten Ölbedarf nach den Terrorakten in den USA decken zu wollen. Khelil berichtete auf einer Pressekonferenz, daß der Anstieg um 15% in den letzten Stunden auf eine "spekulative Reaktion" zurückzuführen sei, die durch die Wirren und die allgemeine Unsicherheit hervorgerufen wurde. Aus diesem Grund sollten die Preise in den nächsten Tagen wieder zurückgehen, mittelfristig peile man die Marke von 25 $/Barrel an, so Khelil. Die OPEC werde alles mögliche tun, um die Stabilität der Märkte beizubehalten.

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