Die chinesische Wirtschaft ist wie ein Bambus
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London (BoerseGo.de) - Die Mitte Januar veröffentlichten Statistiken weisen für China ein Wirtschaftswachstum von 7,8 Prozent im vergangenen Jahr aus. Damit bleibt die Wachstumsrate zwar unter den 9,3 Prozent aus dem Jahr 2011, liegt aber immer noch auf einem Niveau, von dem viele westliche Länder nur träumen können. Viele Marktteilnehmer befürchteten einen Nachfrageeinbruch aus den USA, Japan und Deutschland und daher stieg im Laufe des ersten Halbjahres 2012 die Angst vor einer sogenannten „harten Landung“ in China. „Begründet wurde die Angst mit der zu hohen Abhängigkeit von Exporten und Investitionen, der schwachen Binnennachfrage und den Turbulenzen im Häusermarkt. Seltsamerweise aber wurden die exakten Umstände eines solchen Szenarios während der heißen Debatten um das Thema kaum genauer definiert“, sagt Chia Liang Lian, Fondsmanager des Legg Mason Western Asset Asian Opportunities Fund.
Letztendlich sprächen die BIP-Zahlen 2012 nun eher für eine „weiche Landung“ und seien sehr viel weniger spektakulär, als die Pessimisten wahrhaben wollten. Grundsätzlich scheine der Markt in seiner Einschätzung des chinesischen Wachstums tendenziell zwischen zwei Extremen zu schwanken: der Überhitzung (wie etwa im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking) und dem Absturz. „Da historische Referenzwerte fehlen, ist dies in gewisser Hinsicht sogar nachvollziehbar. Noch nie ist ein Schwellenland in der jüngeren Geschichte so schnell und in so kurzer Zeit zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen“, kommentiert Chia Liang Lian. „Wir gehen davon aus, dass sich das BIP-Wachstum Chinas in den nächsten Jahren vermutlich auf etwa sieben bis acht Prozent abschwächt“, heißt es weiter. „Dazu passt der strukturelle Wandel des Landes, das jetzt seine „Take-off-Phase“ mit regelmäßig zweistelligen Wachstumsraten hinter sich lässt und an Reife gewinnt. In dieser Phase liegt der Schwerpunkt stärker auf der Qualität und weniger auf der Quantität des Wachstums“, kommentiert Chia Lian Liang.
Diese Einschätzung solle natürlich nicht von den durchaus realen Risiken ablenken. Je stärker die Welt wirtschaftlich zusammenwachse, desto weniger könne sich China gegen negative externe Einflüsse abschotten. In einem entscheidenden Punkt aber unterscheide sich China von vielen anderen Industrieländern: Es sei bereit und auch in der Lage, die Gesamtnachfrage bei Bedarf anzukurbeln. Möglich sei dies dank der sich verbessernden Fundamentaldaten Chinas wie etwa solideren Staatsfinanzen, Zahlungsbilanzüberschüssen und der gesunkenen Abhängigkeit von externen Finanzierungen. „Entscheidend für längerfristig nachhaltiges Wachstum wird sein, inwieweit die chinesische Führung die längerfristigen strukturellen Herausforderungen annimmt. So muss sie etwa den Inlandsverbrauch fördern, die Infrastruktur entwickeln und der Angst vor der sich öffnenden Einkommensschere begegnen. Wie der eingangs erwähnte Bambus muss die chinesische Wirtschaft also auch künftig relativ schnell wachsen. Sie könnte niedergedrückt werden, wenn der Wind der Weltwirtschaft schärfer wird. Aber solange ihre strukturellen Wurzeln fest genug sind, wird sie nicht zerbrechen“, sagt Chia Lian Liang.
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