Analyse
16:23 Uhr, 24.08.2018

DOW JONES – Amtsenthebung für die Bullen

Charttechnik bedeutet, den Komplexitätsgrad der Börse u.a. durch Musterbildung zu reduzieren und aus ähnlichen Verläufen Aussagen über die künftige Entwicklung zu treffen. Im Dow Jones Index bildet sich ein solches Muster - eine mächtige Trendwendeformation. Für uns deutsche Anleger ist sie zudem ein „alter Bekannter“.

Erwähnte Instrumente

  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 25.657,00 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Dow Jones - WKN: 969420 - ISIN: US2605661048 - Kurs: 25.657,00 $ (NYSE)

Je nach charttechnischer Lesart kann man das Muster als „Broadening Wedge“ (klassische Charttechnik) oder als „Expanding Triangle“ (sich ausweitendes Dreieck, Elliott-Wave-Theorie) klassifizieren. Im Wesentlichen geht es darum, dass nach einer starken Trendphase ein Kursverlauf folgt, beim dem sich Bewegungen in und gegen die ursprüngliche Trendrichtung abwechseln. Die Strecken dieser sich ausweitenden Dreiecksformation werden von Swing zu Swing immer länger, höhere Hochpunkte und tiefere Tiefpunkte wechseln sich ab. Der Markt weitet also seine Handelsspanne in beide Richtungen immer weiter aus.

Das Muster gipfelt in einer fünften, abschließenden Teilbewegung, die in Trendrichtung gerichtet ist und die größte Länge aufweist. Im Anschluß an die Vollendung des „umgekehrten“ Dreiecks erfolgt im Moment der höchsten Euphorie der Marktteilnehmer eine hochdynamische Bewegung in Gegentrendrichtung, die eine neue Trendphase einleitet. Das Dreieck kollabiert in seinem höchsten Punkt.

Idealerweise führt die erste Bewegung dieser neuen Trendphase bis an die untere Begrenzungslinie der Formation und korrigiert damit unter das Tief, das den Ausgangspunkt der letzten Bewegung in Trendrichtung darstellte.

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Expanding Triangle im Modell

Die Formation ist sowohl in der klassischen Charttechnik, als auch in der Elliott-Wave-Theorie bekannt. In letzterer wurden jedoch weitere Bedingungen für das zeitliche wie preisliche Verhältnis der einzelnen Bewegungen zueinander definiert. So lassen sich nicht nur die Endpunkte und die Zielpunkte der Formation besser ermitteln. Auf diese Weise kann ein bärisches Expanding Triangle auch leichter von einem neutralen Kursverlauf o.ä. unterschieden werden, der eine gänzlich andere Entwicklung implizieren würde.

Ein wesentliches Kriterium ist dabei, dass die fünf großen Teilbewegungen der Dreiecksformation in Fibonacci-Verhältnissen zueinander stehen. Das bedeutet z.B. für die drei Bewegungen, die in Trendrichtung verlaufen, dass die Spanne der dritten Teilbewegung in einem bestimmten - und nicht willkürlichen - Verhältnis zur ersten aber auch zur fünften Teilstrecke stehen sollte. Geläufig sind Verhältnisse von 38,2 % und 61,8 % für das Verhältnis der großen Bewegungen zu den kleineren und 138,2 % und 161,8 % für die kürzeren im Verhältnis zu den längeren Teilstrecken.

An dieser Stelle der Hinweis, dass die umfassendste und detaillierteste mir bekannte Aufstellung zum Thema in Glenn Neely´s Buch "Mastering Elliott Wave- Presenting the Neely Method" von 1990 zu finden ist. Ein Buch, das ich jedem trading- oder charttechnisch Interessierten nur wärmstens empfehlen kann. Und zwar völlig unabhängig davon, ob man "Fan" oder "Nicht-Fan" der Elliott-Wave-Theorie ist! Es enthält unendlich viele Methoden, Setups und Beispiele, die man durchaus als "Augenöffner" für die Trend- und Aktienmarktanalyse bezeichnen kann und die einen im Trading einen großen Sprung weiter bringen.

Hier ein Beispiel, das den Zusammenhang der preislichen Länge zwischen den Teilbewegungen verdeutlicht:

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Beispiel für ein Expanding Triangle

Expanding Triangle - für den DAX nichts Neues

Beim DAX beendete ein sich ausweitendes Dreieck den Aufwärtstrend, der zum neuen Allzeithoch bei 13.596 Punkten geführt hatte. Anschließend brach der Index sogar weit unter die untere Begrenzungslinie der Formation ein, die ab Februar einen markanten diagonalen Widerstand darstellte, der erst im April wieder überwunden werden konnte.

Das obige "Modell" ist auch genau diesem Verlauf entnommen - mit allen Folgen, die in der damaligen Analyse angesprochen wurden.

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Expanding Triangle – für den Dow Jones das Ende einer Rally?

Aktuell steckt auch der Dow Jones in einer Bewegung, die die deutlichen Züge eines Expanding Triangle aufweist.

Sowohl die Längenverhältnisse haben passende Ausdehnungen, als auch die zeitliche Dauer der einzelnen Teilstrecken ist harmonisch. Selbst die kurze Übertreibung, die in der vergangenen Woche zum Anstieg über die obere Begrenzungslinie führte, weist Parallelen zur damaligen Entwicklung beim DAX auf.

Zur Krönung erreichte die Rally des Dow bei 25.868 Punkten eine 1:1-Ausdehnung der ersten großen Aufwärtsstrecke von Mai (23.531 Punkte) bis Mitte Juni (25.402 Punkte), abgetragen an das darauffolgende Tief Ende Juni bei 23.997 Punkten. Somit könnte auf diesem Niveau auch unter "klassischen" Analysemethoden eine große Bewegung geendet haben.

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Dow Jones Index Expanding Triangle

Die Folgen eines "Expanding Triangle" für den Dow Jones Index

Zunächst muss festgehalten werden, dass die Formation bisher eine Arbeitshypothese ist - wenn auch eine plausible. Denn das "gemeine" an diesem Muster ist die Tatsache, dass erst der starke Einbruch nach Vollendung der Formation im Umkehrschluss den Beweis liefert, dass die Formation aufgetreten ist. Dennoch sollte man die Warnung ernst nehmen, die der aktuelle Kursverlauf beim Dow Jones ausspricht.

Die Gefahr eines direkten Kursrückgangs im Sinne der Trendwendeformation wäre für die kommenden Stunden erst bei Kursen deutlich über 25.800 Punkten abgewendet. Doch auch dann könnte der Index nach einem weiteren Anstieg an die obere Begrenzung der Formation - auf Höhe des Monatshochs von 25.888 Punkten - den Rückwärtsgang einlegen. Letztlich dürfte man die Möglichkeit einer steilen Abwärtsbewegung und Trendwende erst bei Kursen von über 26.000 Punkten ad acta legen.

Erstes deutliches Zeichen für den Beginn einer scharfen Korrektur wäre dagegen der Bruch der Unterstützungen bei 25.587 und 25.539 Punkten. Darunter könnte der Wert zügig bis 25.402 und 25.323 Punkte fallen. Auf diesem Niveau verläuft die zentrale kurzfristige Aufwärtstrendlinie. Wird diese unterschritten, ergäbe sich ohnehin ein stärkeres Verkaufssignal mit einem ersten Ziel bei 24.974 Punkten.

Die untere Begrenzung der Dreiecksformation verläuft dagegen aktuell bei rund 24.800 Punkten. Hier wäre mit einer deutlichen, mehrere hundert Punkte reichenden Erholung zu rechnen.

Nimmt sich der Dow Jones dagegen den DAX zum Vorbild und unterschreitet die untere Begrenzungslinie und fällt anschließend ebenfalls um die zweifache Handelsspanne der letzten und längsten Teilbewegung der Formation nach unten, würde dies für einen Abverkauf bis 24.000 Punkte sorgen.

Aber dass sich der Dow Jones am DAX orientiert ist in Zeiten von "America first" wohl eher unwahrscheinlich, oder?

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  • Burnboy
    Burnboy

    Top! Einzige Modifikation m. E.: Das ad acta Szenario wird nicht bei 26.000 eintreten, sondern erst über der 26.080/100 (Fehlausbruch)

    18:51 Uhr, 24.08.2018

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Über den Experten

Thomas May
Thomas May
Experte für Fibonacci-Analyse

Thomas May entdeckte Ende der 1990er Jahre die Leidenschaft für die Börse. Zu Beginn fundamental orientiert, war er bald von der Charttechnischen Analyse begeistert und befasste sich intensiv mit klassischer Charttechnik, Elliott Wellen, Fibonacci- und Zyklenanalyse. Seit 2010 im Team der stock3 AG war er von 2012 bis 2016 Chefredakteur von GodmodeTrader.de, ist Autor der DVDs „Charttechnik für Einsteiger“ und „Fibonacci-Trading“, Mitherausgeber des ersten Teils von „Das große GodmodeTrader-Handbuch“ sowie einer der Autoren im zweiten Teil der Buchserie. Auf stock3 liegt sein Schwerpunkt auf charttechnischen Edelmetall-, Aktien- und Indexanalysen. Auf dem stock3 Terminal betreut der leidenschaftliche Swing-Trader seinen eigenen Desktop für Chartanalysen und Trading-Setups.

Mehr über Thomas May
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