Kommentar
19:13 Uhr, 10.04.2018

Die Lage am Aktienmarkt muss neu bewertet werden

Alle Welt fokussiert sich auf das Thema Zölle, ob im negativen Sinne oder positiven wie heute. Das verdrängt die vielen anderen Probleme, die inzwischen so gravierend sind, dass eine Neubewertung der Lage notwendig werden könnte.

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Wirtschaftlich braut sich gerade etwas zusammen. Wir wissen bereits, dass das erste Quartal wirtschaftlich nicht besonders gut lief. Das ist gerade in den USA häufig so. Die Wirtschaft wächst im ersten Quartal kaum und holt dann im Rest des Jahres auf. Das kann man alles als eine Art statistisches Rauschen abtun. Was man hingegen nicht so einfach ignorieren kann, ist eine ungemütliche Gemengelage, die wenig mit dem Wachstum im ersten Quartal zu tun hat.

Da sind z.B. die Financial-Stress-Indizes (Grafik 1). Diese steigen seit November 2017 an. Da war von Zöllen noch keine Rede. Es sind vielmehr die steigenden Zinsen, die so langsam auf die Stress Indizes durchschlagen.

Nun kann man sagen, dass die Indizes zwar steigen, aber das muss einen nicht kümmern. Das seit Jahren abflachende Kreditwachstum konnte sich immerhin wieder stabilisieren und übt ein Comeback. So schlecht kann die Lage doch nicht sein, wenn mehr Kredit nachgefragt wird.

Das Eindruck täuscht. Financial-Stress-Indizes und Kreditwachstum laufen häufig parallel, wenn auch mit gewisser Zeitverzögerung. Kreditnachfrage und Kreditkonditionen sind stark miteinander korreliert. Das wieder anziehende Kreditwachstum ist also keine Entwarnung.

Es ist vor allem im Kontext mit anderen Indikatoren keine Entwarnung. Grafik 2 zeigt den Einkaufsmanagerindex der Region Chicago. Er befindet sich nun im freien Fall und steht wieder dort, wo er auch 2016 war. Damals war die Stimmung wegen Zinsängsten und dem Ölpreiscrash getrübt.

Der Einkaufsmanagerindex geht seit Ende 2017 zurück. Damals war von Zöllen noch wenig zu hören. Die Lage hat sich also schon früher eingetrübt. Ähnliches kann man auch über die Zinskurve sagen (Grafik 3). Direkt nach der Präsidentschaftswahl stieg sie an. Es stellte sich als vorübergehendes Phänomen heraus.

Auch in Erwartung der Steuersenkung konnte die Kurve noch einmal nach oben drehen. Im Nachhinein wissen wir, dass man auch das als eine Art Rauschen bezeichnen kann. Die Kurve flacht weiter ab. Die ersten Notenbanker warnen bereits vor einer Inversion, was eine Rezession ankündigt.

Viele Notenbanker finden immer wieder Argumente, weshalb eine invertierte Zinskurve keine Rezession nach sich ziehen sollte. Das war auch 2006 so. Am Ende kam es immer wieder aufs gleiche heraus. Die Wirtschaft fiel in eine Rezession.

Ich habe oft geschrieben, dass ich keinen Grund für Panik sehe und mir eine Rezession im Jahr 2020 vorstellen kann. Inzwischen trüben sich viele Indikatoren ein. Das ist zum aktuellen Zeitpunkt nur ein Warnschuss und kein Grund den Zeitplan vorzuverlegen. Ein Puzzlestein fehlt nämlich noch: der US-Arbeitsmarkt. Erst wenn die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe über Wochen nicht weiter fallen, sondern steigen, sollte man die Füße in die Hand nehmen. Dann sehen wir vermutlich bereits Anfang 2019 eine Rezession.

Clemens Schmale

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