Kommentar
16:24 Uhr, 12.11.2020

Die Steuerlast wird massiv steigen

In Europa sind massive Steuererhöhungen absehbar. Eine dynamische Konjunkturerholung kann man daher nicht erwarten.

In den USA erreichte der Aktienmarkt nach dem Crash im März schnell wieder ein neues Allzeithoch. In Europa ist das noch lange nicht in greifbarer Nähe. Am nächsten kam der Dax. Ein Grund dafür war die überraschend kräftige Erholung der Industrie und besonders große Stützungsmaßnahmen der Wirtschaft.

In den kommenden Jahren wird es für die europäischen Aktienmärkte im besten Fall nur langsam nach oben gehen. Im Gegensatz zu den USA sind nämlich Steuererhöhungen absehbar. Die Staatsschulden sind in durch die Krise enorm angestiegen (Grafik 1). In Griechenland liegt die Staatsverschuldung fast bei 200 % der Wirtschaftsleistung. In Italien sind es 150 %, in Portugal 130 % und in Frankreich über 110 %.


In den Eurokrisenländern ist die Konsolidierung dort, wo sie stattgefunden hat, zunichtegemacht worden. Portugal sparte sich mühsam von einer Verschuldung von 130 % auf 117 %. Nun sind es wieder 130 %.

Nicht nur der Staat hat sich verschuldet. In allen Sektoren ist die Verschuldung angestiegen. Spitzenreiter ist Frankreich mit fast 40 % Anstieg (Grafik 2). Aber auch unter den Ländern, die zuletzt den Ruf der sparsamen Vier hatten (Niederlande, Österreich, Dänemark, Schweden) ist die Gesamtverschuldung stark angestiegen.


Die Konsolidierung der Staatsfinanzen nach der Finanzkrise gelang nur über viele Jahre und mit höheren Steuern. Länder der Eurozone erhöhten die Steuern mehr als die übrigen EU-Länder. Die Steuerlast im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist auf historischem Hoch (Grafik 3).

Steuererhöhungen sind daher nicht so einfach umzusetzen wie vor einigen Jahren. Man kann ja schlecht mehr als 100 % Steuern fordern. Unternehmen und Bürger der Eurokrisenländer dürften Steuererhöhungen kaum freiwillig hinnehmen. Die Steuern steigen seit Jahren (Grafik 4).

Höhere Steuern sind auch nicht so leicht umsetzbar, weil sich eben alle Sektoren verschuldet haben, um die Krise zu überwinden. Wird die Belastung bei bereits geschwächten Bilanzen der Privathaushalte und Bürger höher, senkt das den Konsum und Investitionen.

Durch die gemeinsame Geldpolitik in der Eurozone und zukünftiger direkter Umverteilung von Geldern über gemeinsame Schulden der EU ist es für die Länder jedoch keine Option. ihre Haushalte nicht zu sanieren. Kurzfristig haben die gemeinsamen Schulden die Lage stabilisiert. Langfristig führt es dazu, dass die Steuerlast das Wachstum drückt.

Keine Konsolidierung ist bei der Verflechtung der Staatsfinanzen keine Option mehr. Das Wachstum war nun schon vor der Krise nicht dynamisch. Eine Konsolidierung der Finanzen macht es noch weniger dynamisch. Das wird auch den Aktienmarkt beeinflussen. Jahrelange Stagnation kam bei Anlegern noch nie gut an.

Clemens Schmale


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6 Kommentare

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  • angola_murksel
    angola_murksel

    Mag sein, daß es einige Steuererhöhungen geben wird - die werden für alle ärgerlich und vor allem niemals reichen. Die eigentliche Entschuldung wird ganz zwangsläufig über zunehmende und später dann galoppierende Inflation gehen. Das wird für alle dann ganz besonders effektiv ärgerlich.........den Sparern pulverisiert es die Einlagen, denen, die Wertstabiles und Beleihbares haben wird man munter dicke Scheiben vom Speck abschneiden, Stichwort Zwangsanleihe, Stichwort Bargeldabschaffung, Stichwort Einschränkung Edelmetallhandel, ....Aber mit medialer Betreuung unserer Staatsmedien werden auch das mindestens 70% aller Michels als gut und alternativlos bewerten, insofern wurde seitens der Politik dann alles richtig gemacht.

    17:23 Uhr, 12.11.2020
  • katzenfreund
    katzenfreund

    Dazu AfD: Mehr Geld für kaputtgesparte Beamte!

    17:03 Uhr, 12.11.2020
  • _OVO_
    _OVO_

    Hallo Herr Schmale,

    das ist wirklich ein interessanter Aspekt. Allerdings wären hier aus meiner Sicht natürlich absolute Zahlen, der Staatsverschuldung dienlicher. Aktuell kann ich nicht genau sagen, ob die Staatsverschuldung nur wegen dem temporären Wirtschaftseinbruch im Verhältnis gestiegen oder ob das an einer tatsächlichen Neuverschuldung liegt und wie hoch die ist.

    Nächstes Jahr, könnte ja dann theoretisch bei einer Wirtschaftserholung ein Artikel folgen, wie drastisch die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gesunken ist.

    Interessant wäre auch zu wissen inwiefern die Steuerlast, das Wachstum drückt und was ich daraus für meine Aktien ableiten könnte.

    Viele Grüße

    16:55 Uhr, 12.11.2020
  • amateur
    amateur

    Ich warte schon lange auf die Coronasteuer...

    16:53 Uhr, 12.11.2020
  • LukiLuke
    LukiLuke

    Nun, bei den kleinen bürgern ist die steuererhöhung am einfachsten durchzusetzen. Politiker nehmen immer den weg des geringsten wiederstands..

    16:47 Uhr, 12.11.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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