Kommentar
14:00 Uhr, 08.07.2009

Die Marge stimmt so oder so

Es war einmal ein Heer von Anlegern, denen ihr Bankberater teils aus purer Berechung, teils aus eigenem Unvermögen ein X für ein U vormachte und ihnen Finanzpapiere „andrehte“, die keiner von beiden tatsächlich verstand. Als sich herausstellte, dass das Produkt am Ende doch nicht das hielt, was dem Kunden im Vorfeld versprochen wurde, sah sich dieser getäuscht und rannte damit an die Öffentlichkeit. Die Medien griffen das Thema immer wieder gerne auf und konstruierten daraus eine Verschwörungstheorie gegen den braven Anleger, die in der zweifelsohne berechtigten Forderung gipfelte: Die Produkte müssen einfacher und durchschaubarer werden. Nichts leichter als das, dachten sich die Emittenten - wohlwissend der Tatsache, dass der weitaus größte Teil der angebotenen Zertifikate die gewünschten Kriterien zwar erfüllt, gerade diese aber meist nicht am Bankschalter vertrieben wurden - und boten daraufhin neben den komplizierten und margenstarken „Cash-Cows“ jetzt auch einfache Discounter oder Bonus-Zertifikate zur Zeichnung an, mit einer saftigen Vertriebsvergütung versteht sich. Denn der Herr an den Banktresen möchte ja schließlich auch leben und Geld für eine gute und unabhängige Beratung ausgeben, ist hierzulande nach wie vor verpönt, gibt es doch so viele andere weitaus schönere und teure Dinge im Leben. So sind beide Seiten mit dem in der modernen Ökonomie auch gerne als „Win-Win-Situation“ bezeichneten Ergebnis zufrieden. Und die Moral von der Geschicht lautet: Nur gut, dass kritisches Nachdenken in jedweder Form nicht gerade dem heutigen Zeitgeist entspricht. Im Übrigen zeigt sich wieder einmal, dass Zertifikate keinen Allgemeinplatz für Jedermann darstellen, sondern nur von demjenigen wirklich eingesetzt werden sollten, der sich mit der Materie auskennt und eine ganz dezidierte Erwartungshaltung gegenüber dem jeweiligen Basiswert mitbringt.

Zu der angesprochenen Kategorie von Produkten kann sicherlich auch das neue Reverse Bonus Cap Zertifikat der Credit Suisse auf den DAX gezählt werden. Das nur sechs Monate bis zum 20. Januar 2010 laufende Short-Papier verspricht dem Anleger eine Rückzahlung von 104 Prozent des Nennbetrages, wenn der deutsche Aktienindex zu keinem Zeitpunkt während der Laufzeit mehr als 22,5 Prozent gegenüber dem Emissionszeitpunkt gestiegen ist. Kommt es dennoch zum Schwellenbruch, wird er am Ende so gestellt, als hätte er von vornherein in einen einfachen Short-Tracker investiert, der Indexverluste von maximal vier Prozent in entsprechende Gewinne verwandelt. Wer allerdings glaubt, er kann bei dem Produkt nach einem halben Jahr bei all dem Risiko zumindest eine Rendite von vier Prozent einstreichen, wird beim Blick in das Fact-Sheet eines besseren belehrt, kommt bei Zeichnung zu dem Nennbetrag von 100 Euro noch ein Aufschlag von 1,5 Prozent hinzu, so dass am Ende nur eine effektive Gewinnmöglichkeit von knapp 2,5 Prozent übrig bleibt. Der Hinweis, dass die Vertriebsgebühr darin schon enthalten ist, versteht sich dabei von selbst.

Die HypoVereinsbank bietet parallel ein sehr ähnliches Papier auf den DAX zur Zeichnung an, das allerdings mit einer Laufzeit von 13 Monaten ausgestattet ist. Der Cap liegt hier bei 108 Prozent, der Verkaufspreis beträgt wenigstens 101 Prozent des Nennbetrages. Auch die Barriere ist mit 30 Prozent etwas großzügiger bemessen.

Der BörseGo Tipp:
Gerade bei den Zeichnungs-Produkten lohnt sich der Blick auf das, was am Ende „hinten rauskommt“. Die beiden Produkte eignen sich noch am ehesten für seitwärts orientierte Anleger, wobei der Kurzläufer der Credit Suisse nicht zuletzt wegen des satten Ausgabeaufschlages von 1,5 Prozent bezogen auf nur sechs Monate das etwas schlechtere Chance-Risiko-Verhältnis aufweist. Wer aber generell auf fallende Kurse setzen möchte, ist mit ungecappten Reverse-Papieren weitaus besser bedient.

104 % DAX Reverse Bonus Cap Zertifikat
Emittent/WKN: Credit Suisse / CS0DQV
Laufzeit: 20.01.2010
Preis: (in Zeichnung bis zum 17.07.09) Ausgabepreis: 100 € (zzgl. 1,5 € Agio)
108 % DAX Reverse Bonus Cap Zertifikat
Emittent/WKN: HypoVereinsbank / HV5ATQ
Laufzeit: 11.08.2010
Preis: (in Zeichnung: 29.06.09 – 10.07.09) Ausgabepreis: 100 € (zzgl. 1 € Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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