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10:27 Uhr, 26.01.2017

Düstere Aussichten für die britische Fondsbranche

Großbritannien droht nach Meinung von Aykut Bußian, Leiter Fund Solutions bei Baker Tilly Roelfs, durch den Brexit der Status eines Drittstaates.

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Hamburg (GodmodeTrader.de) Über der britischen Fondsindustrie könnte sich ein schweres Unwetter zusammenbrauen. Denn ein wichtiges Ergebnis des Brexit-Prozesses könnte sein, dass Großbritannien künftig den Status eines so genannten „Drittstaates“ hat. Für die britische Fondsbranche hätte dieses Szenario erhebliche, negative Auswirkungen, wie Aykut Bußian, Leiter Fund Solutions bei Baker Tilly Roelfs, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Britische Finanzinstitute, -dienstleister und Fondsanbieter kämen demnach weder in den Genuss der Dienstleistungsfreiheit durch einen EU-Pass, noch könnten sie von der europaweit freien Niederlassungswahl profitieren. Dies schränke ihre Vertriebsaktivitäten signifikant ein. Betroffen seien dadurch nicht nur britische Fondsanbieter, sondern auch britische Tochtergesellschaften von amerikanischen Fondsunternehmen, die aktuell noch von London aus den europäischen Markt bedienten, heißt es weiter.

„Wollen britische Fondsanbieter dennoch in der EU aktiv werden, müssen sie einen ganz erheblichen Aufwand auf sich nehmen“, meint Bußian. So müsste eine britische Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) beim beabsichtigten Vertrieb von Fonds an deutsche Privatanleger der BaFin weitgehende Informationen zu ihrer Organisation zur Verfügung stellen. „Unterm Strich ist der Aufwand so groß, als würde die KVG einen eigenen Erlaubnisantrag nach dem deutschen Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) stellen. Dies – und die bekanntermaßen langen Prüffristen der BaFin – werden zusammen ein inakzeptables Vertriebshemmnis darstellen“, führt Bußian weiter aus.

Die Einschränkungen würden nicht nur beim Absatz an Privatanleger, sondern auch bei institutionellen Investoren gelten. „Beim Vertrieb von Spezialfonds an deutsche Investoren wirkt sich das Fehlen des EU-Passes für die britische KVG ebenfalls dramatisch aus: In diesen Fällen würde die EU einen Referenzmitgliedstaat bestimmen, dessen Regulierungsniveau die britische KVG erfüllen muss. Zum Vergleich: Handelt es sich um eine KVG aus der EU, genügt die Einholung einer Bescheinigung der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde“, so Bußian.

Neben diesen Hürden in den Bereichen Zulassung und Vertrieb gebe es auch steuerliche Effekte auf die Strukturierung der Fonds: „Dies betrifft vor allem mehrstöckige Holding-Strukturen mit britischen Gesellschaften und Gesellschaften in der EU. Bei solchen Konstellationen ist die Quellensteuerfreiheit bedroht“, erläutert der Experte weiter.

Ausgang und Dauer des Brexit-Prozesses seien derzeit noch völlig offen. Die Herangehensweise der EU sei dabei: Es sei für den Staatenbund nicht erstrebenswert, dem Vereinigten Königreich den Status eines EWR-Mitglieds einzuräumen. Dieser Status, den beispielsweise auch Norwegen innehabe, umfasse die vier Grundfreiheiten freier Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Schlimmstenfalls käme es mit Großbritannien zu einem Präzedenzfall, dem andere EU-Mitglieder folgen würden. Die Alternative dazu sei, dass Großbritannien den Status eines so genannten „Drittstaates“ bekäme. Dies habe für die britische Fondsbranche erhebliche, negative Folgen, heißt es weiter.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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