Kommentar
08:47 Uhr, 27.01.2015

Die größte Bank der Welt

Die größte Bank der Welt ist keine Bank, sondern eine Regierung. Die Bilanzsumme beläuft sich auf ungefähr 3,5 Billionen USD. Das sind etwa 15% mehr als die größte „echte“ Bank hat. Deren Bilanzsumme (Industrial and Commcerial Bank of China) beläuft sich auf lediglich 3,2 Billionen.

Die gigantische Bilanzsumme von 3,5 Billionen USD gehört der US Regierung und sie managt die Bilanz mit großer Effizienz. Sie wird sogar so effizient gemanagt, dass es keine eigene Stelle für die Bilanz gibt. Sie wird also weder zentral überwacht, noch koordiniert und kontrolliert. Ein Gruppe von 4 Office of Management and Budget Angestellten kommen am nächsten an eine Koordinierungsfunktion heran. Sie sind aber nicht mit dem Management des Portfolios beauftragt. Zudem gelten sie als „nicht essentielles“ Personal. Während des Government Shut Downs mussten sie zu Hause bleiben.

Man weiß gar nicht, ob man weinen oder lachen soll. Fest steht jedoch, dass die größte Bilanz der Welt von niemandem gemanagt wird. In dieser Bilanz stecken dabei viele Zeitbomben, die dringend gemanagt werden müssten. Mit ungefähr 1,2 Billionen schlagen Studentenkredite zu Buche. Das es sich bei diesen Krediten um eine große Kreditblasen handeln könnte, hatte ich schon einmal diskutiert. Es ist aber nicht nur die Höhe der Kredite, die Probleme bereiten könnte. Im schlimmsten Fall würden wahrscheinlich nicht mehr als 10% der Kreditsumme ausfallen. 120 Mrd. ist zwar grundsätzlich viel, doch bei einem jährlichen Defizit von ohnehin 500 Mrd. fällt das schon fast nicht auf. Kurz nach Beginn der Finanzkrise betrug das Budgetdefizit der US Regierung mehr als eine Billionen USD. 120 Mrd. mehr oder weniger bringen die Regierung nicht in Nöte.
Die Kredite sind allerdings nicht nur wegen ihres Ausfallpotentials problematisch, sondern auch, weil die Zinserträge fest ins Budget eingerechnet werden. Hier kommen hohe zweistellige Milliardenbeträge zusammen, die dann wieder an anderer Stelle ausgegeben werden. Das Problem dabei: die Höhe der Zinserträge ist vollkommen beliebig. Der US Kongress gibt regelmäßig zusätzliche Milliarden aus Zinserträgen aus, obwohl es diese Zinserträge nie gab bzw. geben wird.

Management der Bilanz gibt es nicht. Dadurch weiß niemand, wie viel Ertrag oder Verlust die Kreditmaschine der Regierung wirklich bringt. Auf dem Papier sieht es soweit ganz gut aus...
Die Kreditsumme und die Summe an Garantien steigen munter weiter an. Vor allem seit 2008 ist der Trend ungebrochen stark. Nach einer ganz kurzen Konsolidierung im Jahr 2010 beschleunigt sich der Trend derzeit wieder. Der Grund dafür ist einfach. Kreditprogramme sind zu einem beliebten Einsatzmittel geworden, um Wählerstimmen zu bekommen. Geld kann nicht mehr mit vollen Händen ausgegeben werden. Dafür kann man billige Kredite verschenken. Die Bonität der Schuldner ist fast egal und ob die Kredite wirklich zurückgezahlt werden interessiert fast niemanden.

Oftmals sind die Personen, die sich um ein Kreditportfolio kümmern sollen, vollkommen überfordert. Schiffskredite werden in einer Behörde des Verkehrsministerium (US Maritime Administration) gemanagt. Dabei handelt es sich nicht um eine notwendigerweise sachkundige Person. Es kann sein, dass jemand, der nie mit Kreditgeschäft zu tun hatte, auf einmal die Verantwortung für ein Milliardenportfolio hat.

Die Verluste sind je nach Portfolio entsprechend hoch. Ein Kreditprogramm für die Renovierung von ländlichen Apartmenthäusern hat eine Ausfallquote von Dutzenden Prozent. So schlecht waren selbst die ramschigsten Immobilienkredite während der Finanzkrise nicht. Bei einigen Programmen werden nur wenige Prozent der Kreditsummen wieder eingenommen. Das liegt einerseits an der schlechten Qualität, andererseits wird offensichtlich nicht versucht Geld auch tatsächlich zurückzubekommen. Es kümmert sich einfach niemand darum.

In der Öffentlichkeit fallen die Verlust selten auf. Ein Beispiel ist die Federal Housing Administration. Sie hat nach dem Zusammenbruch des privaten Kreditmarktes für Immobilien einen Großteil der Kredite übernommen oder garantiert. Das war ihr Job und den hat sie auch gut gemacht. Die Verluste überstiegen dann irgendwann die Reserven. Die FHA wurde mit 1,7 Mrd. USD von der Regierung unterstützt. 1,7 Mrd. – das klingt eigentlich nach sehr wenig. Wäre es auch, wenn es bei 1,7 Mrd. geblieben wäre. Stattdessen hatte die FHA die möglichen Verluste einfach nicht gut abgeschätzt. Aus 1,7 Mrd. wurden letztlich fast 80 Mrd. Diese 80 Mrd. sind in der Öffentlichkeit nie breitgetreten worden, weil es für nachträgliche Korrekturen keine Veröffentlichungspflicht gibt. Im Prinzip kann sich jede Behörde, die ein Kreditprogramm laufen hat, reichrechnen. Sie nimmt einfach niedrige Ausfallquoten an. Wenn es dann anders kommt, werden die Verluste vom Steuerzahler getragen und es gibt nicht einmal eine Veröffentlichungspflicht, weil es sich ja um eine versehentliche Fehleinschätzung handelte.

Die-größte-Bank-der-Welt-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1

Insgesamt scheinen sich die Kosten und Gewinne über einen langen Zeitraum auszugleichen. Die FHA wird vermutlich auch wieder teils gute Gewinne geliefert haben. Die Rechnung muss aber nicht aufgehen, schon allein, weil es der Politik wohl leichter fällt, Schulden zu erlassen als einer regulären Bank. Je größer die Regierungsbank wird, desto höher werden auch irgendwann die Verluste. Platz die Bildungskreditblase, dann könnten Steuerzahler insgesamt auf hohen Summen sitzen bleiben. Das liegt dann nicht nur an Kreditausfällen. Der Aufschrei in der Bevölkerung dürfte groß sein, wenn gezeigt wird wie die Regierung Schulden eintreiben möchte. Da macht es sich deutlich besser, wenn man großzügig 200 Mrd. an Schulden einfach erlassen kann.

Die-größte-Bank-der-Welt-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2
Es muss aber gar nicht zu einem Extremfall kommen, damit die Kosten deutlich höher sind und letztlich den Steuerzahler belasten. Bildungskredite sollen in den kommenden 10 Jahren insgesamt einen positiven Effekt auf das Budget haben. Der positive Effekt kommt aus den Zinseinnahmen. Insgesamt sollen so über 10 Jahre 198 Mrd. eingenommen werden. Das klingt schon einmal gut. Würden die Kredite mit ihren Ausfallquoten nun allerdings so bewertet wie bei einer Geschäftsbank, dann dürfte sich das Minus über die kommenden 10 Jahre auf 118 Mrd. belaufen. Die 198 Mrd. werden andernorts ausgegeben, weil man laut interner Rechnung dieses Geld ja verdient. Wenn es dann anders kommt, dann ist halt einfach das Defizit am Ende des Jahres größer.
Die hohe Differenz aus den internen Regierungsberechnungen und denen einer Geschäftsbank lässt sich relativ einfach erklären. Die Studienkredite können quasi per Definition nicht ausfallen. Daher bleiben sie einfach zu vollem Wert in den Büchern, selbst wenn keine Chance auf Rückzahlung besteht.

So geht es bei vielen Programmen. Nach internem Regierungsmodell gelten die meisten Kreditprogramme als profitabel. Nach einer marktüblichen Bewertung wären sie negativ. Das Congressional Budget Office hat einmal 38 Programme untersucht, die auf dem Papier Geld einbrachten. Nach üblichen Marktbewertungen wären von den 38 Programmen hingegen 33 negativ gewesen.

Insgesamt geben sich die unterschiedlichen Ministerien, in deren Abteilungen Kreditportfolios gemanagt werden, vermehrt Mühe die Prozesse zu verbessern. Ziel ist es ein gesundes Portfolio zu haben, welches keine maßgeblichen Verlust oder Gewinne bringt. Bis es soweit ist dürfte noch viel Zeit vergehen und es dürften sich noch viele Milliarden Verlust anhäufen. Ebenso haben die bisherigen Bemühungen noch nicht zu einer Eingrenzung neuer Kreditvergabe geführt. Die Gesamtsumme steigt weiter überdurchschnittlich schnell an. Sollte die nächste Rezession früher kommen als erwartet, dann ist das eine sehr große Zeitbombe in der Bilanz der Regierung.

Eröffne jetzt Dein kostenloses Depot bei justTRADE und profitiere von vielen Vorteilen:

  • 25 € Startguthaben bei Depot-Eröffnung
  • ab 0 € Orderprovision für die Derivate-Emittenten (zzgl. Handelsplatzspread)
  • 4 € pro Trade im Schnitt sparen mit der Auswahl an 3 Börsen & dank Quote-Request-Order

Nur für kurze Zeit: Erhalte 3 Monate stock3 Plus oder stock3 Tech gratis on top!

Jetzt Depot eröffnen!

8 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • I. Block
    I. Block

    ​Die USA wirtschaften unseriös? Das ist ja etwas ganz Neues! *Ironie aus*

    Jede Regierung hat nun mal ihre Tricks, Defizite geschickt im Haushalt (oder noch besser außerhalb) zu verstecken. Das ist in Deutschland auch nicht anders, wenn auch vielleicht nicht in der Größenordnung.

    Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen!

    12:13 Uhr, 27.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • nomomama
    nomomama

    ​was heisst es nun für uns in old Germany?

    10:44 Uhr, 27.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • bananenbully.
    bananenbully.

    ​Schulden sind nur eine große Zahl in einem großen Buch mehr nicht :-)

    10:19 Uhr, 27.01. 2015
  • Arnim
    Arnim

    ​Welchen Schluss ziehen Sie aus dem geschilderten Umstand ?

    Das die USA pleitererer ist als Griechenland jemals werden wird ?

    09:09 Uhr, 27.01. 2015

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten