Dieser Kursrutsch sollte wirklich Sorgen bereiten
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Erwähnte Instrumente
- AMUNDI EURO GOVERNMENT BOND 25+Y - UCITS ETF AccKursstand: 87,181 € (L&S) - Zum Zeitpunkt der VeröffentlichungVerkaufenKaufen
- AMUNDI EURO GOVERNMENT BOND 25+Y - UCITS ETF Acc - WKN: LYX0ZA - ISIN: LU1686832194 - Kurs: 87,181 € (L&S)
Der Markt, von dem die Rede ist, ist der Markt der Euro-Staatsanleihen. Der Inflationsdruck und die erwartete Straffung der Geldpolitik durch die EZB hat die Renditen bei Staatsanleihen seit dem letzten Jahr kräftig steigen lassen. Steigende Renditen bei Staatsanleihen sind gleichbedeutend mit fallenden Kursen bei Staatsanleihen (wer diesen Zusammenhang nicht versteht, kann sich diesen Erklärartikel der Finanzagentur des Bundes durchlesen).
Die inverse Relation zwischen Renditen und Kursen bei Staatsanleihen sieht man gut anhand des folgenden Charts, der Euro-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als 25 Jahren enthält. Die steigenden Renditen sind gleichbedeutend mit fallenden Kursen der Anleihen (und des ETFs, der diese Anleihen enthält).
Besonders bei den hoch verschuldeten Staaten im Süden der Eurozone sind die Anleiherenditen inzwischen so stark gestiegen, dass die Angst vor einer neuen Euro-Krise die Runde macht. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen hat sich von gut 0,5 Prozent im August 2021 auf inzwischen vier Prozent erhöht.
Kräftig steigende Anleiherenditen gibt es auch bei anderen ehemaligen Euro-Sorgenkindern, insbesondere bei Spanien, Portugal, Griechenland. Höhere Zinsen macht es für die Länder teurer, sich neues Geld zu leihen und könnte ab einem gewissen Niveau die Schuldentragfähigkeit gefährden. So, wie dies auch während der Euro-Krise der Fall war.
Sorgen bereitet vor allem, dass die Zinsen der ehemaligen Euro-Krisenländer stärker steigen als die der deutschen Bundesanleihen. Die Spreads etwa zwischen italienischen Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen haben sich inzwischen stark ausgeweitet. Die Ängste vor einer Rückkehr der Euro-Krise nehmen deshalb zu. Der folgende Chart zeigt die Renditedifferenz ("Spread") zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren und wurde mit dem Formel-Editor auf Guidants erstellt.
Steigen die Marktzinsen zu stark an, könnte es irgendwann passieren, dass die Euro-Staaten ihre Schulden nicht mehr bedienen können und zahlungsunfähig werden. Genau diese Angst könnte eine neue Euro-Krise heraufbeschwören. (Zahlungsunfähigkeit ist immer auch eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Gilt ein Staat als zahlungsunfähig, bekommt er kein frisches Geld mehr geliehen und kann deshalb tatsächlich seine alten Schulden nicht mehr bedienen.)
Viele Investoren erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) letztlich eingreifen muss, um ein völliges Auseinanderlaufen der Renditen und eine neue Euro-Krise zu verhindern. Die EZB hat aber bisher kein glaubwürdiges Instrument entwickelt, mit dem sie dies letztlich erreichen könnte. Ihre Staatsanleihenkäufe, die bisher mit zu niedrigen Zinsen beigetragen haben, stellt die EZB ja gerade jetzt angesichts der hohen Inflation ein.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat auf der Pressekonferenz zum EZB-Zinsentscheid in der vergangenen Woche betont, dass die EZB eingreifen würde, wenn durch die Auseinanderentwicklung der Renditen der "Transmissionsmechanismus" der Geldpolitik in der Eurozone gefährdet wäre. Der Rückgriff auf den "Transmissionsmechanismus" ist in der Argumentation von EZB-Präsidentin Christine Lagarde deshalb notwendig, weil das Mandat der EZB eigentlich die Preisstabilität ist und es nicht zu den Aufgaben der EZB gehört, eine Staatspleite der Euro-Länder zu verhindern.
Würden die Marktzinsen im Süden Europa so stark ansteigen, dass es letztlich völlig egal wäre, welches Zinsniveau die EZB vorgibt, würde die EZB also handeln. Dabei muss man allerdings beachten, dass die EZB das Zinsniveau nur am kurzen Laufzeitenende vorgibt. Das Zinsniveau lang laufender Anleihen hängt vor allem von den Inflations- und Wachstumserwartungen des Kapitalmarktes ab. Die stark steigenden Anleiherenditen sind vor allem eine Folge der höheren Inflation und damit letztlich auch völlig normal.
Fraglich ist, wie stark die Anleiherenditen im Süden Europas steigen müssen, damit die EZB tatsächlich eingreift und wie ein solches Eingreifen dann aussehen könnte. Um den Zinsanstieg wirksam zu bremsen, müsste die EZB wohl wieder Staatsanleihen aufkaufen. In Zeiten der erhöhten Inflation könnte eine solche Entscheidung aber möglicherweise schwer zu kommunizieren sein, auch dann, wenn sie ihre Anleihenkäufe "sterilisiert" (was bedeutet, dass sie die durch die Anleihenkäufe bereitgestellte Liquidität an anderer Stelle wieder entzieht).
Langfristig wäre ein Eingreifen der EZB auch deshalb gefährlich, weil die Euro-Staaten immer abhängiger würden von Geldspritzen der Zentralbank, die monetäre Staatsfinanzierung der EZB aber eigentlich aus gutem Grund verboten ist. Das unkontrollierte Gelddrucken der EZB, mit dem alle Krisen der vergangenen Jahre bekämpft wurden, gehört auch zu den Auslösern der aktuellen Inflationskrise. Würden die Euro-Länder noch abhängiger von der Notenpresse der EZB, als sie es ohnehin schon sind, wäre dies brandgefährlich für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
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