Kommentar
10:00 Uhr, 12.08.2017

Dieser Inflationstrend wird den Notenbanken nicht gefallen

Notenbanken freuen sich, dass der Kampf gegen die niedrige Inflation gewonnen ist. Nicht so schnell!

Das Schlimmste ist vorbei. Da sind sich eigentlich alle einig. Ob das wirklich stimmt, kann man noch nicht definitiv sagen. Der positive Trend (höhere Inflation) ist vorerst nämlich wieder gebrochen. Das gilt nicht nur in einigen wenigen Ländern, sondern auch in der breiten Masse. Grafik 1 zeigt die Inflationsraten der G-7, EU-Staaten, der Eurozone und der OECD Länder.

Alle Inflationsraten weisen den gleichen Trend auf. Nach dem Einbruch 2008/09 gab es einen kurzen Rebound. Danach ging es bergab. Vor allem der Verfall der Rohstoffpreise drückte die meisten Inflationsraten 2015 wieder ins Minus. Seither geht es bergauf. Das wurde schon einmal gefeiert. Nun zeigt sich jedoch seit einigen Monaten wieder eine leichte Abwärtstendenz.

Die zuletzt wieder sinkenden Inflationsraten haben vor allem einen Grund: die Ölpreise sind wieder gesunken. Man darf das also nicht überbewerten – wäre da nicht auch die Kerninflation, die Energiepreise ausklammert. Grafik 2 zeigt die Kerninflationsraten für die gleichen Ländergruppen.

In Europa tut sich praktisch nichts. Das ist immerhin keine Katastrophe. Der Preisauftrieb könnte auch wieder schwächer werden. Das geschieht derzeit nicht. Das kann man von den G-7 Staaten nicht sagen. Hier sind vor allem die USA ausschlaggebend für das Ergebnis. Es zeigt sich ein vorsichtiger Trend, der nach unten zeigt.

Die Kerninflation ist die Benchmark, an der sich die meisten Notenbanken orientieren, um die volatilen Rohstoffpreise auszuklammern. Es ist noch gar nicht lange her, da war die größte Sorge eine galoppierende Inflation. Die 70er und frühen 80er Jahre stimmten Notenbanken weltweit auf die Bekämpfung von Inflation ein.

Diese Zeiten sind lange vorüber. Das wurde ab Ende der 90er Jahre gefeiert. Der Trend bekam auch einen Namen: Great Moderation (große Mäßigung). Die Inflation wurde endlich gebannt. Die Welt konnte sich über stabile Verhältnisse freuen.

Jetzt, fast 20 Jahre später, ist keinem mehr nach Feiern zumute. Die Great Moderation war vielleicht etwas zu viel Mäßigung. Jetzt hat man Probleme, die Inflation wieder in Gang zu bringen. Und just in dem Moment, da die meisten Notenbanken darüber nachdenken, die ultralockere Geldpolitik zu beenden, beginnt die Inflation wieder zu fallen.

Im Gegensatz zur US-Notenbank ist die EZB vorsichtiger. Das hat ihr viel Kritik eingebracht. Ganz falsch ist die Vorsicht nicht gewesen, wie sich nun herausstellt. Das ändert allerdings nichts daran, dass Zinsanhebungen gut wären.

Mit ultraniedrigen Zinsen und einer nie dagewesenen Geldschwemme wurden die Wirtschaften über Wasser gehalten. Die Bereinigung der Wirtschaft, die es normalerweise durch eine Rezession wie 2008/09 geben sollte, fand nicht statt. Im Aufschwung wird investiert und es werden Kapazitäten aufgebaut. Im Abschwung verschwinden Kapazitäten durch Insolvenzen, Werksschließungen usw.

Dieser Prozess wurde soweit es ging untergraben. Es gab kaum eine Bereinigung. Nun haben wir immer noch viel zu hohe Kapazitäten. Da kann die Inflation auch einfach nicht steigen. Dagegen helfen nur höhere Zinsen, um das eine oder andere Unternehmen in die Insolvenz zu zwingen. Genau davor haben alle Angst. Die Konsequenz: die Inflation wird noch lange Zeit unterdurchschnittlich bleiben.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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