Kommentar
23:55 Uhr, 12.10.2008

Die Feuerwehr löscht mit Benzin...

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Jetzt haben wir den Salat: Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit 100 Jahren entfaltet sich direkt vor unseren Augen. Wir werden Zeugen von Ereignissen, über die unsere Kinder und Enkel noch mit angstvoller Stimme sprechen werden, wenn wir alle längst das Zeitliche gesegnet haben. Bleibt also zumindest als schwacher Trost: So etwas ist längst nicht jeder Generation beschieden...

Manche Beobachter vergleichen die aktuelle Krise mit 1929 und verteilen Beruhigungspillen: Seinerzeit seien massive Fehler gemacht worden, insbesondere hätten es die Zentralbanken versäumt, rechtzeitig die Zinsen zu senken. Auch sei die Arbeitslosenquote in den 1930er Jahre weitaus höher gewesen als heute, daher habe die Börsenkrise nach 1929 viel schlimmere Folgen gehabt.

Das ist natürlich kompletter Unsinn.
Richtig ist vielmehr, dass die Arbeitslosigkeit damals erst in der Folge des Zusammenbruchs an der Wall Street bis Mitte 1933 auf rund 25 Prozent geklettert ist. Im Herbst 1929 waren in den USA gerade einmal eine Million Menschen ohne Job, das waren weniger als zwei Prozent. Im Sommer 1930 waren es vier Millionen. Und erst drei Jahre später, 1933, gab es jenes Heer von 14 Millionen Arbeitslosen, das als Folge der Börsencrashs 1929 entstanden war. Heute liegt die Arbeitslosenquote in den USA bereits bei 6,3 Prozent.

In zwei Punkten allerdings unterscheidet sich die heutige Krise ganz gravierend von der Situation damals: Während die Vereinigten Staaten Ende der 1920er Jahre unangefochtener Exportweltmeister waren, auch den einen oder anderen Spargroschen für schlechte Zeiten hatten die Bürger beiseite gelegt – so ist das Land heute mit weitem Abstand der größte Schuldner, den die Welt je gesehen hat. Und seine Menschen huldigten bis zuletzt dem maßlosen Konsum auf Pump und der zügellosen Verschuldung. Viele waren in dieser Hinsicht nicht besser als die raffgierigen Banker, auf die jetzt von allen Seiten eingeprügelt wird.

Und auch weil viele US-Bürger über Aktienengagements für den Ruhestand sparen, trifft der Crash an den Börsen die Menschen heute mit besonderer Härte. Das war 1929 anders. Wie schwerwiegend die Folgen tatsächlich sind, das werden erst die kommenden Monate zeigen. Spätestens wenn Konzerne wie General Motors oder Ford pleite gehen, wird auch der Letzte verstanden haben, dass dies keine normale Krise ist und dass in den kommenden Jahren erneut mit einem Heer von Arbeitslosen zu rechnen ist.

Übrigens war auch Ende 1929 angesichts der nachlassenden Wirtschaftsdynamik zunächst von einer „Wachstumsdelle“ die Rede. Denken Sie in diesem Zusammenhang an die jüngsten Äußerungen verschiedener Regierungsvertreter und sonstiger Experten.

Wenn daher heute die Zentralbanken die Krise in hektischem Aktionismus mit immer weiteren Kapitalspritzen und neuerlichen Zinssenkungen bekämpfen, dann muss man sich nicht wundern, dass dies keine Wirkung mehr zeigt: Offensichtlich ist ein Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt. Die Beobachtungen seit Sommer 2007 zeigen ja auch, dass sich die Krise mit jedem weiteren „Rettungspaket“ der Notenbanken nur noch weiter verschlimmert hat. Und nun soll weitere Liquidität das Problem ganz plötzlich beheben? Das kann glauben wer will.

Bei Licht besehen, ist es auch vollkommen logisch, dass der Krug jetzt bricht: Der Kreditboom, den wir nach 2003 gesehen haben, und der jetzt zum Absturz der Börsenkurse ins Bodenlose führt, konnte eben gerade durch eine Politik des leichten Geldes erst entstehen. Nun versucht man also, das Feuer mit Benzin zu löschen. Das Dumme ist nur: Es gibt keine Alternative. Egal was die Zentralbanken jetzt tun, diese Krise wird ihren Weg gehen, und zwar bis zum bitteren Ende. Weitere Kapitalmarkteingriffe können das Ganze nur noch hinauszögern. Natürlich werden nun alle auf das Treffen der G-7 Finanzminister am Wochenende hoffen und auf die salbungsvollen Worte, die spätestens am Montag überall zu hören sein werden.

Doch anstatt zu glauben, „wird schon alles nicht so schlimm werden“, sollte man sich sicherheitshalber darauf einstellen, dass es noch viel schlimmer kommen wird, als wir alle uns das im Moment vorstellen können: Der Einbruch den wir gerade an den Weltbörsen sehen, ist von nie gesehener Brutalität, so etwas hat niemand von uns jemals zuvor erlebt – und der gesunde Menschenverstand sagt eben nicht, dass die Sache schon bald wieder vorbei sein wird, sondern dass es jetzt erst so richtig los geht: Ereignisse, die eine derartige Katastrophe auslösen können, die werden auch katastrophale Folgen nach sich ziehen. So einfach kann Börse sein....

Für die tägliche Börsenpraxis hilft das nun natürlich nicht unbedingt weiter. Deshalb heute an dieser Stelle eine wichtige Botschaft: Wir werden in nicht allzu ferner Zukunft eine Erholung sehen, die alles in den Schatten stellt, was wir in den vergangenen Jahrzehnten gesehen haben.

Zur Veranschaulichung, wie so etwas ablaufen kann, nachfolgend der Kursverlauf des Dow Jones von 1905 bis 1950. Achten Sie auf den rot markierten Bereich: Dem ersten starken Absturz des Börsenbarometers im Oktober 1929 von rund 380 auf 200 Punkte folgte eine Bärenmarktrallye, die den Index bis Frühjahr 1930 um rund 50 Prozent bis auf 300 Punkte nach oben katapultierte.

Etwas Vergleichbares dürfte uns in naher Zukunft wieder ins Haus stehen. Auf heutige Verhältnisse übertragen wäre das eine Rallye beim Dow Jones von 8.000 auf 12.000 Punkte. Sie können davon ausgehen, dass dann niemand mehr von dieser Krise reden wird.
Überlegen Sie es sich daher gut, ob Sie jetzt in die Panik hinein ihre Aktien verkaufen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Start der Bärenmarktrallye 2008 derart dynamisch ausfallen wird, dass man nur noch fassungslos hinterher blicken kann, wenn man an der Seitenlinie steht.

Nach Lage der Dinge könnte es schon in wenigen Tagen soweit sein. Die Finanzminister der wichtigsten Industriestaaten werden bei ihrem Treffen in Washington auch noch die letzten Waffen ins Gefecht werfen und vermutlich gemeinsame staatliche Garantien für den Interbankenmarkt ausrufen. Staatliche Eingriffe bei diversen Privatbanken dürften die Maßnahme flankieren.

Nach dem Motto: „Seht her, nun KANN einfach nichts mehr passieren!“. Das dürfte die Gemüter dann endlich beruhigen. Und die Banken können wieder das tun, was ihre Aufgabe ist: Die Wirtschaft mit Krediten versorgen. Zumindest vorübergehend dürfte dies die Lage entspannen. Fallende Rohstoffpreise könnten zusätzlichen Spielraum für weitere Zinssenkungen der Notenbanken geben. Damit kann man dem Feuerchen dann noch ein letztes Mal so richtig schön einheizen.

Was nach 1929 kam, das können Sie auf dem Chartbild oben auch sehr gut erkennen. Es sage bitte niemand, so etwas könne sich nicht wiederholen: Der S&P 500 hat in der vergangenen Woche eine acht Jahre alte Unterstützungszone bei 950 Punkten mit derartiger Leichtigkeit durchschlagen, dass man für die kommenden Monate mit allem rechnen muss. Was wir hier zuletzt gesehen haben, das lässt alle Abschwünge der Baisse zwischen 2001 und 2003 wie ein laues Lüftchen erscheinen. Sehen Sie selbst:

Doch deshalb jetzt zu resignieren, wäre vollkommen verkehrt: Wer sich eine entsprechende Strategie zulegt und in den kommenden Monaten immer wieder mutig und entschlossen eine antizyklische Position einnimmt, der dürfte in den kommenden Jahren an den Börsen ein Vermögen verdienen. Für Hasenfüße und Trendfolger brechen dagegen sehr schwere Zeiten an.

Wie wir die Lage jetzt einschätzen und was wir unseren Lesern raten, das lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter [Link "www.antizyklischer-börsenbrief.de" auf www.antizyklischer-b%C3%83%C2%B6rsenbrief.de/... nicht mehr verfügbar] und www.antizyklischer-aktienclub.de

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