Kommentar
11:15 Uhr, 18.02.2016

Die Zeichen stehen auf weitere Lockerung der Geldpolitik

Eigentlich hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht viel Neues gesagt. Mario Draghi hatte am Montag lediglich wiederholt, dass der EZB-Rat seinen geldpolitischen Kurs auf seiner nächsten Sitzung Anfang März überprüfen und gegebenenfalls überdenken werde. Sollten die niedrige Inflation oder die jüngsten Turbulenzen an den Märkten zu Abwärtsrisiken für die Preisstabilität führen, werde der EZB-Rat „ohne zu zögern“ tätig werden. Mit dieser Äußerung hatte der EZB-Präsident schon nach der Zinssitzung Mitte Januar Spekulationen auf eine weitere geldpolitische Lockerung ausgelöst.

Klaus Stopp: „Draghi bereitet die Märkte auf neue Aktivitäten der EZB vor.“

Die Wiederholung dieser Formulierung lässt nun manche Beobachter vermuten, dass die EZB tatsächlich zusätzliche Maßnahmen zur Lockerung der Geldpolitik ergreifen wird. Immerhin erinnert diese Rhetorik an sein berühmtes „Whatever it takes“ – koste es, was es wolle, die EZB wird gegenhalten. Daher kann man Draghis Äußerungen auch in der Art interpretieren, dass er die Märkte auf neue Aktivitäten der EZB vorbereitet. Draghi betonte, dass sich die Marktstimmung seit Anfang Dezember 2015 allgemein verschlechtert hätte. Für das Gesamtjahr 2016 hatte die EZB noch im Dezember eine Inflationsrate von 1,0 % angenommen. Ob diese Erwartung aber erfüllt wird, darf inzwischen bezweifelt werden. Wird die Prognose im März kassiert, dürfte dies Befürwortern einer noch lockereren Geldpolitik weitere Argumente liefern.

Dass die EZB weit von ihrem Inflationsziel entfernt liege, gesteht auch Draghi ein. Doch die Notenbank besitze „eine Vielzahl von Instrumenten“, argumentiert er: „Wir geben nicht auf." So sei insbesondere das Anleihen-Kaufprogramm hinreichend flexibel, um es - wenn erforderlich - anzupassen. Mit ihrem inzwischen auf 1,5 Bill. € angelegten Programm will die EZB erreichen, dass Geschäftsbanken weniger in Staatsanleihen investieren und stattdessen mehr Kredite an Unternehmen und Haushalte vergeben. Das würde die Konjunktur anschieben und die niedrige Inflation anheizen, so das Kalkül. Der große Durchbruch lässt freilich auf sich warten.

Sollte der EZB-Rat eine weitere Lockerung der Geldpolitik im März beschließen, dann wäre das für den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Denn dem „Spiegel“ zufolge wird dieser beim G20-Treffen Ende des Monats in Shanghai die Trommel für eine Kehrtwende in der expansiven Geldpolitik rühren – weil nach seiner Auffassung die Politik des billigen Geldes zu immer neuen Blasen an den Finanzmärkten führt. Dadurch ist das Lager der Kritiker bezüglich der reform-verhindernden Zinspolitik um einen weiteren exponierten Kritiker erweitert worden.

Dem wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Nur so viel, dass es auch für die USA ein neues Anzeichen für eine expansive Geldpolitik gibt. So hat Blackrock seine Bondstrategie dergestalt korrigiert, dass der weltgrößte Vermögensverwalter von einem Zurückrudern der US-Notenbank Fed ausgeht. Diese hatte erst im Dezember die Zinsen erstmals seit langem wieder leicht angehoben. Inzwischen geht Blackrock allerdings davon aus, dass die Fed die Zinsen schon bald wieder lockern muss und die gestrige Veröffentlichung der Minutes schafft zusätzlichen Raum für diese Erwartungshaltung. Sollte diese Rolle rückwärts passieren, dann würden neue Unsicherheiten ausgelöst.

Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank


Finanzministerium warnt vor Tragfähigkeitslücke
Das Wort von den „Tragfähigkeitsrisiken“ macht neuerdings die Runde. Wie die „Welt am Sonntag“ aus dem noch nicht veröffentlichten „Tragfähigkeitsbericht“ des Finanzministeriums zitiert, sollte der Bund jährlich 7 Mrd. € weniger ausgeben als bisher, will er sich nicht dramatisch verschulden. Insbesondere die demografische Entwicklung führt demnach dazu, dass die Schuldenentwicklung „nicht tragfähig“ sei, heißt es darin. Die Flüchtlingskrise ist folglich nicht verantwortlich für die Entwicklung, sondern die Tatsache, dass Deutschland überaltert und die Geburtenraten weiterhin zu niedrig sind.

Sollten die Geburtenraten nicht steigen, könnte der Schuldenstand laut Finanzministerium bis zum Jahr 2060 auf „kontinuierlich 220 %“ des Bruttoinlandsprodukts klettern. Dem Rat des Berichts folgend, sollte der Staat schlichtweg weniger Geld ausgeben. Denn sonst würde sich die „Tragfähigkeitslücke“ bis 2060 auf 1,2 % bis 3,8 % des Bruttosozialprodukts oder übersetzt auf einen Betrag zwischen 36 Mrd. € und 115 Mrd. € summieren. Die Folgen wären klar: Der Handlungsspielraum des Staates wäre enorm eingeschränkt. Nicht umsonst gilt der Bericht als ein Frühwarnsystem für die Staatsfinanzen, das nun Alarm schlägt. Die Modellrechnungen sind keine Prognosen, sondern zeigen die Entwicklung der Staatskassen unter der Annahme auf, falls die bisherige Politik nicht verändert wird.

Es dürfte allerdings nicht einfach sein diejenigen Minister, die bereits jetzt auf eine Erhöhung ihrer Etats drängen, von den zukünftigen Problemen und einer entsprechenden Prävention zu überzeugen. Zumal Politiker stets in Wahlperioden denken und handeln, aber nur sehr selten mit Weitsicht agieren.

Weidmann erneuert Vorbehalte gegen EZB-Kurs
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erwartungsgemäß seine Vorbehalte gegen den Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Euro-Schuldenkrise erneuert. Bei Aufkäufen von Staatsanleihen nach dem sogenannten OMT-Programm („Outright Monetary Transactions") von 2012 würden die Risiken vollständig vergemeinschaftet und letzten Endes auf die Steuerzahler verteilt, hatte Weidmann in Karlsruhe erneut klar gemacht.

Den Vorwurf, dass OMT zu Verlusten für nationale Zentralbanken und damit beim Steuerzahler führen würden, versuchte indessen EZB-Direktor Yves Mersch zu relativieren. Bei der EZB sei „nicht bekannt“, dass eine Rekapitalisierungspflicht der Bundesbank für einen solchen Fall bestehe, argumentiert er. Verluste müssten schließlich nicht vollständig und nicht sofort ausgeglichen werden. Zentralbanken könnten für einige Zeit sogar mit negativem Eigenkapital arbeiten, so die Argumentation, die Weidmann nur bedingt gelten lässt. Eine Rekapitalisierung der Bundesbank könnte durchaus notwendig werden und dabei sei es aus Sicht des Steuerzahlers unerheblich, ob das über mehrere Jahre gestreckt werde, sagte er. Dabei machte Weidmann nochmals deutlich, dass sich seine Kritik am OMT-Beschluss des EZB-Rats immer um die Frage der Haftungsvergemeinschaftung gedreht habe. Das sei für ihn der „Knackpunkt“. Der Ausschluss einer solchen Haftungsvergemeinschaftung war somit ursächlich dafür gewesen, das Programm über den Ankauf öffentlicher Anleihen weniger kritisch zu sehen. Mit der Umsetzung des QE-Programmes (Quantitative Easing) ist nach Meinung von J. Weidmann und Y. Mersch eine Aktivierung des OMT-Programms sehr gering. Deshalb erscheinen die Klagen der Beschwerdeführer derzeit etwas weniger dringlich als bei der ersten Verhandlung im Jahr 2013. Aber dennoch sollten Leitplanken installiert werden bzw. Voraussetzungen geschaffen werden, um zu gegebener Zeit seitens Karlsruhe nochmals aktiv werden zu können.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2015 auf Vorabanfrage des deutschen Verfassungsgerichts erklärt, dass es das OMT-Programm weder als eine Kompetenzüberschreitung der EZB noch als eine verbotene Staatsfinanzierung betrachtet. Das BVerfG hatte dagegen geurteilt, dass die EZB ihre Befugnisse überschreite und muss nun entscheiden, wie es mit dem Spruch der Luxemburger Richter umgehen soll. Eine abschließende Entscheidung des Verfassungsgerichts ist nicht vor Sommer zu erwarten.


Greift die Notbremse gegen den Brexit?
Sowohl die deutschen als auch die britischen Manager fürchten die Folgen eines möglichen „Brexit“, des Austritts von Großbritannien aus der EU. Dies ergab eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Demnach plädieren 79 % der befragten Unternehmer, Geschäftsführer und leitenden Angestellten für einen Verbleib von Großbritannien in der EU. In Deutschland sind es mit 83 % noch deutlich mehr als in UK, wo 76 % der Firmenchefs für einen Verbleib in der Union eintreten.

Am Vorabend der Verhandlungen über ein Reformpaket geben die Wirtschaftslenker auf beiden Seiten des Ärmelkanals laut Aart De Geus, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, ein klares Signal: Im Falle eines Brexit haben alle Seiten viel zu verlieren.

Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten seit dem heutigen Donnerstag in Brüssel über das von EU-Ratspräsident Donald Tusk vorgelegte Reformpaket, mit dem die EU den britischen Premierminister David Cameron unterstützen will, das angekündigte Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU zu gewinnen. Vorgesehen ist unter anderem eine „Notbremse“, mit der Großbritannien Sozialleistungen für neu zuziehende EU-Bürger für vier Jahre aussetzen kann. Damit käme die EU den Briten weit entgegen und Cameron könnte in seinem Land verkünden, Brüssel Zugeständnisse abgerungen zu haben. Ob sich die Bevölkerung dennoch bei einem Referendum, das bereits im Juni abgehalten werden könnte, überzeugt zeigen wird, ist offen. Immer wieder in der Geschichte haben sich die Briten, in deren Zeitungen die Nachrichten aus Europa mit „Oversea News“ überschrieben sind, gerne auf ihre Inselsituation zurückbesonnen.

Hellas weiter unter Druck
Die Tragödie um die Staatsverschuldung von Hellas entwickelt sich zur never ending story. Nachdem das Land immer noch unter dem Protest verschiedener Berufsgruppen ächzt, beschuldigen sich nun die Regierung in Athen und die internationalen Gläubiger gegenseitig, für Verzögerungen bei den aktuellen Reformbemühungen verantwortlich zu sein. Der Prozess sei „wegen Unstimmigkeiten" zwischen der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Verzug geraten, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras. Nun soll eine Delegation der Gläubiger-Institutionen (früher: Troika) erneut nach Athen kommen.

Dass Tspiras innenpolitisch unter Druck steht ist klar. Am Wochenende demonstrierten in Athen erneut rund 12.000 Menschen gegen die geplante Renten- und Steuerreform. Allein die zentrale Rolle von Griechenland in der Flüchtlingsproblematik, dürfte zu einem schonenderen Umgang mit Hellas seitens der EU führen.

Nach Griechenland gelten auch Portugal und Spanien wieder als Sorgenkinder der Eurozone. Ist in Lissabon die Politik der neuen Linksregierung, welche die Wirtschaftsreformen der konservativen Vorgängerregierung teilweise rückgängig machen will, für die wachsende Skepsis von Anlegern verantwortlich, so wird für Spanien die Regierungssuche zur Belastung. Denn seit Dezember scheiterten bisher alle Versuche einer Regierungsbildung und somit ist das Setzen einer Frist bis zum 3. März die einzige Möglichkeit, dem Treiben ein Ende zu setzen. Sollte dieser Termin ergebnislos verstreichen, so werden Neuwahlen angesetzt.

War das der Anfang einer Korrektur?
Endlich durften sich auch die Bären unter den Rentenhändlern mal wieder freuen. Denn nach einem Allzeithoch von 166,16 % beim Euro-Bund-Future am vergangenen Donnerstag, folgte zum Wochenstart infolge der Erholung an den Aktien- und Rohstoffmärkten ein Rücksetzen bis auf 163,79 %. Ob allerdings die Freude über diese Korrektur von langer Dauer ist, wird sich erst in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Die Finanzwelt leidet weiterhin unter den Symptomen der jüngsten Vergangenheit und die Notenbanken versuchen - mit Liquidität und Worten - die Kapitalmärkte in die von ihnen gewünschte Richtung zu lenken. Folglich könnte schon bald wieder künstliche Nachfrage die Renditen drücken und der Korrektur ein Ende setzen. Aktuell notiert das Rentenbarometer bei 164,56 %.

Chartanalysten beschwören stets ihre Betrachtungsweise als die einzig richtige, da alle relevanten Daten im Kursverlauf enthalten sind. Somit ergeben sich aus dem bisherigen positiven Trend mehrere Unterstützungslinien. Eine erste, schwächere Linie verläuft aktuell bei 164,22 % mit einem täglichen Anstieg von 0,22 Prozentpunkten. Ein Schlusskurs unterhalb der Marke würde den Blick auf eine zweite Linie lenken. Diese untere Begrenzungslinie des seit Jahresbeginn vorherrschenden Aufwärtstrends verläuft momentan bei 162,58 % und steigt täglich um 0,14 Prozentpunkte an. Bezeichnend ist allerdings, dass man den Blick zuerst nach unten schweifen lässt und nicht wie in den Handelswochen zuvor nach oben. Dies ist sicherlich nicht zuletzt dem deutlichen Anstieg der Credit Default Swaps für Deutschland geschuldet. Dennoch sollte man der Vollständigkeit halber auch die Widerstände bei 165,23 % (Hoch vom 9.2.) und 166,16 % (Hoch vom 11.2.) erwähnen.

Brasilianischer Real verliert weiter an Boden
Manchmal unterstützten sportliche Großereignisse Devisenkurse, aber im Falle Brasiliens kann davon nicht die Rede sein. Betrachtet man die vergangenen vier Jahre, so pendelte die Währung gegenüber dem Euro Anfang des Jahres 2012 bei ca. 2,30 BRL und verlor dann bis Mitte des Jahres 2013 kontinuierlich an Wert, um schließlich bei ca. 3,00 BRL zu notieren. Anschließend konnte zuerst noch eine Seitwärtsbewegung zwischen 3,00 BRL und 3,50 BRL registriert werden, die sich aber unmittelbar nach dem Ende der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien zu einer Talfahrt ausweitete. Aktuell notiert die europäische Gemeinschaftswährung um die Marke von 4,44 BRL.

Gründe sind sicherlich nicht in der vernichtenden Niederlage gegen den späteren Weltmeister zu sehen, sondern eher in der momentan schwierigen wirtschaftlichen Lage des Landes. So hat der Einzelhandel im gesamten Jahr 2015 Umsatzeinbußen in Höhe von 4,3 % zu verzeichnen. Allein im Dezember sank der Wert zum Vormonat um 7,1 %. Rechnet man zu dem Index noch die Verkäufe von Autos und Baumaterialien hinzu, verdoppeln sich die Einbußen sogar auf 8,6 %, was hauptsächlich auf den Rückgang im Fahrzeugabsatz mit ca. 18 % zurückzuführen ist. Wagt man einen Blick auf den Einzelhandel im Jahr 2016, sehen die Prognosen nicht viel besser aus. Es wird sogar ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf Werte um die 9,5 % (Vorjahr 6,9 %), ein negatives Wachstum von 3,5 % im Einzelhandel sowie die Verschärfung der Kreditkonditionen aufgrund von Zinserhöhungen erwartet. Sollte der private Konsum nicht ansteigen, wird von einem negativen Wachstum der gesamten Volkswirtschaft von 2,8 % ausgegangen. Somit ist keine Entwarnung für die brasilianische Währung in Sicht und gestern hat S&P auch noch das Rating Brasiliens von BB+ auf BB gesenkt.

In dieser Berichtswoche zeigte sich der USD gegenüber dem Euro wieder etwas stärker. Die Gemeinschaftswährung konnte die Gewinne der vergangenen Woche nicht verteidigen und fiel gegenüber dem Hoch vom 11. Februar bei 1,1377 USD auf aktuell 1,1150 USD zurück. Dies ist u.a. auf die unterschiedlichen Erwartungen bezüglich der weiteren Geldpolitik in Euroland und den USA zurückzuführen und verhilft dem Greenback zu Kräften zu kommen.

Gefragt waren in dieser Handelswoche insbesondere Anleihen lautend auf brasilianische Real, russische Rubel und polnische Zloty.

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