Kommentar
15:25 Uhr, 05.03.2021

Die Fed ignoriert Inflationsgefahren - und riskiert eine Wiederholung der Geschichte

In der Geldpolitik wird gerade der größte geldpolitische Fehler einer Generation gemacht. Die Geschichte lehrt, was das bedeutet.

Bis 2008 hatten alle Notenbanken Angst vor der Inflation. Das zeigt wie lange es dauern kann, bis ein Schock überwunden ist. Der Schock fand in den 70er Jahren statt, als die Inflationsrate in den zweistelligen Bereich vordrang. Das ganze kam für die Notenbank unerwartet. In der ersten Hälfte der 60er Jahre lag die Inflation im Durchschnitt bei 1,2 % und im gesamten Jahrzehnt bei 2,3 %. Dann aber ging der Aufwärtstrend immer weiter.

Im Sommer 1979 wurde Paul Volcker US-Notenbankchef. Er griff hart durch. Er identifizierte die Geldmenge als Übel und erhöhte die Zinsen. Kredit war plötzlich nicht mehr billig, sondern unter 20 % kaum noch zu haben. Das führte zu zwei Rezessionen. Diese wurden in Kauf genommen. Dafür wurde die Inflation unter Kontrolle gebracht. Seither ist die Inflationsrate relativ stabil.

Stabile Inflation hat viele Vorteile. Es ist kein Zufall, dass die Geldpolitik seit Volcker stabil ist, die Häufigkeit von Rezessionen abgenommen hat, der Wohlstand wächst und der Aktienmarkt boomt. Hohe und volatile Inflation führt zu einer instabilen Wirtschaft. In den 70er Jahren war die Arbeitslosenrate hoch, ebenso die Armut. Der Aktienmarkt kam 10 Jahre lang nicht vom Fleck. Hohe Inflation ist einfach nicht optimal für die Wirtschaft.


Nach 2008 änderte sich das alles. Plötzlich hatten Notenbanken keine Angst mehr vor der Inflation, sondern der Deflation. Sie versuchten über niedrige Zinsen und QE Inflation anzuheizen. Das funktionierte nicht, konnte es auch nicht. Bleibt das Geld im Finanzsektor und kommt nicht in der Realwirtschaft an, entsteht keine Nachfrage. Ohne höhere Nachfrage bleibt auch Inflation aus.

Nun sind Notenbanken verzweifelt. Preisstabilität ist Nebensache. Die US-Notenbank fokussiert sich mehr auf den Arbeitsmarkt und Kapazitätsauslastung. Das Inflationsziel wurde nicht nur erhöht. Höhere Inflation ist erwünscht.

Aus 2008 hat die Notenbank gelernt. Eine Geldschwemme allein sorgt weder für Inflation noch für Vollbeschäftigung. Daher unterscheidet sich die aktuelle Geldschwemme von der nach 2008. Die Notenbank hat dem Staat praktisch explizit versprochen, die Ausgaben zu finanzieren.

Es scheint der einzige Ausweg zu sein, den die Notenbank noch sieht. Damit wiederholt sie allerdings die Fehler der 60er Jahre, die am Ende zum Desaster in den 70er Jahren wurden. Die Notenbank bekommt dann zwar ihre Inflation, riskiert aber eine Wiederholung der Geschichte.

Das nimmt die Notenbank bewusst in Kauf. Deflation wird einfach als größere Gefahr wahrgenommen. Dass bei niedriger Inflation die Wirtschaft stabiler ist und die USA erstmals nach 50 Jahren Vollbeschäftigung erreichten, scheint unterzugehen. Nachdem Notenbanken für Jahrzehnte eine irrationale Angst vor Inflation hatten, hat sie nun eine vollkommen fehlgeleitete Angst vor Deflation.

Durch die Staatsfinanzierung wird eine 180° Wende vollzogen und eine Wiederholung der Geschichte provoziert. Die Folgen werden wir nicht morgen oder 2022 spüren. Wie damals kommt der Prozess nun lediglich in Gang. Bis sich die volle Wirkung entfaltet, dauert es Jahre. Daher ist es ein geldpolitischer Fehler, der eine ganze Generation beschäftigen wird.

Clemens Schmale


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  • Sadiqator
    Sadiqator

    So wie in der Schweiz: niedrige Inflation = stabile Wirtschaft :)

    10:21 Uhr, 06.03.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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