Kommentar
08:08 Uhr, 11.04.2016

Die Berichtssaison beginnt - und könnte schlimm werden

Der Markt drehte zu Wochenschluss nach gutem Handelsauftakt wieder nach unten. Das könnte die Nervosität vor der nahenden Berichtssaison sein. Diese beginnt am hetigen Montag und eines kann man jetzt schon sagen: die Zahlen werden nicht schön sein.

Die Gewinnrezession der US-Unternehmen ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Sie wird weltweit diskutiert. Viele erahnen für das erste Quartal nichts Gutes. Es ist auch tastsächlich unwahrscheinlich, dass die Zahlen gut sein werden. Die Frage ist nicht, ob die Zahlen gut oder schlecht sein werden, sondern vielmehr, wie schlecht sie sind.

Für den Einzelhandel ist das erste Quartal ein schwaches Quartal. Das ist vor allem durch die Saisonalität bedingt. Im Jahresendquartal geben Konsumenten wegen der Feiertage und Weihnachten mit Abstand am meisten für Elektronik, Kleidung und andere Konsumgüter aus. Schwäche in diesem Segment ist keine Überraschung. Viel wichtiger ist die Performance von Banken und Rohstoffunternehmen.

Banken sind indirekt von der Malaise des Rohstoffsektors betroffen, da sie in großem Stil Kredite an den Sektor vergeben haben. Banken bilden mehr und mehr Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle. Wie hoch diese ausfallen und wie stark sie auf den Bilanzen lasten, wird das erste Quartal zeigen.

Der Rohstoffsektor durchlebte Anfang des Jahres die schwerste Zeit seit 15 Jahren. Daran ändert auch die Rohstoffrally der letzten Wochen nichts. Im Durchschnitt waren die meisten Rohstoffpreise im ersten Quartal tiefer als in den Vorquartalen. Für viele Unternehmen stellt sich da gar nicht die Frage, wie stark der Gewinn eingebrochen ist, sondern vielmehr, wie hoch der Verlust sein wird.

Wie man es auch dreht und wendet, das erste Quartal wird eine Fortsetzung der Gewinnrezession zeigen. Im Vergleich zum Vorjahr muss mit einem Rückgang des Gewinns von über 10 % gerechnet werden. Die Grafik zeigt das Gewinnwachstum auf Jahressicht für alle US Unternehmen seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Die derzeitige Gewinnrezession ist im Vergleich zu früheren Gewinneinbrüchen noch überschaubar. Der Rückgang wird im Bereich von 15 % liegen. Das ist weit hinter den knapp 90 % zur Zeit der Finanzkrise oder zur Zeit der Jahrtausendwende. Diese beiden Rezessionen gehörten allerdings zu den schwersten der letzten Jahrzehnte. Vergleicht man den derzeitigen Gewinnrückgang mit früheren, „normalen“ Schwächephasen, dann reicht sich die aktuelle Gewinnrezession im mittleren Bereich ein.

Ohne eine wirtschaftliche Rezession gibt es nur ganz selten Gewinnrezessionen. Zuletzt konnte man das Mitte der 80er Jahre beobachten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gewinnrezession auch einen wirtschaftlichen Abschwung anzeigt, liegt bei 80 %. Insofern ist dem Rückgang der Gewinne eine große Bedeutung beizumessen. Unter anderem diese hohe Korrelation veranlasst viele Analysten immer wieder zu Aussagen, dass ein wirtschaftlicher Abschwung in den USA unausweichlich ist.

Die Hinweise für ein eher moderates Wirtschaftswachstum im ersten Quartal haben sich bereits verdichtet. Eine Rezession ist jedoch unwahrscheinlich. Nicht jeder hat das erkannt bzw. will daran glauben. Das kann in diesem Jahr noch zu Überraschungen führen. Das Tal der Gewinnrezession sollte in Q1 2016 erreicht werden. Es kann noch den einen oder anderen Anleger verunsichern, sodass während der Berichtssaison mit Rücksetzern gerechnet werden muss.

Ist diese Berichtssaison erst einmal ausgestanden dürfte sich das Blatt wenden. Bis Ende 2016 und Anfang 2017 werden die Gewinne der US-Unternehmen aller Voraussicht nach wieder deutlich steigen. Im Jahresvergleich Ende 2015 und Ende 2016 (basierend auf Konsensschätzungen) können Anleger mit einem Gewinnwachstum pro Aktie von ca. 10 % rechnen. Der Rückgang der Gewinne in der Abschwungphase wäre somit wieder fast ausgeglichen. Je nach Preisentwicklung von Öl und anderen Rohstoffen sind sogar neue Rekordhochs vorstellbar.

Es handelt sich bei diesem Szenario um die Konsensmeinung von Analysten. Eine Garantie für das Eintreten gibt es nicht. Persönlich kann ich dem Szenario einiges abgewinnen. Merkliche Rücksetzer des Marktes sind Kaufgelegenheiten. Wenn alles „gut“ geht, dann wird es in diesem Quartal aufgrund schlechter Zahlen zu deutlichen Rücksetzern kommen. Die hohe Nervosität des Marktes in den letzten Tagen kann der Beginn dieses Rücksetzers sein.

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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