Kommentar
14:26 Uhr, 06.07.2020

"Die Märkte sind nicht mehr frei"

Die Märkte werden immer mehr von Notenbanken und Regierungen dominiert, sagt Starinvestor Ray Dalio. Wo Anleger nach Einschätzung von Dalio noch mit Rendite rechnen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

US-Starinvestor Ray Dalio, der mit Bridgewater Associates die größte Hedgefondsgesellschaft der Welt aufgebaut hat, sieht die Notenbanken und Regierungen immer mehr als die bestimmenden Akteure auf den Märkten an.

"Die Kapitalmärkte sind keine freien Märkte, die Ressourcen auf traditionelle Weise zuweisen", sagte Dalio im Interview mit dem Finanzsender Bloomberg. Stattdessen würden mehr und mehr die Notenbanken und Regierungen durch ihre Maßnahmen die Richtung der Märkte vorgeben. "Die Wirtschaft und die Märkte werden von den Zentralbanken in Abstimmung mit der Regierung angetrieben", sagte Dalio. Damit bestätigte der Starinvestor nur das, was Kritiker der aktuellen Geldpolitik und viele Anleger bereits seit Jahren beobachten.

Seien in der Krise von 2008 nur die wichtigsten Geschäftsbanken als "systemrelevant" eingestuft und von den Notenbanken gerettet worden, müsste inzwischen die "gesamte Wirtschaft" als systemrelevant eingestuft werden, so Dalio. "Wenn sie nicht rausgehen und Kredite an Unternehmen vergeben würden, würden wir große Teile unserer Wirtschaft verlieren", sagte Dalio.

Eine Folge der Krisenpolitik sei, dass die Bilanzen der Notenbanzen geradezu "explodieren". In den Bilanzen der Notenbanken wird die Gegenposition zu den riesigen Geldmengen verbucht, die in die Märkte und die Wirtschaft gepumpt werden.

Wer sein Vermögen auch in Zukunft bewahren oder vermehren wolle, müsse auf Sachwerte wie Aktien und Gold setzen, betonte Dalio. Cash und Anleihen würden hingegen durch die Ausweitung der Geldmenge und die damit verbundene Inflation fortwährend entwertet. Anleihen würden keine Zinsen mehr abwerfen. Unter Berücksichtigung der Inflation gebe es negative Realzinsen, was einer indirekten Vermögensteuer entspreche.

Angesichts der rekordniedrigen Zinsen könne man klassische Bewertungsmaßstäbe wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) nicht mehr heranziehen, um zu beurteilen, ob Aktien teuer oder günstig seien. Die Bewertung sei nichts anderes als der Kehrwert des Zinsniveaus. Ein KGV von 40 oder 50 sehe für viele Anleger schockierend aus, sei aber "nicht weniger plausibel als Nullzinsen", sagte Dalio.

Allerdings könne die US-Notenbank Fed ihren gegenwärtigen Kurs nicht unbegrenzt fortsetzen, betonte Dalio. Die Grenze sei erreicht, wenn durch die monetäre Expansion das Vertrauen in den Dollar einbreche und das Kapital aus dem Dollarraum flüchte und eine Dollarkrise drohe. Notwendig sei dazu aber eine überzeugende Alternative zum Dollar, in die das Kapital flüchten könne. "Das wäre schrecklich für die Vereinigten Staaten", sagte Dalio. "Es wäre wahrscheinlich der größte Störfaktor nicht nur für die Märkte, sondern für das gesamte geopolitische System der Welt."

Dalio rechnet seit Langem mit einem epochalen Umbruch und hatte bereits im April gesagt, dass er nach dem Corona-Ende nicht weniger als eine "neue Weltordnung" erwarte. Die derzeitige Weltordnung sei durch das Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 eingeleitet worden.

Es seien derzeit "drei große Kräfte" am Werk, sagte Dalio in dem aktuellen Interview. Zum einen sei die Welt am Ende eines langfristigen Schuldenzyklus angekommen, der im Jahr 1945 mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann und nun mit der Nullzinsphase und dem Aufkauf von immer mehr Vermögenswerten durch die Notenbanken ende. Der zweite wichtige Faktor sei mit dem ersten verknüpft und bestehe darin, dass die Einkommens- und Vermögensunterschiede sowie die Diversität der politischen Strömungen ein neues Extremniveau erreicht hätten. Der dritte wichtige Faktor sei der Aufstieg der neuen Großmacht China, die die bestehende Führungsrolle der USA herausfordere, so Dalio.

Das gesamte Interview mit Ray Dalio kann auf Youtube angesehen werden.


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3 Kommentare

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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Auf Dalio höre ich nicht (also eigentlich auf niemanden, außer meinen Analysen), da er 2019 -als eines der besten Jahre an der Börse- voll ins Klo gegriffen hat. Das darf einem Experten nicht passieren. Wenn es nach unten geht, sollte man wissen, wo man die Reißleine zieht und umgekehrt sollte man wissen, wann man definitiv rein sollte (ähnlich, wie in der aktuellen Krise). Der eine oder andere Experte auf dieser Seite, hat es gut drauf, daher reicht es, wenn man von denen was mitnimmt, falls es darum geht etwas zu lernen.

    15:22 Uhr, 06.07. 2020
    1 Antwort anzeigen
  • Tinchen
    Tinchen

    Die Frage sollte lauten: Was hat Amerika den Chinesen entgegenzusetzen ? Angenommen die Chinesen etablieren eine starke Währung im asiatischen Raum, somit würde hier durchaus die Gefahr bestehen, dass sich Geldmengen zum auswandern entscheiden... Okay alles Zukunftsmusik.

    14:53 Uhr, 06.07. 2020

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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