Kommentar
08:55 Uhr, 16.11.2016

Donald Trump und die Steuern

Der Markt hat sich ganz offensichtlich mit Trump angefreundet. Plötzlich gilt er sogar als Hoffnung für mehr Wirtschaftswachstum. Das Problem dabei: ein Kernstück seines Wirtschaftsplans wird nicht funktionieren.

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Trump hat viel versprochen – wie jeder Politiker vor einer Wahl. Trump ist zwar kein Politiker, was viele positiv sehen, doch dafür hat er sich schon recht gut in die Praxis der Politik eingelebt: viel versprechen und wenig halten. Im Wahlkampf wurde das „kommunistische“ Monstrum Obamacare (Gesundheitsversicherung für alle) nicht nur angegriffen, sondern verbal vorsorglich abgeschafft.

Es ist üblich, dass Präsidentschaftskandidaten einen Plan für die ersten 100 Tage vorstellen. Trump kündigte an, Obamacare gleich am ersten Tag im Amt abzuschaffen. Heute klingt das schon ganz anders. Er will Teile des Systems behalten. Mit anderen Worten: Obamacare wird nicht abgeschafft wie versprochen, sondern reformiert. Soso.

Ein anderes Versprechen: die Steuern sollen sinken. Das klingt zunächst einmal positiv. Steuern sind für jeden eine unwillkommene Realität. Blickt man nun aber auf die Einkommensverteilung und welche Einkommensgruppe wie viel Steuern zahlt, dann wird sofort klar, worum es geht. Die Reichen sollen entlastet werden.

Die Grafik zeigt die Einkommensverteilung und die Steueranteile in Deutschland und den USA. In Deutschland verdienen die unteren 50 % der Gesellschaft lediglich 16 % des Gesamteinkommens. Sie tragen dafür weniger der Steuerlast. Es sind ca. 5 %. Das oberste Zehntel der Gesellschaft erwirtschaftet 37 % des Einkommens, stemmt jedoch 55 % der Einkommenssteuern.

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In den USA ist die Verteilung noch dramatischer. Die untersten 50 % erwirtschaften lediglich 12 % und zahlen 3 % der Steuern. Das oberste Zehntel verdient 46 % und zahlt 70 % der Steuern. Wenn nun also im Wahlkampf hohe Steuerentlastungen versprochen werden, dann geht das nur im oberen Einkommensbereich.

Die erste Hälfte der Gesellschaft verdient so wenig und zahlt so wenig Steuern, dass selbst die Abschaffung der Steuern praktisch keinen Unterschied macht. Trump schlägt unter anderem vor, die Steuern so zu reformieren, dass die untersten 50 % keine Steuern mehr zahlen. Das ist absolut richtig so! Praktisch bedeutet das für die Wirtschaft jedoch lediglich eine Steuerentlastung von ein paar Milliarden.

Die absolute Summe der Entlastung ist gering. Deswegen sollte sie natürlich trotzdem durchgeführt werden. Auch die kleinste Entlastung ist für die untersten Einkommensschichten wichtig. Das ist also nicht das Problem der geplanten Steuerreform. Vielmehr sollen auch die obersten Zehntel entlastet werden. Wie das finanziert werden soll, ist vollkommen unklar.

Für die obersten Prozente der Einkommensverteilung sollen die Steuern um 10 bis 15 Prozentpunkte sinken. Das bringt eine Entlastung von geschätzten 350 Milliarden. Das ist eine stattliche Summe. Man fragt sich natürlich, wieso ein Haushalt mit einem Einkommen von mehr als 250.000 Dollar eine Entlastung braucht, aber gut...

Die Entlastung freut jeden, der viel Geld hat. Der Staat kann das kaum gegenfinanzieren. Er verliert auf einen Schlag 10 % seiner Einnahmen. Durch die Senkung der Unternehmenssteuer von 35 % auf 15 % entgehen dem Staat noch einmal bis zu 250 Mrd. Der Staat verliert also knapp 20 % seiner Einnahmen. Wie sich da ein Billionen Infrastrukturprogramm finanzieren lassen soll, ist unklar.

Der Steuerplan Trumps behauptet für den Staat Einkommensneutral zu sein. Das geht nur, wenn plötzlich alle unglaublich viel mehr verdienen und dadurch wieder mehr Steuern eingenommen werden. Das ist unrealistisch. Rein praktisch bedeutet der Plan, dass das strukturelle Haushaltsdefizit der US-Regierung von 400 Mrd. auf ca. 800 Mrd. pro Jahr steigen wird.

Das Dilemma erscheint dabei klar zu sein. Einerseits erscheint es unfair, dass die oberen Einkommenssichten überproportional hohe und viele Steuern zahlen, andererseits gibt es keine andere Wahl. Der Staat kann nur bei den oberen Einkommensgruppen wirklich Einnahmen generieren. Davon kann man halten, was man will, doch soll der Staat nicht bankrottgehen, gibt es keine Alternative.

Die Entlastung der obersten 10 % hat in der Menschheitsgeschichte wohl noch nie zu einem Wirtschaftsboom geführt. Ronald Reagan wird genau das zugeschrieben, aber der Boom unter seiner Präsidentschaft hatte wohl eher etwas damit zu tun, dass Rohstoffe billig waren und die Zinsen von 19 % auf 7 % sanken.

Trumps Pläne sind bei vielen Wählern gut angekommen. Sie klingen auf den ersten Blick auch gut. Praktisch bedeuten sie eine überproportionale Entlastung der obersten Prozente der Gesellschaft. Das Wirtschaftswachstum kann natürlich trotzdem anziehen, wenn der Staat nur ausreichend Schulden macht. Genau das ist vorgesehen. Nachhaltig ist das nicht. Es ist im Prinzip nichts anderes als ein Crack-up Boom, der da angezettelt wird.

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4 Kommentare

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  • moneymaker22
    moneymaker22

    durch die Senkung der Unternehmenssteuern erwartet er sicher das im Ausland gebunkertes Geld zurück fließt und 15% gezahlte Steuern sind natürlich besser als 35% nicht gezahlte, also in der der Theorie zumindest :-) ob das alles so funktioniert sei mal dahin gestellt, und generell sollten wohl die Erwartungen nicht allzu hoch sein das sich viel ändert

    14:48 Uhr, 16.11.2016
  • einfach
    einfach

    die usa haben derzeit 18 bil $ schulden was in etwa 100% des bip ist.

    japan hat eine verschuldung von ca. 250% und eine zinskontrolle durch die boj bei ungefähr 0%

    wenn jetzt die usa eine ähnliche zinskontrolle durch QE programme einführt dann haben sie für die nächsten 8 jahre ca. 27 bil $ um die infrastruktur zu modernisieren.

    wenn unter obama 8 bis 10 bil % schulden gemacht wurden, wo ist dann das problem unter trump nicht das doppelte oder mehr an schulden zu produzieren.

    10:48 Uhr, 16.11.2016
  • Whatever
    Whatever

    Ein grosses Lob. Wie immer ausgezeichnet recherchiert. Weiter so!!!

    Es wäre jetzt natürlich interessant zu wissen, wie lange so ein Crack-up Boom zeitlich gehen könnte.

    Vielleicht hat es da irgendwelche Erfahrungswerte.

    10:41 Uhr, 16.11.2016

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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