Kommentar
08:37 Uhr, 02.03.2019

Diese Mauer kann gefährlich werden

Trump mag Mauern. Er findet sie bisweilen sogar schön. Ganz und gar nicht schön ist aber die Mauer, die sich auf dem Finanzmarkt aufbaut.

In den letzten Wochen ist wieder vermehrt von einer ganz bestimmten Mauer zu lesen: der Fälligkeitsmauer von Unternehmensanleihen (Wall of Maturity). Unternehmen haben sich in den letzten Jahren stark verschuldet. Ein Großteil dieser Schulden wird in den kommenden Jahren fällig (Grafik 1).


2021 werden über 1,1 Billionen an Unternehmensanleihen allein in den USA fällig. Knapp 800 Mrd. davon entfallen auf Investment Grade Anleihen, der Rest auf Hochzinsanleihen. Über einen Zeitraum von 4 Jahren müssen über 4 Billionen an Schulden zurückgezahlt bzw. refinanziert werden. Ab 2024 fällt der Refinanzierungsbedarf auf ein Normalmaß zurück.

Die Fälligkeitsmauer gibt es immer. Sie liegt immer zwei bis drei Jahre vor uns. Das war in den vergangenen Jahren nicht anders. Im Normalfall kommt es bei der Refinanzierung zu keinen größeren Problemen. Das hängt allerdings maßgeblich davon ab, ob Anleger bereit sind, Unternehmen Geld zu leihen.

Sind Anleger risikoscheu, wird die Refinanzierung schwierig. Genau davor haben viele Angst. Wenn Unternehmen ihre Schulden nicht refinanzieren können, ist die Hölle los. Eine beispiellose Bankrottwelle würde uns erfassen.

Angst, dass das wirklich geschieht, ist nur begründet, wenn der hohe Refinanzierungsbedarf mit einer Rezession zusammenfällt. Läuft die Konjunktur nicht, müssen Unternehmen viel höhere Zinsen bieten, damit sie Geld erhalten. Der absolute Worst-Case ist allerdings eine Verweigerung der Anleger.

So etwas haben wir Ende 2018 gesehen. 2018 wurden deutlich weniger neue Anleihen ausgegeben als in den 6 Jahren zuvor (Grafik 2). 2018 war damit untypisch. Nach kontinuierlichem Wachstum bracht die Ausgabe von Anleihen ein.

Das schlechte Gesamtjahr ist fast ausschließlich auf einen Monat zurückzuführen (Grafik 3). Im Dezember wurden weniger als 10 Mrd. an Anleihen begeben. Unternehmen konnten wegen des Marktumfeldes den Kapitalmarkt nicht anzapfen.

Die Notenbank sprang indirekt ein, indem sie eine 180° Wende vollzog. Der Stress im System baute sich schnell ab. So kam es im Januar zu einem stattlichen Rebound. Der Markt ist mit einem blauen Auge davongekommen. Es muss nicht immer so glimpflich ablaufen.

Der Refinanzierungsbedarf ist so hoch, dass bereits wenige Monate Unterbrechung zu großen Problemen führen würden. Ein solches Szenario konnte vorerst abgewendet werden. Nun gehen allerdings viele Analysten davon aus, dass sich die Wirtschaft in diesem Jahr stark abkühlen wird und 2020 sogar eine Rezession droht.

Der Rezessionsbeginn fällt dann direkt mit dem hohen Refinanzierungsbedarf zusammen. Das kann also durchaus ungemütlich werden. Um einen Schuldenkollaps zu verhindern, wird die Notenbank vermutlich eingreifen müssen, notfalls, indem sie Unternehmensanleihen kauft.

Clemens Schmale

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1 Kommentar

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  • wizardmw
    wizardmw

    Die Notenbank muss immer eingreifen - der freie Markt ist schon lange im Eimer - daß Sie immer noch an normale Zyklen etc. glauben Herr Schmale ist schon verwunderlich......

    15:32 Uhr, 02.03. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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