Kommentar
21:18 Uhr, 31.10.2017

Die extreme Abhängigkeit von Rendite

Rendite ist wie eine Sucht. Man will immer mehr davon. Je mehr man bekommt, desto besser fühlt man sich als Anleger. Dumm nur, dass der Entzug bald beginnt.

Aktien machen aus zwei Gründen Spaß: Kursgewinne und Dividenden. Über Kursgewinne kann sich derzeit niemand beklagen. Ein Hoch jagt das nächste. Bei Dividenden sieht es nicht ganz so rosig aus. Die Dividendenrendite sinkt seit langem. Dies gilt insbesondere in den USA.

In den USA kaufen Unternehmen seit den 70er Jahren Aktien zurück. In den Anfängen lag diese Art der Ausschüttung an Aktionäre noch im kaum wahrnehmbaren Bereich. Inzwischen ist das anders. Die Aktienrückkaufrendite übersteigt die Dividendenrendite (Grafik 1).

Bis in die 70er Jahre hinein konnten sich Anleger über Dividendenrenditen von 4 % bis 8 % freuen. Diese Zeiten sind vorbei. Heute liegt die Rendite bei knapp 2 %. Dafür stieg die Rückkaufrendite von praktisch 0 % auf zuletzt 2,5 %. Beides zusammengenommen ergibt immer noch über 4 % Rendite. Im langfristigen Vergleich stimmt die Rechnung also noch.

Präferenzen sind natürlich unterschiedlich ausgeprägt. Persönlich präferiere ich Dividenden. Das Geld kommt direkt zu mir und ich kann entscheiden, was ich damit mache. Schüttet ein Unternehmen weniger Dividenden aus und kauft stattdessen Aktien zurück, habe ich diese Wahl nicht. Es wird für mich entschieden, dass das Geld wieder in die Aktien des gleichen Unternehmens fließt.

Ich habe lieber die Freiheit, selbst zu entscheiden und finde es nicht gut, wenn Manager für mich entscheiden, möglicherweise mit der Hauptmotivation, ihre eigenen Boni zu sichern. Viele Anleger sehen die Sache nicht so. Sie freuen sich über Aktienrückkäufe. Diese schlagen sich mehr in Kursgewinnen nieder und im Gegensatz zu Dividenden sind diese als Buchgewinne erst einmal steuerfrei. Auf Dividenden werden immer Steuern gezahlt. Bei Kursgewinnen fallen sie erst bei Verkauf an und dann lässt sich der Gewinn mit Verlusten gegenrechnen.

Wie dem auch sei, Ausschüttungen waren schon immer ein wichtiger Bestandteil der Gesamtrendite. Dort hört die Bedeutung jedoch nicht auf. Inzwischen sind Dividenden und andere Ausschüttungsarten zu einem wichtigen Bestandteil der Einkommen geworden.

Grafik 2 zeigt dazu den Anteil, den Ausschüttungen am US-Einkommen und an der Wirtschaftsleistung haben. Hier zeigt sich ein anderes Bild als in Grafik 1. Noch nie waren die Ausschüttungen so relevant wie heute. Sie machen fast 10 % des Einkommens aus. Von 1945 bis 1990 lag der Anteil bei weniger als 4 %.

Die Ausschüttungen kommen vor allem denen zugute, die etwas besitzen. Wer keine Aktien besitzt, hat auch nichts von diesem Zusatzeinkommen. Das sollte ein paar Alarmglocken läuten. Dies gilt nicht etwa, weil die Sache die Ungleichverteilung verstärkt, sondern weil wir heute Extreme erreicht haben, die an die 1920er Jahre erinnern.

Damals hatte der Exzess ein Ablaufdatum. Mit Beginn der Großen Depression sank die Bedeutung immer weiter. Das war zu einer Zeit, da die obersten Prozente der Gesellschaft den größten Anteil am Vermögen und Einkommen hatten. Heute stehen wir wieder dort, sogar noch ausgeprägter. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich dieser Trend korrigiert. Das wird für Investoren und Anleger ein langer und schmerzhafter Entzug.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • Rosinen
    Rosinen

    "Schüttet ein Unternehmen weniger Dividenden aus und kauft stattdessen Aktien zurück, habe ich diese Wahl nicht."

    - zum grossen Teil auf Schuldenbasis, bedeutet, Manager kassieren ab, gemessen werden die Bonis an der höhe des Aktienkurses.

    .

    Der dumme Willie ist der Aktionär, denn seine Dividende schwindet, denn die Verbindlichlichkeiten/ Kosten durch Zinsen steigen.

    .

    Aber mach das mal eine gierigen Menschen / Aktionäre klar der von Buchhaltungs nichts versteht. Einige Unternehmen treiben es bereits auf die Spitze, sie zahlen Dividende über Schulden finanziert, was für ein tolles Schneeballsystem, wenn es der letzte auf Erden begriffen hat, liegen alle Unternehmenswert nahe der Realtiät dem Buchwert.

    Unternehmen welche mit 20 Mrd Marktkapitalisierung da stehen und 7 Mrd Schulden haben bei einen Umsatz von 7 Mrd und NULL Erträge wird es dann nicht mehr geben. Verlust 100%

    Prost zu dieser Erkenntnis

    22:23 Uhr, 01.11.2017
  • CKT7985
    CKT7985

    Vergleichen Sie gerade ernsthaft den "Schwarzen Donnerstag" und die folgende Depression 1929 mit dem heutigen Börsenumfeld ? Oh man...

    21:28 Uhr, 31.10.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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