Analyse
12:05 Uhr, 03.04.2005

Die "Contrarian" Nummer zieht nicht?!

Anbei einige Anmerkungen zu den "Contrarians", die sich seit Wochen wieder zum Bullenmarkt der Rohstoffe, hier insbesondere Gold und Leichtöl, skeptisch äußern. Das Thema Rohstoffe ist derzeit en vogue. Das Thema wird sogar ausgiebig in der breiten Öffentlichkeit diskutiert. Börsenbriefe mit dem alleinigen Themenschwerpunkt "Rohstoffe" mehren sich. In der Regel sind dies Anzeichen eines übergeordneten bullischen Sentiments. Insofern kein Wunder, dass einige Kommentatoren, darunter eine Reihe von uns sehr geschätzter, dem laufenden Rohstoff-Hype skeptisch gegenüberstehen. Sie werten das bullische Sentiment als Kontraindikator. Die "Contrarian" Karte zieht unserer Ansicht nach diesmal nicht, vor allem nicht schon zum jetzigen Zeitpunkt. Genauso wenig bei der Bewertung des China bzw. Asia-Hypes. Die derzeitigen "Contrarians" sind unserer Ansicht nach v.a. durch die Geschehnisse am Aktienmarkt 1998-2002 psychisch konditioniert. Im Rahmen einer regelrechten Massenpsychose explodierten Ende der 90er Jahre die Aktienmärkte, um im Jahr 2000 entsprechend dem Yin-Yang-Prinzip in Preis- und Zeitdimension zu implodieren. Das Ausmaß, wie seit geraumer Zeit das Thema "Rohstoffe" und "China" in den Medien abgehandelt wird, ist dem der New Economy und Internet im Jahr 2000 allerdings noch bei weitem nicht vergleichbar. Auch ist der bisher abgelaufene Kursanstieg der beiden angesprochenen Märkte, China/Asien sowie Rohstoffe, nicht vergleichbar mit dem der "New Economy Bubble". Zugegebenermaßen muß dies gar nicht der Fall sein! In solchen Ausprägungen wird es übergeordnete Hypes nur alle paar Jahrzehnte geben. Dennoch spricht einiges für die These, dass die "Contrarians" hypersensibiliert sind nach dem Motto "2000 gab es niemanden, der die obere Wende prognostizierte und warnte ... diesmal soll mir das nicht passieren ... nein, diesmal werde ich mich nicht vom bullischen Marktsentiment anstecken lassen ... diesmal werde ich rechzeitig den Finger erheben". Der Witz ist der, dass es richtig gut timende fundamentale "Contrarians" nur wenige gibt.

In der Sentimentanalyse ist von großer Bedeutung, das Sentiment adäquat zu quantifizieren. Mittelgradig bullisches Sentiment ist Aufwärtstrend-bestätigend zu werten, nicht als Kontraindikator. Gleichzeitig sollte es immer wieder Stimmen von fundamentalen "Contrarians" geben, die sich hier und da mal skeptisch äußern. Erst wenn diese "Contrarians" kapitulieren, verstummen oder gar in das Bullenlager wechseln, weiß man, dass es aus sentimenttechnischer Sicht gefährlich wird und Extreme Reading erreicht worden sind. Sie sehen, wir unterscheiden zwischen fundamental ausgerichteten "Contrarians" und technischen. Letztere können richtig gute Arbeit machen. Gerade was die Marktstimmung bzgl. Gold und Öl angeht, sehen wir seit einigen Wochen eher ein bärisches Sentiment. Ein "Contrarian" verkennt insofern die derzeitige Lage, wenn allerortens darauf hingewiesen wird, es gäbe eine exzessiv bullische Stimmung für Gold und Öl. Diese temporäre bärische Färbung des Sentiments spricht eher für eine lediglich temporäre Kursschwäche der Rohstoffmärkte.

In den Foren werden oft verbissene Dikussionen geführt, in denen sich "Contrarians" gegen eine Übermacht von Trendmitläufern zu wehren haben. Scheinbar unbewußt meint der eine oder andere, mit besonders umfangreichen Beiträgen, immer wiederkehrenden Wiederholungen der eigenen Argumente und besonders scharfen Attacken auf die "Gegenseite" quasi Einfluß auf das eigentliche Kursgeschehen nehmen zu können. Mit einem Schmunzeln kann man solche Diskussionen beobachten. Was aber wirklich zählt, ist die Performance basierend auf Prognosegenauigkeit. Wann und auf welchem Kurslevel wurde eine Wende prognostiziert? Kam die Wende tatsächlich zustande? Und liegt Kontinuietät in den Prognosen.

In Sachen Sentiment verfolgen wir vom GodmodeTrader.de eine ganz eigene Herangehensweise. Der Kursverlauf selbst ist unser Sentimentindikator. Der Kurs selbst zeigt den Verlauf und die Art des Sentiments an. Anhand der entstehenden Kursmuster lassen sich die Trendwenden im Sentiment erkennen. Den Verkauf einer SKS Wende sieht "jeder". Hier läßt sich also der Aufbau einer zunehmend bärischen Erwartungshaltung rechtzeitig erkennen. Nehmen wir aber eine relativ angeordnete inverse SKS (inverse SKS als Fortsetzungsformation). Während ihrer Entstehung mitten im Aufwärtstrend liegt eine bullische Erwartungshaltung vor. Fällt der Kurs aber durch die Basislinie dieser Formation, gibt es einen plötzlichen schlagartigen Sentimentwechsel auf bärisch. Kein Wunder also, dass es bei regelwidrig nach unten aufgelösten Formationen zu besonders schnellen und heftigen Kursabschlägen kommt. An schnellen schlagartig zustande kommenden Sentimentwechseln läßt sich besonders gut profitieren.

Rein diskretionär charttechnisch sind die bullischen Muster im CRB Index, der als großer Signalgeber des Rohstoffmarkts gilt, und auch in diversen asiatischen Indizes intakt.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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