Die Zürich-Axiome: Thesen über Geld und Spekulation
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Die Schweiz ist ein sehr kleines Land, hat keinen Zugang zu den Meeren der Welt, praktisch keine Rohstoffe, und selbst Landwirtschaft ist in der Alpenrepublik nur in geringem Maße möglich. Trotzdem gehören die Schweizer zu den reichsten Bürgern der Welt und verfügen mit dem Franken über eine der stärksten Währungen. Warum ist das so? Geht es nach Max Gunther, Autor der [Link "„Zürich-Axiome“" auf books.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar], dann ist die Antwort klar: Die Schweizer gehören zu den klügsten Spekulanten der Welt – und orientieren sich dabei an einem Katalog von Regeln, die als Zürich-Axiome bekannt wurden.
In einer 12-teiligen Serie behandeln wir im Traders Journal die zum Teil recht kontroversen Thesen und üben Kritik, wo es angebracht scheint.
Axiom 1 (Risiko): Hier
Axiom 2 (Gier): Hier
Axiom 3 (Hoffnung): Hier
Axiom 4 (Prognosen):Hier
Axiom 5 (Muster): Hier
Axiom 6 (Mobilität): Hier
Axiom 7(Intuition): Hier
Axiom 8 (Okkultes): Hier
Axiom 9 (Optimismus und Pessimismus): Hier
Axiom 10 (Konsens): Hier
Axiom 11 (Sturheit): Hier
Axiom 12 (Pläne): Hier
Axiom 1: Über Risiko - „Wenn Sie sich keine Sorgen machen, bleiben Sie arm“!
„Sichere“ Anlagen sind besonders in Deutschland der Renner. Ob Sparkassen-Briefe, Bundesanleihen oder Garantie-Zertifikate: Den meisten Anlegern ist das allerwichtigste der Sicherheitsaspekt – Hauptsache der Einsatz geht nicht verloren! Risikoadverses Denken herrscht in der Mehrheit der Bevölkerung vor. Dahinter steckt auch eine psychologische Grundüberzeugung:
Geringes Risiko bedeutet wenig Sorgen und ist ein Teilaspekt der inneren Ruhe.
Aber ist innere Ruhe überhaupt erstrebenswert? Sigmund Freud war nicht dieser Meinung: In einem seiner Werke kam der Meister der Psychologie zu einem bemerkenswerten Schluss: Wer andere Lebensaspekte zugunsten der inneren Ruhe vernachlässigt, hat „sein Leben geopfert. Und wofür?“
Das ist genau nach dem Geschmack vom Max Gunther. Er sieht im Eingehen von Risiken ein Abenteuer, das dem Leben erst Würze gibt. Zu allen großen Freuden im Leben gehört immer auch Sorge. Denken Sie dabei an Kinder, Liebesaffären und andere Dinge, die das Leben erst lebenswert machen.
Sie können natürlich Risiken weitgehend vermeiden! Sie können z.B. gar nicht erst nach einem Partner suchen, dann werden Sie sich nie verlieben und können dann auch keinen Liebeskummer haben. Sie können auf Kinder verzichten und werden dann auch nicht nachts von Ihnen geweckt und müssen sich keine Sorgen um die Kleinen machen. Sie können ein völlig ruhiges Leben führen, so „ruhig wie die Wasseroberfläche eines Tümpels“. Aber Gunther stellt zu Recht die Frage:
„ Wer wünscht sich schon ein solches Leben?“
Er plädiert dafür, das Leben in all seinen Facetten als Abenteuer zu betrachten.
Diese Überlegung lässt sich auch auf den finanziellen Bereich übertragen. Sie können Bundesanleihen kaufen und bekommen dann z.B. 3% p.a. Zinsen sicher (gehen wir von dieser Prämisse aus, die keineswegs korrekt ist, denn natürlich haben auch Bundesanleihen ein Ausfallrisiko!). Es gibt einen ganz klaren Konflikt zwischen der Sicherheit einer Anlage und ihrer Renditeerwartung. Das ganze Geheimnis erfolgreicher Spekulation dreht sich eigentlich darum, dabei das Optimum herauszuholen.
Gunther ist (bzw. war, denn er ist 1998 verstorben) ein Freund der klaren Worte und Aussagen. Was Sie alle natürlich eigentlich im Innersten wissen, spricht er offen aus:
Mit „normalem“ Arbeitseinkommen werden Sie niemals reich. Sie können damit mehr oder weniger gut leben, aber sich niemals aus der „Masse der finanziell Minderbemittelten“ herausheben. Eine etwas harte Formulierung, die vielleicht einer unglücklichen Übersetzung geschuldet ist. Aber er hat natürlich Recht: Wenn Sie kein großes Erbe in Aussicht haben, nicht Spitzensportler oder Schauspieler sind, dann besteht ihre vermutlich einzige Chance zu hohem Wohlstand darin, Risiken einzugehen. Vom „richtigen“ Eingehen dieser Risiken handelt dieses Buch. Aber zuallererst muss natürlich die geistige Basis geschaffen werden. Sie müssen generell bereit dazu sein, Risiken zu tragen. Das heißt natürlich konkret, auch Verluste hinzunehmen und deswegen nicht gleich alles hinzuschmeißen.
Nebenaxiom 1: Setzen Sie immer bedeutende Summen ein - „Wenn eine Summe so klein ist, dass ihr Verlust keinen Unterschied macht, dann wird sie Ihnen wahrscheinlich keine bedeutenden Gewinne einbringen“.Eine der klassischen 08/15-Weisheiten, von denen es in der Finanzwelt ganze Armeen gibt, ist die empfohlene Begrenzung des Einsatzes – und zwar oft auf einen äußerst mickrigen Betrag.
„Riskieren Sie nur soviel, wie Sie verschmerzen können“. Also sagen wir Sie verdienen 40 TSD Euro im Jahr und sparen davon 5 TSD. Dann ist ein solcher Betrag, der Ihnen „nicht weh tut“, vielleicht 500 Euro. Möglicherweise sogar nur 300 oder 100 Euro. Stellen Sie sich vor, Sie sehen eine aussichtsreiche Spekulationsmöglichkeit mit vielleicht 100% Gewinnchance. Sie verdoppeln Ihr Kapital von 500 auf 1000 EUR. Was ändert sich dadurch an Ihrer finanziellen Situation? Kaum etwas! So wenig wie sich geändert hätte, wenn Sie verloren hätten. Gunther stellt korrekt fest: „Große Gewinne mit kleinem Einsatz kann man nur erzielen, wenn die Gewinnwahrscheinlichkeit sehr niedrig ist“. Denken Sie an Lotto oder Roulette!
Sie müssen also, wenn Sie sinnvoll und damit auch mit Aussicht auf höhere Gewinne spekulieren wollen bereit sein, „einen Schaden zu erleiden“. Ich bleibe bei obigem Beispiel. Sie haben 5000 Euro gespart? Dann riskieren Sie mindestens die Hälfte davon! Das führt uns direkt zum zweiten Nebenaxiom.
Nebenaxiom 2: Widerstehen Sie dem Reiz der Diversifikation - „Lege alle Eier in einen Korb – und dann pass gut auf den Korb auf“
Die Sinnhaftigkeit der Streuung des Investitionskapitals auf möglichst viele verschiedene Anlageinstrumente – Diversifikation – gilt als ehernes Gesetz in der Finanzbranche. Dahinter steckt wieder einmal der Sicherheitsgedanke. Wenn Sie 20 verschiedene Investments mit z.B. je 1/20 des Volumens tätigen, werden Sie wohl kaum umfassend Schiffbruch erleiden. Das Konzept hat aber, jedenfalls in seiner gängigen Ausgestaltung, erhebliche Nachteile.
- Man kann pro Investment nur geringe Summen einsetzen, was direkt Nebenaxiom 1 entgegensteht.
- Die Diversifikation führt tendenziell dazu, dass sich Gewinner und Verlierer ausgleichen. Damit erreichen Sie ein relativ hohes Maß an Sicherheit, aber auch eine geringe Renditeerwartung.
- Hohe Diversifikation führt dazu, dass Sie sich parallel um viele Investments kümmern müssen. Aktives Management wird dadurch erschwert und kostet Sie viel Zeit und Arbeit.
Diversifikation ist nicht per se schlecht – aber die Zahl der Positionen sollte überschaubar sein und in einem vernünftigen Verhältnis zum Vermögen stehen. Wenn Sie insgesamt 10 TSD EUR haben dann sollten Sie nicht 10 oder 20 verschiedene Anlageinstrumente besitzen, sondern eher zwei bis vier. Max Gunther sagt dazu: „Kaufen Sie niemals etwas, nur weil Sie es zur Abrundung eines diversifizierten Portfolios zu brauchen glauben“.
FAZIT:- Sie müssen Ihr Geld in nennenswerter Höhe aufs Spiel setzen, wenn Sie Gewinne erzielen wollen.
- Sie dürfen keine Angst davor haben, Verluste zu erleiden. Das ist Teil des Spiels.
- Setzen Sie nicht auf zu viele Pferde gleichzeitig und beobachten Sie die wenigen Pferde dafür genau.
- Das Eingehen von Risiken ist für die allermeisten Menschen die einzige realistische Chance, zu nennenswertem Vermögen zu kommen.
- Der Preis für diese Chance ist, dass Sie sich Sorgen machen werden. Akzeptieren Sie diese Sorgen, und betrachten Sie sie als „Würze des Lebens“. Sie machen das Leben auch spannender.
Daniel Kühn
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