Kommentar
15:39 Uhr, 21.07.2020

Deutschlands Wirtschaft fast wieder auf Vorkrisenniveau

Die Aufholjagd der Wirtschaft ist weit fortgeschritten und das Vorkrisenniveau ist fast wieder in greifbarer Nähe – aber eben nur fast. Jetzt beginnt die harte Arbeit.

Im März glaubte niemand daran, dass die Wirtschaft schnell wieder auf Wachstumskurs sein würde. Es war ein Lehman Brothers Moment. Als Lehman Brothers 2008 bankrottging, fror das globale Finanzsystem ein. Es war ein Super-GAU. 2020 kam es wieder zu so einem Moment, nur war es nicht das Finanzsystem, von dem das Beben ausging, sondern die Realwirtschaft. Keiner wusste, was ein Lockdown mit der Wirtschaft machen und wie lange dieser überhaupt dauern würde. Vier Monate später sind wir um einige Erfahrungen reicher. Die Entwicklung ist dabei in jedem Land etwas anders. Die von der Politik getroffenen Maßnahmen unterscheiden sich ja auch. In vielen europäischen Ländern ist der Verlauf ähnlich zu Deutschland. Ausnahmen bilden vor allem die vom Tourismus abhängigen Länder. Der schwache Sommertourismus lässt sich auch nicht im Herbst nachholen, wenn die sich die Lage weiter entspannen sollte. In Ländern wie Deutschland, die stärker auf die Produktion anstatt auf Dienstleistungen gesetzt haben, normalisiert sich die Lage schnell.

Ein Indikator ist das Lkw-Transportaufkommen. Produktion braucht Input und was einmal produziert ist, muss auch wieder zur Verkaufsstelle transportiert werden. Das Transportaufkommen liegt nur noch 3 % unter dem Vorkrisenniveau (Grafik 1).


Dieser schnelle Rebound unterscheidet sich wesentlich von dem im Jahr 2008. Es ging ein Jahr lang abwärts und es dauerte Jahre bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wurde (Grafik 2). Diesmal geht alles etwas schneller. Es scheint fast so als ob die Krise im Zeitraffer ablaufen würde.

Die Probleme kommen nun aber erst auf uns zu. Das Vorkrisenniveau mag fast wieder erreicht sein, doch der Sprung von „fast“ auf „vollständig“ wird ein sehr anstrengender. Die Mobilitätstrends beginnen abzuflachen (Grafik 3). Das bedeutet, dass die Erholung stockt. Die letzten 5 % zurückzuerobern wird sehr harte Arbeit und keiner weiß, ob das Monate oder Jahre dauern wird.

Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob und wann ein Impfstoff bereitsteht. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Wirtschaft ohne Impfstoff wieder komplett normalisieren wird. Viele Dienstleistungsbereiche, sei es Tourismus, Theater, Kino oder Restaurant, werden ihr Vorkrisenniveau so schnell nicht mehr erreichen. Es reicht, wenn sich 5 % der Bevölkerung, also jeder zwanzigste Bürger, einfach nicht wohlfühlt ins Restaurant zu gehen, wenn der sich das Virus immer noch verbreitet.

Konjunkturprogramme helfen dabei, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Sie können aber nicht dauerhaft 5 % der Wirtschaftsleistung ersetzen. Für viele Länder bedeutet das, dass das Aufholpotential größtenteils ausgeschöpft ist. Viel ist in den kommenden Monaten nicht mehr zu erwarten.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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