Einbruch des Welthandels: Panik berechtigt?
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Vor zwei Wochen veröffentlichte das niederländische Wirtschaftsforschungsinstitut CPB (steht für: Bureau for Economic Policy Analysis) ihren monatlichen Bericht zum Welthandel. Der CPB World Trade Monitor wird regelmäßig veröffentlicht und soll einen Eindruck von der Entwicklung des Welthandels geben. Dieser Bericht beinhaltet einige Zahlen, die es in sich haben.
Mit einem Blick sieht man sofort, dass sich der Handel nur noch knapp über der Wachstumsgrenze hält. In wenigen Monaten kann der Handel aufs Jahr gesehen zu schrumpfen beginnen. Wenn so etwas passiert, dann gibt es dafür einen Grund. Ganz von alleine gerät der Welthandel nicht in eine Phase der Stagnation oder des Abschwungs.
Über die Gründe wird gerätselt. Einige Analysten sehen lediglich eine temporäre Eintrübung, andere wiederum vermuten bereits die nächste globale Krise. Letzteres ist eine verständliche Schlussfolgerung. Gerät der Welthandel aus den Fugen, dann läuft etwas ganz schief. Das letzte Mal als es passierte, kollabierte gerade Lehman Brothers. Es ist also nachvollziehbar, wenn gleich das absolut Schlimmste befürchtet wird.
Das letzte Ma,l als der Welthandel schrumpfte, befanden wir uns am Rande des Zusammenbruchs des Finanzsystems. Das vorletzte Mal, als der Handel schrumpfte, war es die Folge des 11. Septembers. Nach den Terroranschlägen blieb die Welt für kurze Zeit stehen. Der internationale Personenverkehr kam fast zum Erliegen. Gleichzeitig hatte die Wall Street mit dem Platzen der Internetblase zu kämpfen und die Wirtschaft befand sich ohnehin auf einem Weg des Abschwungs.
Der Schock von 2008 war für den Handel in den vergangenen 67 Jahren einmalig. Trotzdem ist es das jüngste Ereignis und sitzt den meisten noch in den Knochen. Die Angst ist einfach zu groß, dass es noch einmal wie 2008 laufen könnte. Die Angst ist berechtigt, denn jeder weiß, dass die Welt eine zweite Krise wie 2008 innerhalb so kurzer Zeit nicht verkraften kann. Regierungen können einer solchen Krise kaum etwas entgegenstellen. Die Schulden sind zu hoch. Große Konjunkturprogramme sind unmöglich und die Notenbanken haben ihr Pulver größtenteils verschossen.
So verständlich die Angst auch ist, sie ist übertrieben. Grafik 3 zeigt die vom CPB veröffentlichten Handelsindizes. Der in der Grafik als ‚Welthandel’ dargestellte Index ist jener Index, über den sich gerade alle Sorgen machen. Geht man etwas mehr ins Detail, dann wirft das ganz andere Fragen auf. Die Stagnation der letzten Monate gerät da fast in den Hintergrund. Die diversen Subindizes haben wilde Ausschläge. Auf den ersten Blick fragt man sich wie es überhaupt möglich ist, dass noch nicht alles zusammengebrochen ist.
Denkt man einen Moment über die Daten nach, dann machen sie Sinn und sind eigentlich alles andere als beunruhigend. Sie sind vielmehr eine Erklärung für das derzeitige Umfeld und den schwächelnden Welthandel. Besonderes Augenmerk gilt den Rohstoffindizes. Der Rohstoffindex (exkl. Treibstoffe) hat sich seit 2011 um 40% zurückgezogen. Der Index für Energierohstoffe – vor allem getrieben durch Öl – ist innerhalb eines halben Jahres um 50% eingebrochen.
Von Expansion ist im Bereich der Rohstoffe weit und breit nichts zu sehen. Seit 2011 hat sich der gehandelte Wert halbiert. Wären die Rohstoffpreise stabil geblieben, dann würden wir heute nicht vom Zusammenbruch, sondern von der Expansion des Welthandels reden.
Grafik 5 zeigt das Wachstum des Handelswertes von Rohstoffen und anderen Gütern. Die aktuelle Schwäche ist dabei gänzlich durch die Rohstoffe erklärt. Ebenso darf man neben den Preiseffekten noch andere Entwicklungen nicht vergessen. Allein die USA haben ihre Ölimporte wegen steigender Produktion im eigenen Land um mehrere Dutzende Milliarden USD senken können. Auch solche Effekte müssen berücksichtigt werden.
Der Rückgang des Handels ist momentan noch nicht bedrohlich. Die geringeren Rohstoffpreise schlagen sich fast 1 zu 1 in den Statistiken nieder. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass viele Güter insgesamt billiger werden, wenn auch der Input billiger wird. Die Verlangsamung des Wachstums ist Ausdruck einer weltweit geringer werdenden Inflation und teils Deflation.
Einen durch Rohstoffe bedingten Abschwung gab es übrigens schon einmal. Das war Anfang bis Mitte der 80er Jahre. Der Welthandel schrumpfte drei Jahre hintereinander. Die Welt ist trotzdem nicht untergegangen und ganz nebenbei war das die Zeit, in der die Grundlage für einen sehr langen Aufschwung gelegt wurde.
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"Die Verlangsamung des Wachstums ist Ausdruck einer weltweit geringer werdenden Inflation und teils Deflation."
Die Inflation wird nicht geringer wenn man unter Inflation das versteht, was sie ursprünglich bedeutete, nämlich die Ausweitung der Geldmenge. Vorhandenes Geld und neues Geld fließt lediglich wo anderes hin. Insgesamt führt jede Ausweitung der Geldmenge zur Inflation. Die Geldmenge ist weltweit in den letzten Jahrzehnten immer nur vermehrt worden. Wenn sich die Preise verschiedener Güter verändern, also einige Güterpreise fallen, während sich andere erhöhen, so kann man nicht von einer Deflation sprechen, denn von Deflation ist die Rede, wenn sich das gesamte Preisniveau verringert und nicht nur einige Preise für bestimmte Güter.
Bei obigem Zitat von Clemens Schmale wird übersehen, dass es eine Vermögensgüter-Preisinflation gibt. "Sie schadet dem Geldwert genauso wie die Konsumgüterpreis-Inflation. Auch sie führt zu Fehlallokationen knapper Ressourcen und zieht eine nicht marktgerechte Verteilung von Vermögen nach sich. Die steigenden Preise für Aktien, Immobilien und andere Vermögensgüter locken immer mehr Sparer an, die ebenfalls – wie ihre Nachbarn und Kollegen – an den Preissteigerungen partizipieren wollen. So kommt es zu Vermögenspreis-Blasen, deren späteres Platzen die Volkswirtschaft schwer schädigt.[...]
Man konnte in den Jahren, in denen der vormalige Fed-Präsident Alan Greenspan die Schleusen für das aus heisser Luft geschaffene Geld weit geöffnet hat, staunend beobachten, wie sich in den USA eine „asset price-Blase“ nach der anderen gebildet hat: Zuerst die Aktienblase, dann die Immobilien- und Hypothekenblase, und dann die Blase der sogenannten Derivate, der um zwanzig Ecken herum verbrieften Schulden und Kredite. Sie alle sind entweder bereits geplatzt oder sie werden noch platzen. Mit furchtbaren Folgen. Irgendwann treten nämlich im überhitzten Finanzsektor Verluste auf und bringen den Kredit- und Geldschöpfungsprozess zur Notbremsung. Danach beginnt eine unheilvolle Abwärtsspirale: Fallende Vermögenspreise, Liquiditätsengpässe, wankende Banken, sinkender Konsum, rückläufige Investitionen, Firmenzusammenbrüche und sinkende Beschäftigung. Rezession oder gar Depression halten Einzug." ( http://www.roland-baader.de/inflation-der-papierene-selbstmord/#more-431 )
Demnach kann man auch heute durchaus davon ausgehen, dass etwas ganz gewaltig schief läuft.
Eine Dürre in den USA und in Rußland, ein großer Vulkanausbruch, ein neuer Angriff auf das Worldtradecenter oder andre terroristische Anschläge, ein neues Fukushima, eine weltweite Seuche oder eine neue Sintflut, all das kann den Welthandel vorrübergehend zum Erliegen bringen. Es beweist nur eines: Der Mensch ist ein Teil der Natur und trotz aller Technik immer noch nicht Herr der Natur. Er besitzt jetzt aber bedauerlicherweise das Potential, sich selbst zu vernichten.
wie ist es denn zu erklären, dass der BDI gestiegen ist von ca. 777 auf ca. 1222 ?
"Gerät der Welthandel aus den Fugen, dann läuft etwas ganz schief". Können Sie den Satz mal näher erklären.-) Vielen Dank!
Danke für die Analyse