Kommentar
16:16 Uhr, 02.10.2017

Die Fed will es wissen

Die US-Notenbank legt gerade einen geldpolitischen Stunt hin, indem sie sowohl die Bilanz verkleinert, als auch die Zinsen anhebt.

Die Notenbank will es wirklich wissen, ob bei diesem Stunt alles gutgeht. Ein Stunt ist ein waghalsiges Manöver oder Kunststück. Sieht man so etwas in Film und Fernsehen, steigt die Spannung. Alle schauen gebannt auf den Bildschirm. Geht alles gut, sind die Zuschauer beeindruckt und die Spannung löst sich.

Hinter den Kulissen geht so mancher Stunt erst einmal schief. Solange man mehrere Versuche hat, um es für die Kamera schön hinzubekommen, macht das nichts. Die Notenbank hat aber nur einen Versuch. Dieser muss glücken.

Nicht jeder Stunt geht gut und nicht jeder Knochen bleibt immer heil. Bei dem geldpolitischen Experiment der Fed geht es nicht um Knochen, sondern die Wirtschaft. Geht der Versuch schief, fällt die Wirtschaft in eine Rezession. Die Notenbank ist jedoch zuversichtlich, dass sie das Experiment durchführen kann. Sie hat lange genug geprobt und den Markt vorbereitet.

Woher die Zuversicht kommt, erklärt sich nicht von alleine. Nachdem das Wachstum 2014 und 2015 nicht ganz rund lief, insbesondere nicht in der Industrie, kam es in den letzten sechs Quartalen zu einer kleinen Aufholjagd. Die Kapazitätsauslastung der Industrie stieg spürbar an (Grafik 1).

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Nun sinkt die Auslastung deutlich. Das mag auch an Hurrikan Harvey liegen. 2005 ging die Auslastung nach Hurrikan Katrina ebenfalls kurzfristig zurück. Der Hurrikan macht die Daten schwer interpretierbar. Da hilft der Blick auf die Autoindustrie. Texas ist zwar ein wichtiger Produktionsstandort, doch hier fiel die Produktion bereits vor der Hurrikansaison.

So richtig rund läuft es also nicht. Nicht alles lässt sich auf die Stürme schieben. Nun kann man sagen, dass der Automarkt inzwischen einfach viel zu gesättigt ist und es eine Ausnahmeerscheinung ist. Das mag sein, doch es ist auch nicht die einzige Ausnahmeerscheinung. Da ist z.B. auch noch der Einzelhandel, der in der Krise steckt und Konsumenten, die inzwischen wieder auf Pump einkaufen gehen.

Immerhin haben es Exporteure derzeit mit einem schwächeren Dollar leichter. Das stützt die Industrie insgesamt, doch wenn der Export boomt, müsste auch die Kapazitätsauslastung besser sein, Hurrikan hin oder her.

Die Datenlage ist nicht eindeutig. Das zeigen auch unterschiedliche Modelle, die die Rezessionswahrscheinlichkeit messen (Grafik 2). Die meisten Modelle sehen die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession in naher Zukunft zwischen 0 % und 20 %. In der Vergangenheit musste die Wahrscheinlichkeit schon mindestens bei 30 % liegen, um zuverlässig einen Abschwung anzuzeigen.

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Es ist trotz moderater Wirtschaftsdaten weit und breit keine Rezession zu sehen. Das kann sich mit der Geldpolitik ändern. Die Notenbank gibt derzeit richtig Gas. Fast alle Rezessionen wurden mehr oder minder direkt durch die Geldpolitik provoziert. Genau das geschieht derzeit wieder. Die Fed fordert das Schicksal der Wirtschaft heraus. Dass dieser Stunt gelingt, ist alles andere als sicher.

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14 Kommentare

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    Die FED will es wissen? Die FED will es nicht wissen, sie weiss es bereits und mit der geplanten Bilanzverkürzung und weiteren Zinserhöhungen treten Frau Yellen und ihre Mitstreiter die Flucht nach vorne an. Die Blasen, die gemäß FED-Lesart eigentlich ja immer erst dann als solche zu erkennen sind, wenn sie platzen, haben inzwischen ein solches Ausmaß angenommen, daß sie offensichtlich auch für die nach wie vor an ihre veralteten Modelle glaubenden FED-Strategen zu erkennen sind. Die FED versucht, kontrolliert Luft aus den Blasen am Immobilienmarkt, Aktien- und Anleihenmarkt abzulassen, um einen fulminanten Crash zu verhindern, als erwünschten Nebeneffekt, ergibt sich für die nächste Rezession wieder ein deutlich größerer Spielraum für Zinssenkungen.

    Ob die FED mit dem nun voll durchgedrückten Gaspedal auf dem Siegertreppchen landet oder gegen die Wand fährt, wird die nahe Zukunft zeigen. Die Aktienbullen sind jedenfalls noch unbeeindruckt von den Absichtserklärungen der US-Notenbank, sie versuchen den letzten Tropfen Honig aus den Märkten zu saugen.

    00:02 Uhr, 03.10. 2017
    2 Antworten anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • BTCETH
    BTCETH

    Herr Schmale, glauben Sie tatsächlich die uns präsentierten Wirschaftsdaten wie Einkaufsmanager, Inflation, Arbeitlosenzahlen usw. usw. entsprechen der Wahrheit. Alles manipuliert von A bis Z.

    16:33 Uhr, 02.10. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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