Kommentar
10:47 Uhr, 03.03.2015

Ein ganz langfristiger Blick auf den Euro

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)
  • Der US-Dollar gegenüber der D-Mark beziehungsweise dem Euro in den letzten sechzig Jahren.
  • Die Wechselkursentwicklung verlief über die ganze Zeit hinweg überraschend stetig und stabil.
  • Nach historischen Vergleichen müsste bald der Punkt kommen, an dem sich der Euro wieder erholt.

Im Augenblick rechnet jeder damit, dass sich der US-Dollar weiter aufwerten wird. Das kann gar nicht anders sein. Die US-Wirtschaft wächst mit ordentlichen Raten. Die Zinsen sollen angehoben werden. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich verringert. Der Fehlbetrag in den öffentlichen Haushalten ist geringer. Die Inflation ist fast Null. Unter solchen Bedingungen muss auch die Währung an Wert gewinnen.

Aber ist das wirklich so zwangsläufig? Ich möchte hier etwas Wasser in den Wein gießen. Ich habe mir dazu die ganz lange Entwicklung des Wechselkurses zwischen dem US-Dollar und der D-Mark beziehungsweise dem Euro angeschaut (siehe Grafik). Die Eurokurse vor der Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999 habe ich dazu der Einfachheit halber aus der D-Mark abgeleitet. Die Entwicklung der letzten sechzig Jahre legt einige interessante Schlussfolgerungen nahe.

Ein-ganz-langfristiger-Blick-auf-den-Euro-Kommentar-Martin-Hüfner-GodmodeTrader.de-1
Erstens: Die Bewegung des Wechselkurses zum US-Dollar hat sich durch den Übergang von der D-Mark zum Euro kaum geändert. Die Gründung der Währungsunion war – anders als viele das gedacht haben – keine Zäsur. All die Streitereien in der Währungsunion haben der Attraktivität der Gemeinschaftswährung bisher nicht geschadet. Der Verlust der international hochrenommierten D-Mark wurde offenbar durch die größere Breite und Liquidität der neuen Währung kompensiert.

Zweitens: Seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen Anfang der 70er Jahre haben sich die D-Mark beziehungsweise der Euro gegenüber dem US-Dollar im Trend permanent aufgewertet. Im Schnitt ging es um rund 2,5 % p. a. nach oben. Auch das ist überraschend. Jeder redet über die große Dynamik und Attraktivität der amerikanischen Wirtschaft, die der europäischen so
weit überlegen sei. Am Devisenmarkt ist hiervon jedoch nichts zu erkennen. Das hängt vermutlich mit der größeren Stabilitätsorientierung der Europäer und dem anhaltenden Leistungsbilanzdefizit der Amerikaner zusammen.

Drittens: Die Entwicklung des Euro/Dollar-Kurses war über all die Jahre keineswegs so chaotisch, wie es in der Hektik des Tagesgeschäfts manchmal den Eindruck macht. Die Kurse bewegten sich vielmehr in relativ geordneten Bahnen, konkret in einer Bandbreite von +/-25 %. Wenn sie an das obere Ende des Bandes stießen, drehten sie wieder nach unten. Wenn sie das untere Ende erreichten, ging es wieder nach oben.

Viertens: Seit Beginn der flexiblen Kurse gibt es drei klar voneinander getrennte große Zyklen. Der erste endete 1985 mit der Dollarhausse unter dem amerikanischen Präsidenten Reagan. Der zweite fand seinen Tiefpunkt um die Jahrtausendwende mit der Schwäche des Euros nach der Einführung der Währungsunion. Den dritten erleben wir gerade jetzt. Bemerkenswert ist, dass die Zyklen gemessen an den Tiefpunkten jeweils 15 Jahre auseinander liegen. Eine solche Regelmäßigkeit könnte auf eine tieferliegende Gesetzmäßigkeit hindeuten. Freilich sehe ich keinen ökonomischen Grund, dass es alle 15 Jahre zu einer Zuspitzung auf den Devisenmärkten kommen sollte. Vielleicht ist es nur Zufall, allerdings ein interessanter Zufall.

Fünftens: Wenn sich die Zyklen wie in der Vergangenheit fortsetzen würden, dann stünden wir jetzt erneut vor einem Wendepunkt. Der US-Dollar müsste schwächer werden, der Euro stärker. Das steht im Widerspruch zur derzeitigen Konsensprognose. Natürlich kann es diesmal auch anders kommen. Geschichte wiederholt sich nicht. Das Erreichen des Chartpunktes sollte aber ein Anlass sein, noch einmal nachzudenken, ob es wirklich so zwangsläufig ist, dass sich der Euro weiter abwerten muss. In jedem Fall gibt es an solchen Punkten größere Unsicherheiten, vielleicht auch Turbulenzen an den Märkten.

Sechstens: Es liegt nahe, die Ereignisse in den jeweiligen Tiefpunkten miteinander zu vergleichen. Die starke Aufwertung des Dollar bis 1985 führte zu dem berühmten Plaza Agreement. Damals beschlossen die Regierungen der großen Industrieländer, eine weitere Aufwertung des US-Dollars durch koordinierte Aktionen auf den Devisenmärkten zu verhindern. Anfang des neuen Jahrtausends gab es wieder hektische Aktionen der Währungspolitiker. Höhepunkt war die Jahreskonferenz des Internationalen Währungsfonds in Prag, auf der sowohl die Amerikaner als auch die Europäer versprachen, alles zu tun, um die Euroschwäche zu überwinden.

Jetzt ist die Welt noch weit entfernt von einer solchen Dramatik. Das hängt auch mit der unterschiedlichen Interessenlage zusammen. Die Europäische Zentralbank ist an einer weiteren Abwertung des Euros interessiert, um dadurch eine mögliche Deflation im Euroraum zu bekämpfen. Die Amerikaner spüren zwar den Druck des starken Dollars im Wettbewerb auf den Weltmärkten. Sie sind aber – noch – nicht bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Sie planen im Gegenteil eine Zinserhöhung, die den Dollar weiter stärken würde.

Für den Anleger

Man sollte historische Betrachtungen nicht zu weit treiben. Die Aufwertung des US-Dollars kann sich sicher noch etwas fortsetzen. Wir nähern uns jedoch einem kritischen Punkt, an dem die Schwankungen auf den Märkten zunehmen könnten. Das muss kein Währungskrieg werden. Auf lange Sicht spricht einiges dafür, dass sich die Verhältnisse auf den Devisenmärkten drehen und sich der Euro wieder erholt. Ich würde keine lang laufenden Dollar-Long-Positionen eingehen.

Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.
Weitere Informationen über Assenagon und unsere Publikationen finden Sie auch auf www.assenagon.com.

Assenagon Asset Management S.A., Zweigniederlassung München, Prannerstraße 8, 80333 München, Deutschland


Rechtliche Hinweise

Dieses Dokument dient ausschließlich Informationszwecken und beinhaltet keine vertraglichen oder sonstigen Verpflichtungen. Es ist nicht als Angebot oder Verkauf einer Beteili­gung an einem von Assenagon verwalteten Fonds zu verstehen. Alle Informationen in dieser Darstellung beruhen auf sorgfältig ausgewählten Quellen, die für zuverlässig erachtet wurden, doch kann die Assenagon S.A., Luxemburg, die Assenagon Asset Management S.A., Luxemburg und ihre Zweigniederlassungen sowie die Assenagon Schweiz GmbH, Assenagon Client Service GmbH, München und die Assenagon GmbH, München (zusammen im Folgenden "Assenagon-Gruppe" genannt) deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Genauigkeit nicht garantieren.

Alle Meinungsaussagen geben nur die Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Assenagon-Gruppe entspricht. Empfehlungen und Prog­nosen stellen unver­bindliche Werturteile zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Darstellung dar. Diese können sich abhängig von wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rahmen­bedingungen jederzeit ändern. Der Autor behält sich deshalb ausdrücklich vor, in der Darstellung geäußerte Meinungen jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Jedwede Haftung und Gewähr aus dieser Darstellung wird voll­ständig ausgeschlossen.

Die Informationen in dieser Darstellung wurden lediglich auf die Vereinbarkeit mit luxemburgischem und deutschem Recht geprüft. In einigen Rechtsordnungen ist die Verbreitung derartiger Infor­mationen u. U. gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Die vorstehenden Informationen richten sich daher nicht an natürliche oder juristische Personen, deren Wohn- bzw. Geschäftssitz einer Rechts­ordnung unterliegt, die für die Verbreitung derartiger Informationen Beschränkungen vorsieht. Natürliche oder juristische Personen mit Wohn- oder Geschäftssitz in einer ausländischen Rechtsordnung sollten sich über derartige Einschränkungen informieren und sie entsprechend einhalten. Insbesondere richten sich die in dieser Darstellung enthaltenen Informationen nicht an Staatsbürger des Vereinigten Königreichs (ausgenommen Personen, die unter Ausnahmeregelungen nach der Financial Ser­vices and Markets Act 2000 (Financial Promotions) Order 2005 (die "Verordnung") fallen, wobei zu den relevanten Ausnahmeregelungen der Verordnung Artikel 49 der Verordnung (hochvermögende Unternehmen – High Net Worth Companies) zählt). Die Informa­tionen in diesem Dokument sind weiterhin nicht für Gebietsansässige der Vereinigten Staaten oder andere Personen bestimmt, die als "US-Personen" im Sinne von Rule 902 in Regulation S des U.S. Securities Act von 1933 in der jeweils geltenden Fassung gelten, und dieses Do­kument ist nicht als Angebot oder Verkauf einer Beteiligung an einem von Assenagon verwalteten Fonds an US-Personen zu verstehen. Keine US-amerikanische Wertpapierauf­sichtsbehörde oder sonstige Aufsichtsbehörde auf Bundes- oder bundesstaatlicher Ebene hat die Richtigkeit oder Angemessenheit dieser Präsentation oder sonstiger Informationen, die den Anlegern ausgehändigt oder zur Verfügung gestellt wurden, bestätigt. Jede gegenteilige Äußerung stellt einen Straftatbestand dar.

Diese Darstellung stellt weder ein öffentliches Angebot noch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zum Erwerb von Wertpapieren, Fondsanteilen oder Finanzinstrumenten dar. Eine Invest­mententscheidung bezüglich irgendwelcher Wertpapiere, Fondsanteile oder Finanzinstrumente sollte auf Grundlage einschlägiger Verkaufsdokumente (wie z. B. Prospekt und Wesentlichen Anleger­informationen, welche in deutscher Sprache am Sitz der Assenagon Asset Management S.A. oder unter www.assenagon.com erhältlich sind) erfolgen und auf keinen Fall auf der Grundlage dieser Darstellung.

Die in dieser Darstellung aufgeführten Inhalte können für bestimmte Investoren ungeeignet oder nicht anwendbar sein. Sie dienen daher lediglich der eigenverantwortlichen Informa­tion und können eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Die Assenagon-Gruppe kann andere Publikationen veröffentlicht haben, die den in dieser Darstellung vorgestellten Infor­mationen widersprechen oder zu anderen Schlussfolgerungen gelangen. Diese Publikationen spiegeln dann andere Annahmen, Meinungen und Analysemethoden wider. Dargestellte Wertentwicklungen der Vergangenheit können nicht als Maßstab oder Garantie für eine zukünftige Wertentwicklung herangezogen werden. Eine zukünftige Wertentwicklung wird weder ausdrücklich noch implizit garantiert oder zugesagt.

Der Inhalt dieses Dokuments ist geschützt und darf ohne die vorherige schriftliche Genehmigung der Assenagon-Gruppe weder kopiert, veröffentlicht, übernommen oder für andere Zwecke in wel­cher Form auch immer verwendet werden.

© 2015

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Chronos
    Chronos

    Stellt sich die Frage ob derart langfristige Charts überhaupt eine Aussage haben, oder ob es nicht schnell in VWL-Stammtisch abrutscht.

    Langfristige Charts in der Form sind immer schwer zu erstellen, die Grundaussage 25% stimmt aber.

    Inhaltlich fehlen imho 2 Sachen, eine macht wenig Sinn.

    Ein Währung muss immer verglichen werden, nicht alleine aus der Sicht des Solar Plexus heraus. Man ist immer gleichzeitig Long und short, fragt sich nur mit wem.

    Oder warum vergleicht das Volk die angebliche D-Mark Stärke in der Sicht zum Fr oder gar der italienischen Lira. Am liebsten in 10er Dekaden ab 1950?

    1950

    1960

    1970

    1980

    1990

    2000

    2010

    Klar hat die Lira und der France abgewertet, aber hier werden nur Konsumpreise verglichen und leider auch oft von den Journalisten veröffentlicht.

    Euroskeptiker drehen dann halt das Paar, was habe ich für 100 Fr, oder 1000 Lira DM bekommen.

    Rein auf Devisen gehört da das Brent (oder noch besser ein gewichterter Rohstoffindex der auch Alu und Kupfer, Coffee aber kein Gold enthält) rein, 1) Dollarlastig, zweitens Kurstreiber.

    2) Was den Vergleich ein wenig unsinnig macht, die Karten und die Spielregeln wurden dreimal geändert.

    a) Golddeckung contra Bretton-Woods

    b) Euro ist was neues Petrodollar verliert seine Bedeutung

    c) Yuan/Renminbi (geht erst seit letztem Jahr)

    Kurz, $ Long von mir aus Sichtweise kurz

    Nur noch viel weniger € Long, da fehlt ein Tief, wir sind in der Mitte.

    13:47 Uhr, 03.03. 2015