Fundamentale Nachricht
10:56 Uhr, 09.07.2018

Dr. Oliver Stolte: Warum diese Korrektur anders verlaufen wird

Die Aktienkurse konnten sich sukzessive bis in den späten Mai hinein erholen. Allerdings erreichten die Indices nicht mehr ihre Höchststände des Januars, bevor sie in eine neuerliche Korrektur abkippten. Der Markt ist geprägt von zunehmender fundamentaler Orientierungslosigkeit.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)
  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

von Dr. Oliver Stolte, Portfolio-Manager der Alpine Trust Management AG.

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Dr. Oliver Stolte ist Sprecher des Vorstandes, Bankkaufmann und hat mehr als 20 Jahre nachweis­baren Erfolg im Portfolio-Management.


Die Aktienkurse konnten sich sukzessive bis in den späten Mai hinein erholen. Allerdings erreichten die Indices nicht mehr ihre Höchststände des Januars, bevor sie in eine neuerliche Korrektur abkippten. Exemplarisch am DAX (12.509,58) beschreibend, notierte der Index im Januar in der Spitze noch bei 13.577 Punkten – in der kürzlichen Erholung wurden nur noch 13.204 Punkte erreicht.

Der Markt ist geprägt von zunehmender fundamentaler Orientierungslosigkeit. In den letzten Jahren dominierten die Markteingriffe der Zentralbanken sowie die politischen Entwicklungen die Kapitalmärkte. Bisher hatten politische Börsen immer kurze Beine, d.h. politische Entwicklungen haben bisher nie zu einer längerfristigen Beeinflussung der Börsen geführt. Ebendies wird auch zur Zeit immer deutlicher. Selbst ein Eklat beim G7-Gipfel in Canada, ein erstes Treffen des amerikanischen und nordkoreanischen Präsidenten oder die verbale Schlacht um Einfuhrzölle prägen die Kapitalmärkte immer weniger – vielmehr werden die Neuigkeiten zwischenzeitlich beinah ignoriert. Der zweite verbliebene starke Einflussfaktor auf die Börsen sind die Aktionen der Zentralbanken. Sie haben die früher beachteten Unternehmensergebnisse– und -ausblicke sowie die Wirtschaftspolitik der einzelnen Staaten aufgrund ihres vielfach größeren Volumens und der Sicherheit ihrer Umsetzung seit rund einer Dekade an Relevanz überholt. Allerdings werden die Marktteilnehmer auch zunehmend müde, da ein steter US-Zinserhöhungskurs zwischenzeitlich bekannt ist und von den Märkten auch gut verkraftet wurde. Genauso bekannt ist, dass auch die EZB demnächst ihr QE auslaufen lassen wird – was die Märkte auch bisher gut verkraftet haben. Letztlich ist auch klar, dass hiernach eine erste Zinserhöhung – noch zur Amtszeit Draghis bis Oktober 2019 – folgen wird.

Zusammenfassend befinden sich die Marktteilnehmer mangels ernsthafter langfristiger Impulse zunehmend fundamental im Nirvana. Somit bietet sich einmal mehr der Blick auf die Charttechnik an.

Die Phase steigender Kurse war bereits überlang. Ferner waren und sind zunehmend unterschiedliche Kursmuster in den einzelnen Branchen als auch Regionen zu erkennen. Das lineare Overshooting im US-Markt im Januar – und insbesondere das harsche Reversal waren klare Zeichen des erreichten Peaks. Die jüngst schwächeren Erholungen unterhalb der Höchststände sind typische Verlaufsmuster in einem jüngst begonnenen Bärenmarkt. Wir sind daher unverändert mit einem Viertel der jeweiligen Zielaktienquoten im Dax netto short investiert.

Anleihen der ersten Qualität liefen nahezu seitwärts, bis auf einzelne Ansprünge im Rahmen der italienischen Neuwahlen. Die FED hat am 14. Juni ihren Leitzins erneut um 0,25 % auf einen neuen Korridor von 1,75 bis 2,00 % angehoben. Es ist nun mit noch zwei Zinserhöhungen in 2018 und drei Weiteren in 2019 zu rechnen. Wir sind in diesem Segment aufgrund steigender Zinsen weiterhin nicht investiert. Anleihen der zweiten Qualität kommen – gestuft nach ihren Bonitäten – zunehmend leicht unter Druck, was auch dem begonnenen Bärenmarkt an den Aktienmärkten geschuldet ist. Wir sind in diesem Segment ausschließlich in kurzen Laufzeiten bis maximal 2020-21 sowie nahezu ausschließlich im oberen Bonitätsbereich investiert, so dass für unsere Mandate erneut ein positiver Portfolio-Beitrag zu verzeichnen war.

WTI-Rohöl notierte u.a. aufgrund des Irankonflikts sukzessive fester bis auf jüngst 75 US-$/Barrel. Wir sind hier weiterhin nicht investiert, da der Markt bereits leicht über seinem Cap bei rund 65-70 US-$/Barrel notiert. Gold (1.261,78 $/Unze) durchbrach seine Handelsspanne leider nach unten und fiel in seine nächst größere Unterstützung zwischen 1.237 bis 1.250 US-$/Unze zurück. Hiermit sollte die Korrektur im Gold nun enden – zumal sich der Preis zwischenzeitlich nahe der Explorationskosten bewegt. Wir sind maximal in Gold investiert und haben jüngst den Währungshedge gegen EUR aufgelöst. Euro / US-Dollar (1,17747 $) durchbrach Ende April die wichtige Unterstützung bei 1,22 und fiel seitdem sukzessive bis auf 1,15, wonach eine nur kurze Erholung bis 1,18 US-$/€ zu verzeichnen war. Wir haben den Währungshedge gegen Euro nach durchbrechen der 1,22 US-$/€ aufgelöst.


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Ausblick

Seit Sommer 2017 hatten wir den Top-Building Prozess an den Aktienmärkten für 1Q18 erwartet. Im klassischen Konjunkturphasenmodell sehen wir die Kapitalmärkte nun am Beginn einer mehrjährigen Abschwungsphase. Die jüngsten Erholungen an den Aktienmärkten sind deutlich unter den früheren Höchstkursen beendet worden, was ein weiteres aktuelles klares Indiz für folgende schwächere Kurse ist.

Wir erwarten im Sommer eine weitere Korrekturwelle mit einem Dax unter 12.000 Punkten.

In Abhängigkeit des weiteren EUR-USD-Verlaufs dürfte der Dax bei einem weiter erstarkten USD auf rund 11.700-11.800 zurückkommen. Bei einem neuerlich stärkeren EUR wäre das bisherige Fenster von 11.200-11.400 Punkten der Zielbereich. Die US-Märkte dürften – aufgrund eines erwarteten stärkeren USD etwas stärker unter Druck kommen und den S&P500 in Richtung 2.480 Punkte bewegen. Im Anschluss können wir uns sehr gut eine breitere Erholung im 2H18 mit einer klassischen Jahresendrallye und einem Auslaufen in 1Q19 nochmals gut vorstellen, bei der aber bisherige Höchststände nicht mehr überstiegen werden. Anleihen der ersten Qualität werden im Kurs weiter nachgeben, da die FED einen weiterhin straffen Zinserhöhungszyklus avisiert hat und auch in Europa die Stimmen nach einer ersten Zinserhöhung zeitig nach Ende des QE im Dezember 2018 sich mehren. Wir erwarten mindestens eine erste EZB-Zinserhöhung noch während der Amtszeit Draghis. Anleihen der zweiten Qualität werden ebenfalls schwächer tendieren, einerseits gleichlautend wie Anleihen der ersten Qualität bedingt durch steigende Zinsen aber auch anderer seits, wenn im weiteren Verlauf der konjunkturellen Abschwungsphase die Unternehmensgewinne zurückgehen werden.

WTI Öl (73,535 $/Barrel) sehen wir in Zukunft bei nachlassender Weltkonjunktur tendenziell schwächer. Im Laufe der erwarteten Korrekturwelle an den Aktienmärkten sollte Gold nach oben ausbrechen und mindestens in seinen bisherigen Widerstandsbereich bei 1.366-1.382 vorstoßen. Hiernach ist das nächste Kursziel 1.430 US-$/Unze. Betreffend EUR-USD erwarten wir zunächst eine weitere USD-Stärke in Richtung 1,12-1,15 US-$/€ - ohne größere Rücksetzer. Hiernach wird es dann spannend, ob der weitere Weg direkte in Richtung Parität führen wird, oder ob der Euro nochmals Richtung 1,30 US-$/€ erstarken wird.

Von der fundamentalen Seite belasten – zusätzlich zum natürlichen Ende einer Boomphase - weiter rückläufige Einkaufsmanagerindices in Europa, die neuen politischen „Partner“ in Italien und Spanien sowie politische Unwägbarkeiten die Märkte. Der jüngste Rückgang chinesischer Investitionen in den USA um 90 % wird auch die dortige Konjunktur dämpfen. Die jüngst begonnene Abschwungsphase trifft im Vergleich zu sämtlichen bisherigen Korrekturphasen auf ausgedehnte Zentralbankbilanzen und niedrigste Zinssätze. Hierdurch wird Investoren die Hoffnung auf einen funktionierenden, d.h. nachhaltigen Stimulus der Märkte durch die Zentralbanken im Abschwung fehlen. Zudem erschwert die große zeitliche Differenz in den Zentralbankpolitiken FED vs. EZB die notwendige – aber derzeit nicht mögliche –synchrone Stützung der Märkte. Die FED betreibt bereits Tapering sowie Zinserhöhungen – die EZB gegensätzlich noch QE und einen stabilen 0-Zins. Die Angleichung der beiden Zentralbankpolitiken wird anspruchsvoll werden. Es besteht wenig Hoffnung, dass die Zentralbanken einen synchronen Stimulus vollziehen werden. Das niedrige Zinsniveau, die ausgeweiteten Geldmengen und die asynchronen Zentralbankpolitiken werden zu einer deutlich längeren Abschwungphase führen – wir schätzen den Zeitraum bis 2020-2021.

Wir sehen unverändert für die kommenden zwei bis drei Jahre insbesondere drei Anlageklassen für positive Erträge:

1) Aktive Aktien-Long-Short-Strategie, d.h. auch bei negative Entwicklungen der Aktienindices können positive Erträge entstehen
2) Gold
3) Höherverzinsliche Anleihen mit nur noch sehr kurzen Restlaufzeiten und einer entsprechend festen Rendite im Kaufzeitpunkt.


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1 Kommentar

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  • Howi007
    Howi007

    sehr gute Analyse, evtl. "sehe" ich in den USA in denommentare der FED die als "Excuse" den fortwährenden Handelskrieg für eine mehr nun "lockere" Geldpolitik ansehen werden, und evtl. doch nicht mehr in Stein gemeißelt 2 weitere Zinschritte ankündigen, sondern evtl. nur einen zum Jahresende......der dann auch nicht mehr kommen wird, somit wäre das Top der Zinsen in den USA schon erreicht!

    11:59 Uhr, 09.07.2018