Kommentar
08:04 Uhr, 08.03.2019

Die EZB kann nicht mehr! Also muss die Fed ran

Die EZB versucht gerade die Geldpolitik zu lockern. Da sie die Zinsen nicht mehr senken kann, versucht sie es über Langzeitrefinanzierungen für Banken. Das kann man schon fast als armselig bezeichnen.

Da die EZB nicht lockern kann, müsste die Fed einspringen. Viele halten die US-Notenbank zwar für sehr marktfreundlich, weil sie von ihrem Standpunkt Ende 2018 zurückruderte, allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Ende 2018 sah alles noch nach weiteren Zinsschritten und einer Bilanzverkleinerung auf „Autopilot“ aus. Inzwischen gilt weder das eine noch das andere. Zumindest hat das die Fed angekündigt.

Effektiv hat sie an ihrer Politik noch nichts geändert. Zugegeben, sie wird die Zinsen im März wohl nicht anheben. Sie wird sie aber auch nicht senken. Genau das braucht der Markt aber und nicht nur der Markt, sondern die ganze Wirtschaft.

Den Spielraum dazu hat sie. Mit einem Zielzinssatz zwischen 2,25 % und 2,5 % könnte sie problemlos 0,5 % nach unten rücken. Sie tut es aber nicht. Damit ist die Fed alles andere als weich. Neu ist das auch nicht. Es merkt nur niemand.

Betrachtet man das Wirtschaftsklima, gemessen durch den Einkaufsmanagerindex, und die Zinsveränderung, ist die Historie recht eindeutig. Die Notenbank reagierte auf eine Eintrübung der Stimmung mit Zinssenkungen. Zwischen 2009 und 2016 konnte sie das praktisch nicht, da die Zinsen bei knapp über 0 % standen (Grafik 1).


Während des Abschwungs 2015/16 konnten die Zinsen zwar nicht gesenkt werden, doch die Fed hätte QE wieder beginnen können. Davon hat sie abgesehen. Das war das erste Mal, dass die Fed nicht auf eine Eintrübung der Stimmung und der Wirtschaft reagiert hat. Jetzt sind wir wieder an diesem Punkt. Die Stimmung trübt sich ein und das einzige, was bisher absehbar ist, ist ein Aussetzen weiterer Zinserhöhungen.

Die Notenbank will die Zinsen ganz offensichtlich nicht senken. Es besteht immer noch die Wahnvorstellung, dass die Zinsen irgendwann wieder bei 3,5 % stehen werden, um auf den nächsten Abschwung vorbereitet zu sein. Genau mit dieser Haltung wird der nächste Abschwung wahrscheinlicher.

Es wäre für die Notenbank umso wichtiger jetzt zu handeln, weil es andere nicht können. In der Eurozone müssten die Zinsen ebenfalls gesenkt werden. Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone notiert bereits unter der Expansionsgrenze von 50 Punkten (Grafik 2). Hier müsste die Wirtschaft dringend angeschoben werden.


Die EZB hat nun aber gerade erst ihr QE-Programm beendet und ohne QE hat sie wenig zu bieten, wie sich gerade erst herausstellte. Das erinnert an 2015 in den USA. Sie wird es nicht wiederaufleben lassen, wenn der Währungsraum nicht gerade am Abgrund steht. Das einzige, was sie nun tun kann, ist abwarten und die Zinsen nicht zu früh anheben.

Man kann fast sagen, dass die Notenbanken wild entschlossen sind, das Kapitel QE und ultraniedrige Zinsen abzuschließen, komme, was wolle. So hofft wohl auch die Fed, dass sie die Zinsen nicht senken muss und mit einer abwartenden Haltung durchkommt. Vielleicht erholt sich das Wachstum ja wieder. Falls nicht, dann hat die Notenbank ihr Zeitfenster zum Gegensteuern bereits verspielt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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