Fundamentale Nachricht
08:52 Uhr, 14.10.2019

Die Bedingungen für deutsche Ruheständler sind zweitklassig

Niedrige Zinsen und hohe Steuern belasten einer Studie von Natixis Investment Managers zufolge in Deutschland den Ruhestand.

Paris (GodmodeTrader.de) – In Westeuropa finden Ruheständler weltweit die besten Bedingungen für ihren Lebensabend vor. Sieben von zehn der am besten bewerteten Länder liegen in dieser Region. Deutschland belegt Rang 13 und gehört damit nicht zur Spitzengruppe der Top 10. Dies ist eines der Ergebnisse des Global Retirement Index von Natixis Investment Managers. Dieser misst die Qualität des Ruhestands in weltweit 44 Ländern anhand von insgesamt 18 Kriterien. Vor zwei Jahren noch hatte Deutschland auf dem siebten Rang gelegen, wie Natixis in einer Pressemeldung mitteilt.

Die Gesamtbewertung für jedes Land beruhe auf den Daten von vier Sub-Indizes. Hierbei würden das materielle Wohlstandsniveau, das Gesundheitssystem, die allgemeine Lebensqualität sowie die für den Ruhestand relevanten finanziellen Rahmenbedingungen analysiert. Während Deutschland bei den ersten drei Sub-Indizes in der Regel gut abschneide, liege es bei den finanziellen Rahmenbedingungen weit abgeschlagen zurück, heißt es weiter.

„Dieser Subindex erfasst die Solidität des Finanzsystems eines Landes und ermittelt, wie gut die Bevölkerung finanzielle Vorsorge für das Alter treffen und von den Erträgen leben kann. In dieser Bewertungskategorie nimmt die Bundesrepublik lediglich Platz 35 ein. Das schlechte Abschneiden hat vor allem mit der demografischen Entwicklung zu tun. Der arbeitenden Bevölkerung steht in Deutschland ein im internationalen Vergleich hoher Anteil an Ruheständlern gegenüber. Dies wirkt sich negativ auf die Stabilität der Alterssicherung aus“, so Natixis.

In der aktuellen Untersuchung weise Deutschland hier bereits zum dritten Mal in Folge den fünftschlechtesten Wert aller untersuchten Länder auf. „Dies zeigt, dass der privaten Altersvorsorge in Deutschland ein hoher Stellenwert zukommt”, sagte Sebastian Römer, verantwortlich für das Geschäft von Natixis Investment Managers in Zentral- und Osteuropa. „Umlagefinanzierte Systeme stoßen an ihre Grenzen und müssen dringend durch Impluse zur privaten Ruhestandsfinanzierung ergänzt werden.”

Private Vorsorge leide unter niedrigen Zinsen und hohen Steuern Die Bedingungen für die auskömmliche finanzielle Absicherung im Alter seien in Deutschland allerdings alles andere als gut. Dies offenbare auch ein Blick auf die Realzinsen. Hier erreiche Deutschland in diesem Jahr erneut nur einen von insgesamt 100 möglichen Punkten. „Der Anreiz, Rücklagen für das Alter zu bilden, geht im Niedrigzinsumfeld gegen Null”, so Römer. Die Politik der Europäischen Zentralbank ziele darauf, den Konsum anzutreiben. Dies könne kurzfristig zwar die Konjunktur unterstützen. Mittel- bis langfristig fehle das Geld aber für die private Altersvorsorge, heißt es weiter.

Negativ wirke sich zudem die hohe Steuerbelastung hierzulande aus. In diesem Prüfungsfeld sei die Bewertung in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich von 26 auf aktuell 17 Punkte zurückgefallen. Bewertet worden sei die Höhe des gesamten Steueraufkommens im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. „Ein schlechtes Ergebnis bedeutet, dass den Menschen netto weniger Geld für die finanzielle Altersvorsorge zur Verfügung steht. Zudem wird das Alterseinkommen durch eine hohe Steuerlast grundsätzlich negativ beeinflusst“, erklärte Römer.

Deutschland sei traditionell ein Land der Sparer mit einer „Präferenz für liquide und als risikoarm empfundene Anlagen”, wie es die Bundesbank formuliert. Gegenwärtig verwahrten die Deutschen rund 2,5 Billionen Euro weitgehend unverzinst auf Sparkonten oder in bar. „Die mangelnde Investmentkultur wird gerade im Niedrigzinsumfeld zu einer gravierenden Belastung für die private Altersvorsorge”, so Römer. Ohne das Engagement an den Kapitalmärkten werde man seine Sparziele für das Alter nicht erreichen können. Vor diesem Hintergrund gehe es darum, deutlich zu machen, dass die damit verbundenen Risiken über breit aufgestellte und gut diversifizierte Portfolios reduziert werden könnten. „Mit der Diversifikation steht ein fundamentales Anlageprinzip zur Verfügung, das durch die finanzwissenschaftliche Forschung in den vergangenen Jahren im Grundsatz immer wieder bestätigt worden ist”, sagte Römer.

Aktien spielten dabei ebenso eine Rolle wie alternative Renditequellen. Institutionelle Investoren würden diese Quellen in ihren Portfolios bereits verstärkt nutzen. Römer verwies auch auf die Rolle aktiver Manager beim risikokontrollierten Vermögensaufbau. „Nach Jahren kontinuierlich steigender Aktienmärkte scheint das Ende der Fahnenstange vorläufig nun erreicht. Die veränderten Marktbedingungen werden zum Lackmustest für passive Investmentstrategien. In Umbruchphasen des Marktes können wahrhaft aktive Manager ihre Vorteile bei der Erzielung risikokontrollierter Renditen nun hingegen noch besser ausspielen.”

10 Kommentare

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  • Der Sezessionär
    Der Sezessionär

    Der deutsche Bürger will das alles so ! Siehe unten !! Wahlergebniss 2017 2013 !!

    15:52 Uhr, 14.10.2019
  • kingmidas
    kingmidas

    Während viele Rentner in Mülltonnen nach Pfandflaschen suchen um über die Runden zu kommen, diskutiert man hierzulande lieber "dringliche" Themen wie das verbot von Plastikstrohhalmen, Diesel etc.

    Deutschland ist schon seit ende der 90er im Selbstzerstörungsmodus, nur jetzt haben sie dazu noch in den 6.ten Gang geschaltet.

    14:08 Uhr, 14.10.2019
  • Frankey
    Frankey

    soviel zur deutschen Politik (und die Rentenpolitik ist nur ein Negativ-Beispiel...)

    Die Interessen der Sparer (die meisten Bürger) werden nicht vertreten.

    Und mal eben in Aktien zu gehen, können sich die meisten dieser Sparer auch nicht leisten.

    Altersarmut ist abzusehen und wird kommen... Gute Nach Deutschland...

    11:52 Uhr, 14.10.2019
  • sinak
    sinak

    wo finde ich diese liste

    09:37 Uhr, 14.10.2019
  • Der Sezessionär
    Der Sezessionär

    Das ist auch vollkommen in Ordnung so ! Die Deutschen WOLLEN das so !!!!

    Siehe : Man bekommt was man wählt !!

    09:07 Uhr, 14.10.2019
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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