Fundamentale Nachricht
15:16 Uhr, 07.03.2024

Die Debatte um Märkte, Wirtschaft und Bewertungen geht weiter

laut Vincent Mortier, Group CIO Amundi und Matteo Germano, Deputy Group CIO Amundi, wird es immer schwieriger zu beurteilen, in welche Richtung sich die Wirtschaft entwickelt.

Die Stärke der Wirtschaftstätigkeit und die Erwartungen des Marktes in Bezug auf die Politik der Zentralbanken sowie auf die Unternehmensgewinne haben die Preise von Kapitalanlagen vorangetrieben. Die Bewertungen dürften in einigen Segmenten überzogen sein, wie z. B. bei den Mega-Caps, wo auch die Gewinnspannen hoch sind. Die entscheidende Frage ist, ob die hohen Gewinnspannen die aktuellen Bewertungen rechtfertigen. Und werden diese Unternehmen in der Lage sein, ihre Umsätze schnell zu steigern und gleichzeitig ihre Margen angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs und des erschöpften Konsums aufrechtzuerhalten? Es wird immer schwieriger zu beurteilen, in welche Richtung sich die Wirtschaft entwickelt. Unserer Meinung nach werden die folgenden Faktoren in nächster Zeit wichtig sein:

· Ein verzögerter, aber ausgeprägter Abschwung in den USA: Wir sehen eine Verlangsamung der Inlandsnachfrage aufgrund begrenzter bzw. fehlender fiskalischer Impulse und der Belastungen im Unternehmenssektor. Bislang wurde der Konsum durch den Zugriff auf Ersparnisse und sogar durch übermäßige Kreditaufnahmen gestützt. Mit der Abschwächung des Arbeitsmarktes könnte diese Zuversicht jedoch schwinden, was sich auf die Wirtschaft auswirken würde.

· Divergenzen und sich abflachendes Wachstum in Europa: Deutschland, das mit vielen strukturellen Herausforderungen konfrontiert ist, wird wohl in diesem Jahr aufgrund schwacher Investitionen und Exporte der größte Nachzügler sein. Länder wie Spanien dürften etwas besser abschneiden. In diesem Zusammenhang ist die Rolle der kollektiven fiskalischen und politischen Stärke der EU inmitten der „Green Transition“ wichtig.

· Geldpolitik: Etwa ab Ende des ersten Halbjahres werden die US-Notenbank Fed, die EZB und die Bank of England (BoE) wahrscheinlich mit Zinssenkungen beginnen – voraussichtlich insgesamt 100 Basispunkte seitens der Fed in diesem Jahr und 125 Basispunkte bei EZB und BoE. Wenn die Inflation weiter sinkt, sehen wir wenig Grund für die Fed, die Zinsen restriktiv zu halten.

Die Entwicklung der Anlageklassen sehen wir wie folgt:

· Anlageklassen-übergreifende Perspektive: Wir sind bei Aktien aus den Industrieländern nun nahezu neutral eingestellt, da sich der Konjunkturzyklus offenbar besser entwickelt als bisher erwartet. Angesichts der derzeit hohen Bewertungen achten wir jedoch darauf, nicht allzu positiv zu werden und suchen nach regionalen Chancen in den Schwellenländern und Japan. Gegenüber den USA ist unsere Haltung jetzt neutral. Was die Duration – ein Maß für die Zinssensitivität von Anleihen – betrifft, so sind wir bei Japan vorsichtig, für die USA und Europa jedoch positiv eingestellt. Angesichts des Potenzials für fiskalische Spannungen und Inflationsüberraschungen sollten Investoren die Duration aus unserer Sicht aktiv managen. Darüber hinaus könnte sich eine kurzfristige Dollarstärke auf die Renditen von Schwellenländeranleihen auswirken, so dass Wachsamkeit geboten ist. Öl könnte eine gute Absicherung sein im Umfeld der geopolitischen Spannungen und des Potenzials für einen leichten Aufwärtstrend angesichts des knappen Angebots auf kurze Sicht.

· Anleihen: Bei den festverzinslichen Wertpapieren bleiben wir bei der Duration in Europa und Japan etwas zurückhaltend, während wir für die USA – wegen des weiteren Rückgangs der Inflation – und global für qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen positiv eingestellt sind. In Europa beobachten wir die Einschätzung der Wirtschaft der Region durch die EZB im Hinblick auf etwaige Anzeichen für geldpolitische Maßnahmen. In Großbritannien sind wir angesichts des Drucks auf die BoE, die Zinsen zu senken, leicht konstruktiv. Unternehmensanleihen sind nach wie vor ein Bereich mit Renditepotenzial, aber Liquiditätserwägungen spielen eine wichtige Rolle, vor allem im Hochzins-Bereich. Daher sind wir gegenüber Investment Grade-Anleihen – also Anleihen hoher Bonität – in den USA und noch mehr in der EU positiv eingestellt. In den USA bevorzugen wir Unternehmensanleihen mit kurzen Laufzeiten und versicherungsgebundene Wertpapiere. Insgesamt sind wir bei Hochzins-Anleihen mit niedrigerem Rating vorsichtig, sehen aber in nicht-zyklischen Sektoren angesichts der zunehmenden Streuung selektiv Chancen.

· Aktien: Die jüngsten Bewegungen bei US-Aktien wurden von bestimmten Mega-Cap-Aktien angetrieben, was zu Konzentrationsrisiken führt. In geringerem Maße gilt dies auch für Europa. Mit der Entwicklung des Konjunkturzyklus sollten die Märkte beginnen, sich stärker auf die Unternehmensgewinne zu konzentrieren. Wir bleiben selektiv und sind bei den teuersten Bereichen in den USA und Europa etwas vorsichtig. Aber jede Marktanomalie in Bezug auf Unternehmensgewinne und Bewertungen ist eine Chance, von spezifischen Möglichkeiten zu profitieren. Aus stilistischer/regionaler Sicht bleiben wir positiv eingestellt gegenüber margenstarken Unternehmen (Qualität), US-Value und Japan.

· Schwellenländer: Attraktive Renditen in den Schwellenländern und die anhaltende Disinflation lassen uns sowohl Hart- als auch Lokalwährungsanleihen positiv beurteilen, wobei wir Hochzins-Anleihen gegenüber Investment Grade-Anleihen bevorzugen. Regional gesehen favorisieren wir Lateinamerika und sind in Asien und EMEA selektiver. Es überrascht nicht, dass die Region voller spezifischer Stories ist, wie etwa Argentinien. Auch bei Aktien sind wir konstruktiv, insbesondere in Asien – etwa Indien, Indonesien, Südkorea – und Lateinamerika.

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