Kommentar
08:04 Uhr, 03.06.2009

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Es wäre interessant zu erfahren, ob Börsenlegende André Kostolany, wenn er die aktuelle, von ihrem wirklichen Ausmaß her wohl noch immer nicht ganz abschätzbare Finanzmarktkrise noch erlebt hätte, auch heute weiter an seiner „Schlaftabletten-Theorie“ festhalten und langfristig in aussichtsreiche Titel investieren würde. Leider kann man mit ihm darüber nicht mehr plaudern und muss sich stattdessen auf die Aussagen der zahlreichen noch lebenden Börsen-Gurus verlassen, für die eine einfache „Buy-and-hold“-Strategie schon längst nicht mehr zeitgemäß ist. Die früher noch geltende Unterscheidung in kurz-, mittel- und langfristige Anlagen erübrigt sich deshalb in Zeiten einer finanziellen „Kernschmelze“ zusehends und lässt selbst ehemals besonnen agierende Investoren immer häufiger zu wagemutigen „Kurzfrist-Zockern“ werden.

Insofern hätte sich Finanzminister Peer Steinbrück die seit diesem Jahr geltende Abgeltungssteuer auch gleich ganz schenken können, hätte er doch allein dank des ausgeprägten Krisenbewusstseins der Investoren trotz der alten 12-monatigen Spekulationsfrist seinen Staatssäckel noch immer reichlich voll bekommen. Natürlich müsste er dann immer noch die Banken so wie jetzt auch zum Erfüllungsgehilfen bei der Eintreibung der Steuer machen.

Der Zertifikate-Industrie können die Beweggründe für die neue „Kurzsichtigkeit“ der Anleger indes egal sein. Fakt jedenfalls ist: Seit Jahresbeginn müssen auch die übrigen Asset-Klassen bei Neuengagements in den sauren Apfel der uneingeschränkten Steuerpflicht beißen. Dieser „Nachteil“ stellt aber gerade den Vorteil für die schon seit 15. März 2007 um den Bestandsschutz gebrachte Branche dar. So können Zertifikate jetzt wieder ihre ganze Flexibilität in die Waagschale werfen und dazu gehört unter anderem auch das Spiel mit der Laufzeit. Insoweit kann die Aufhebung der 12-Monatsregelung auch als eine Art Befreiung interpretiert werden, die eine Auflage von sogenannten „Kurzläufern“ geradezu herausfordert. Diese Entwicklung konnte das Analyse-Haus Scope speziell im volatilitätssensitiven Discount-Segment bereits in den ersten Wochen dieses Jahres beobachten. Aber auch bei den Bonus-Papieren sollen bis Mitte Februar schon über 4.000 Produkte mit einer unterjährigen Laufzeit emittiert worden sein, davon etwas mehr als 1.100 sogar mit einer Fälligkeit in nicht einmal sechs Monaten.

Dies ist, Steuerargument hin oder her, aber auch kaum verwunderlich. Wer möchte sich in dem aktuell immer noch sehr unsicheren Marktumfeld auch schon länger als irgendwie nötig binden. Allerdings sind bei dem derzeit noch weit über dem Durchschnitt liegenden Volatilitätsniveau bestimmte Zertifikate-Typen interessanter als andere. So gehören insbesondere solche Papiere zu den Gewinnern, die sogenannte "Schreibekomponenten" enthalten, wie z.B. Discounter oder Aktienanleihen. Da hier konstruktionsbedingt Optionen verkauft werden und diese gerade bei hohen Schwankungen relativ teuer sind, kann der Anleger über sein Zertifikat höhere Prämien vereinnahmen, die dort wiederum für eine noch attraktivere Ausstattung sorgen. Das ist aber nicht der einzige positive Faktor. Denn bei kurzlaufenden Produkten können Investoren zusätzlich vom überproportionalen Zeitwertabbau der verkauften Option gegen Ende der Laufzeit profitieren, da das Zertifikat dann entsprechend an Wert gewinnt. Ein Prinzip, das sich im übrigen Rolling-Discounter in besonderer Weise zunutze machen.

Für Strukturen, über die ausschließlich Optionen erworben werden, wie z.B. klassische Bonus-Zertifikate, bildet die Kombination aus kurzer Laufzeit und hoher „Vola“ ein nicht mehr ganz so ideales Fundament, muss die Finanzierung hier doch vor allem über die einbehaltenen Dividenden erfolgen, die im laufenden Jahr überdies bei vielen Unternehmen auch nicht mehr ganz so üppig ausfallen. Eine „gewisse“ Laufzeit, die zumindest über den nächsten Dividendentermin reicht, ist deshalb unumgänglich. „Kürzere“ Bonus-Papiere verfügen deshalb meist über einen entsprechenden Cap, der wiederum eine Prämieneinnahme zusichert, wie z.B. bei dem Produkt der Commerzbank auf den Euro STOXX 50 (CM3MQC), das bei seiner nur dreieinhalb Monate dauernden Laufzeit eine Bonus-Rendite von immerhin vier Prozent ermöglicht, wenn der Index in diesem kurzen Zeitraum niemals seine bei 67 Prozent des Ausgangsniveaus festgelegte Barriere unterschreitet. Auch wenn eine Performance-Begrenzung die Gesamt-Struktur verbilligt, sollten Anleger gerade bei attraktiv erscheinenden Produkten mit kurzer Restlaufzeit mögliche Aufgelder im Auge behalten und nicht ausschließlich auf die Rendite schauen. Eine weitere interessante Alternative im kurzfristigen Bonus-Bereich stellen die im vergangenen Jahr erstmals von der Société Générale aufgelegten volatilitätssensitiven Korridor-Bonus-Zertifikate dar.

Ohne Performance-Begrenzung kommen im Kurzläufer-Segment natürlich auch Outperformance-Produkte nicht aus, die eine überproportionale Teilnahme an der Entwicklung des Basiswertes ermöglichen. Einen gangbaren Weg stellen hier beispielsweise „Sprinter“ dar, die die Wertentwicklung in einem vorgegebenen relativ schmalen Kurs-Korridor verdoppeln, oder wie bei der BNP Paribas sogar vervierfachen. Zudem hat die Commerzbank mit einer ganzen Serie neuer „Airbag“-Zertifikate auf DAX und Euro STOXX 50 vor kurzem die Voraussetzung dafür geschaffen, diesen ausgeklügelten Teilschutz-Mechanismus, der selbst hohe Verluste gegenüber einem Direkt-Investment deutlich abfedert, auch auf kurzer Strecke einzusetzen. Die Partizipation am jeweiligen Underlying ist dabei zwar unbegrenzt, wurde in Abhängigkeit von der Laufzeit allerdings nur zwischen 50 und 90 Prozent fixiert.

Bei aller Euphorie über die neu gewonnene Freiheit am Anlagemarkt, sollte sich der Anleger aber immer darüber im Klaren sein, dass eine Bindungsdauer von nur wenigen Monaten die Transaktionshäufigkeit deutlich erhöht, da das dann wieder frei werdende Kapital auch im Anschluss wieder renditeträchtig angelegt werden muss. Das führt zwangsläufig auch zu höheren Transaktionskosten, die besonders bei kleineren Anlagesummen ganz schön ins Geld gehen können. Man denke da nur an den alten Börsianer-Spruch: „Hin und her macht Tasche leer“. Günstige Online-Broker und passende Freetrade-Aktionen, über die Sie sich auf unserer Internetseite www.Godmode-Trader.de jederzeit einen aktuellen Überblick verschaffen können, sorgen hier aber durchaus für Abhilfe.

Nicht auszuschließen ist ferner die Möglichkeit, dass sich die Anlagebedingungen in den nächsten Monaten verändern. Die Volatilitäten könnten dann möglicherweise aufgrund einer fortschreitenden Beruhigung an den Märkten weiter zurückgehen und ein nicht mehr ganz so attraktives Chance-Risiko-Profil beim Nachfolge-Produkt zulassen. In einem solchen Fall, hätte man im Nachhinein wohl lieber zu einem etwas länger laufenden Produkt gegriffen, das den ursprünglichen Ausstattungs-Vorteil entsprechend konserviert.

Dieses Argument könnte man genau genommen aber auch umdrehen. So spricht wiederum für den Kurzfrist-Aspekt, dass sich der Anleger sehr viel schneller ein aktuell ausgestattetes und dadurch möglicherweise wieder konkurrenzfähigeres Produkt ins Depot holen kann.

Grundsätzlich sollten sich Investoren speziell bei Kurzläufern auch von der in vielen Werbe-Flyern abgedruckten Per-annum (p.a.)-Schreibweise nicht blenden lassen, die effektive Gewinnraten von ein oder zwei Prozent optisch viel höher erscheinen lässt. Letztendlich ist dies aber eine Sache der individuellen Sichtweise.

WKN Name Emittent Fälligkeit Briefkurs
CB799W GSCI Crude Oil Easy Express COBA 25.08.2009 100 € (in Zeich.)
HV5AR5 15% p.a. COBA Aktienanl. Protect HVB 03.11.2009 101 % (in Zeich.)
CB89UQ 15% p.a. DB Aktienanleihe Protect COBA 04.12.2009 101 % (in Zeich.)
SL1SAL 5% p.a. ES50 Indexanleihe Protect OPP 04.09.2009 100 % (in Zeich.)
DZ6NKM Dte. Telekom 7 Discount-Zertifikat DZ 16.10.2009 6,79 €
UB7HD4 E.ON 20 Discount-Zertifikat UBS 25.09.2009 19,32 €
CM7QML ES50 104% Bonus Capped Zertifikat COBA 05.11.2009 100 % (in Zeich.)
CZ23FY 70% ES50 Airbag-Zertifikat COBA 28.12.2009 103,97 €

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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