Kommentar
16:19 Uhr, 29.09.2006

Die Zinsfalken in der EZB geraten in Erklärungsnöte

Vor der EZB-Sitzung am übernächsten Donnerstag (5. Oktober), die nach Konsensmeinung der meisten Marktteilnehmer eine Leitzinserhöhung auf 3,25% bringen wird, bemühen sie sich, die inflationsschwächenden Tendenzen zu ignorieren, wie den sinkenden Ölpreis und die starke Signale eines abkühlenden amerikanischen Immobilienmarktes. Da kommt z.B. der ordentliche ifo-Index vom Dienstag gut gelegen. Kurzum, im EZB-Tower scheint man wild entschlossen zumindest die 3,5% im Dezember zu erreichen. Und Bundesbank-Präsident Axel Weber erwartet weiterhin für 2007 und auch 2008 eine „starke Inflationsdynamik“ – warum auch immer, denn wenn man die aus mehreren Gründen zu erwartende Abflachung des Wachstums berücksichtigt, könnte man auch anders argumentieren. Aber letztlich ist eben auch im EZB-Umfeld ebenso wie bei der Fed in den USA sehr viel Verbalakrobatik dabei, um vorauseilenden Gehorsam der Märkte zu erreichen.

In Japan ist seit gestern der neue Premier Shinzo Abe im Amt. Er tritt damit das Erbe seines Förderers und Quasi-Popstars der Politik Koizumi an, der nach- für japanische Verhältnisse sensationellen- 5 ½ Jahren sein Amt abgibt. Abe ist 52 – ebenfalls fast ein Frischling im Land der aufgehenden Sonne – und besetzt auch sein Kabinett überwiegend mit seiner Generation. Außenpolitisch wird Abe wohl neue Akzente setzen. Er möchte Japans internationale Position stärken, was für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt 60 Jahre nach Kriegsende wohl eine fast zwingende Normalisierung darstellt. Einen ähnlichen Prozess durchlebte ja auch Deutschland. So waren z.B. Auslandseinsätze deutscher Truppen waren Anfang der 90er noch undenkbar. Die japanische Verfassung wird unter Abe vermutlich hinsichtlich der Verteidigungspolitik einen neuen Anstrich erhalten. Die reine Verteidigungsdoktrin steht vor dem Ende, Japan wird militärisch zur Großmacht werden. Für die asiatischen Nachbarn, allen voran China und Nordkorea ein Graus aber wahrscheinlich unvermeidbar, zumal auch die Quasi-Schutzmacht USA in diese Richtung drängen, um sich selbst zu entlasten und den aufstrebenden Chinesen Widerstand zu bieten. Wirtschaftspolitisch erwartet man von Abe eine Fortführung des erfolgreichen Koizumi-Weges. Innerhalb von 5 Jahren soll der Staatshaushalt mehr oder weniger ausgeglichen sein. Japan ist eine erstaunliche, fast tot geglaubte Turnaround-Story. Verkrustete Strukturen wurden aufgebrochen, das Bankensystem weitgehend saniert und die alten japanischen Tugenden die das Land so stark machten beibehalten. Japan wird unter den großen Industrienationen vom Aufstieg Ostasiens zur wichtigsten Wirtschaftsregion der Welt mehr profitieren als die USA und Europa. Wie sagte Helmut Schmidt vor einigen Tagen im Interview auf die Frage, was man von China und den anderen asiatischen Staaten lernen kann? Es steht nirgends festgeschrieben, dass ein Land das am Boden liegt auch dort bleiben muss. Wie wahr !

Und der Yen? Ich würde fundamental nicht mehr gegen Japans Währung wetten. Und im EUR/Yen-Chart deutet sich schon ganz sanft eine Topbildung an.

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Editorial aus dem kostenlosen Godmode FOREX Report Börsenbrief

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Autor: Daniel Kühn

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