Kommentar
15:57 Uhr, 30.01.2007

Die laufende Woche wird spannend

Trotz guter Datenlage büßten amerikanische und europäische Aktien in der vergangenen Woche leicht ein. Die Qualität der Zwischenberichte verbesserte sich, die Konjunkturdaten blieben fest. Die laufende Woche wird spannend. Neben weiteren Quartalszahlen tagt am Mittwoch die Notenbank FED. Freitag wird der amerikanische Arbeitsmarktbericht veröffentlicht.

USA: Kursverluste trotz erfreulicher Nachrichten

Bis Ende vergangener Woche hatten 196 Unternehmen aus dem S&P 500-Index ihre Berichte über das abgelaufene Quartal vorgelegt. Davon hatten 61 Prozent die Erwartungen übertroffen, 23 Prozent enttäuscht und 16 Prozent den Prognosen entsprochen. Das Gewinnwachstum lag bis dato im Schnitt bei 10,1 Prozent. Angesichts dieser guten Zwischenbilanz, die im Übrigen dicht am Niveau des Vergleichsquartals des Vorjahres liegt, ist die Kursschwäche der amerikanischen Leitindizes erstaunlich.

Die Anleger glauben offenbar noch nicht an ein weiterhin sehr ansprechendes Umfeld. Sie hatten sich auf eine Abschwächung der US-Konjunktur und damit nachlassende Gewinndynamik eingestellt, die sich in der aktuellen Berichtssaison bislang nicht einstellen will. Allerdings sind die Zahlen auch nicht so überzeugend, dass die Zweifel vollends ausgeräumt sind. Also wird abgewartet und ein guter Zwischenbericht zur Sicherstellung von Gewinnen genutzt.

Des Weiteren ist mittlerweile so gut wie keine Zinssenkungsfantasie mehr vorhanden. Die Aussicht auf fallende Leitzinsen hatte die Aktienmärkte in den letzten Wochen stark beflügelt. Nun aber kamen Gerüchte auf, die Notenbank FED werde auf ihrer Sitzung an diesem Mittwoch wieder einen ernsteren Ton anschlagen. Grund dazu hat sie allemal. Das amerikanische Wirtschaftswachstum hat sich im vierten Quartal wieder beschleunigt, voraussichtlich auf einen Wert oberhalb von 3 Prozent. Einen weiteren klaren Hinweis darauf gaben jüngst die Auftragseingänge für langlebige Güter im Dezember, die stark anzogen und eine verstärkte Investitionsbereitschaft der Unternehmen erkennen lassen.

Diese Aussicht auf eine wieder festere Konjunktur hat die Renditen festverzinslicher Wertpapiere steigen lassen und sie dementsprechend attraktiver im Vergleich zu Aktien gemacht. Diese Bewertungsannäherung löste bei den Investoren noch keine größeren Umschichtungen aus. Das könnte sich aber ändern, und zwar wenn Unsicherheit an den Kapitalmärkten aufkommt. Nach einem Kursanstieg von knapp 20 Prozent in sechs Monaten ist ohnehin Korrekturpotenzial vorhanden.

Europa: Positive und negative Überraschungen

Europas Aktienmärkten folgten ihren amerikanischen Pendants im Gleichschritt nach unten. Die hiesige Datenlage war gemischt. Bestes Beispiel dafür ist der Ifo-Geschäftsklimaindex, der im Januar erwartungsgemäß von seinem Rekordwert des Vormonats zurückfiel. Das resultiert aber allein auf eine pessimistischere Beurteilung der aktuellen Lage. Die Erwartungen der befragten Unternehmen legten zu, was eine robuste deutsche Konjunktur signalisiert.

Die Berichtssaison brachte sowohl positive als auch negative Überraschungen. Erfreulich fielen die Zwischenbilanzen unter anderem bei Nokia, Philips und Siemens aus. Anders als Wettbewerber Motorola konnte Nokia Geschäftsvolumen und Gewinnspanne ausweiten. Zudem wurden eine höhere Dividende und ein Aktienrückkauf angekündigt. Philips spielte ebenfalls die Ausschüttungskarte. Für das abgelaufene Geschäftsjahr wird es eine um knapp 50 Prozent höhere Dividende geben. Außerdem soll die Ausschüttungsquote künftig 40 bis 50 Prozent anstatt 25 bis 35 Prozent des Gewinns betragen. Siemens wiederum verzückte mit einem guten Start in das Geschäftsjahr 2006/07. Alle Sparten erwirtschafteten im Auftaktquartal Gewinn, nicht zuletzt dank wegfallender Restrukturierungskosten. Wohlwollend aufgenommen wurden ferner der kräftige Auftragseingang und die Pläne eines Börsengangs der Automotive-Tochter Siemens VDO. Es werde angepeilt, noch 2007 deutlich mehr als ein Viertel des VDO-Grundkapitals zu platzieren, hieß es.

Gedämpft wurde die Stimmung unter anderem von Alcatel-Lucent, SAP und Deutsche Telekom. Der frisch fusionierte Telekomausrüster Alcatel-Lucent begründete seine schwache Performance im vierten Quartal vor allem mit "Unsicherheiten von Kunden und Beschäftigten" im Zuge des Zusammenschlusses, aber auch mit einem intensiven Wettbewerb. Zudem hätten wichtige Kunden Aufträge verschoben. SAP, die in der Woche zuvor bereits die wichtigsten Zahlen bekannt gegeben hatten, fielen auch mit dem detaillierten Bericht bei den Anlegern in Ungnade. Insbesondere missfiel ihnen die Höhe der Investitionen in eine neue Mittelstandssoftware, was zunächst einmal zulasten der Marge geht. Die größte Enttäuschung aber lieferte die Deutsche Telekom, die am Wochenende ihre zweite Gewinnwarnung innerhalb von sechs Monaten ablieferte. Um über eine Milliarde Euro werde der Gewinn 2007 fallen. Grund ist der Wettbewerb in Deutschland. 2006 gingen ihr zwei Mio. Festnetzanschlüsse verloren, das sind rund 5.500 pro Tag. Bildlich ausgedrückt verabschiedet sich also täglich eine kleine Stadt aus der Gewinn- und Verlustrechung der Telekom.

Ausblick: FED-Sitzung, BIP und Arbeitsmarkt

In dieser Woche werden die Nerven der Marktteilnehmer stark gefordert. Am Mittwoch berät die US-Notenbank FED über ihr Zinsniveau. Nach den Gerüchten über eine schärfere Tonart wird mit großer Spannung die Lagebeurteilung erwartet. Außerdem wird an diesem Tag die erste Schätzung zum amerikanischen BIP-Wachstum im vierten Quartal veröffentlicht. Am Freitag folgt der US-Arbeitsmarktbericht für Januar, der eine Fortsetzung des kräftigen Stellenwachstums anzeigen sollte. Nach 167.000 neuen Stellen im Dezember werden jetzt laut Bloomberg-Konsens 145.000 neue Jobs prognostiziert. Dazwischen mischen sich noch die Einkaufsmanagerindizes und zahlreiche Zwischenberichte, so zum Beispiel am Donnerstag von der Deutschen Bank.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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