Deutschlands Wirtschaft fast wieder auf Vorkrisenniveau
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Im März glaubte niemand daran, dass die Wirtschaft schnell wieder auf Wachstumskurs sein würde. Es war ein Lehman Brothers Moment. Als Lehman Brothers 2008 bankrottging, fror das globale Finanzsystem ein. Es war ein Super-GAU. 2020 kam es wieder zu so einem Moment, nur war es nicht das Finanzsystem, von dem das Beben ausging, sondern die Realwirtschaft. Keiner wusste, was ein Lockdown mit der Wirtschaft machen und wie lange dieser überhaupt dauern würde. Vier Monate später sind wir um einige Erfahrungen reicher. Die Entwicklung ist dabei in jedem Land etwas anders. Die von der Politik getroffenen Maßnahmen unterscheiden sich ja auch. In vielen europäischen Ländern ist der Verlauf ähnlich zu Deutschland. Ausnahmen bilden vor allem die vom Tourismus abhängigen Länder. Der schwache Sommertourismus lässt sich auch nicht im Herbst nachholen, wenn die sich die Lage weiter entspannen sollte. In Ländern wie Deutschland, die stärker auf die Produktion anstatt auf Dienstleistungen gesetzt haben, normalisiert sich die Lage schnell.
Ein Indikator ist das Lkw-Transportaufkommen. Produktion braucht Input und was einmal produziert ist, muss auch wieder zur Verkaufsstelle transportiert werden. Das Transportaufkommen liegt nur noch 3 % unter dem Vorkrisenniveau (Grafik 1).
Dieser schnelle Rebound unterscheidet sich wesentlich von dem im Jahr 2008. Es ging ein Jahr lang abwärts und es dauerte Jahre bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wurde (Grafik 2). Diesmal geht alles etwas schneller. Es scheint fast so als ob die Krise im Zeitraffer ablaufen würde.
Die Probleme kommen nun aber erst auf uns zu. Das Vorkrisenniveau mag fast wieder erreicht sein, doch der Sprung von „fast“ auf „vollständig“ wird ein sehr anstrengender. Die Mobilitätstrends beginnen abzuflachen (Grafik 3). Das bedeutet, dass die Erholung stockt. Die letzten 5 % zurückzuerobern wird sehr harte Arbeit und keiner weiß, ob das Monate oder Jahre dauern wird.
Das hängt im Wesentlichen davon ab, ob und wann ein Impfstoff bereitsteht. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Wirtschaft ohne Impfstoff wieder komplett normalisieren wird. Viele Dienstleistungsbereiche, sei es Tourismus, Theater, Kino oder Restaurant, werden ihr Vorkrisenniveau so schnell nicht mehr erreichen. Es reicht, wenn sich 5 % der Bevölkerung, also jeder zwanzigste Bürger, einfach nicht wohlfühlt ins Restaurant zu gehen, wenn der sich das Virus immer noch verbreitet.
Konjunkturprogramme helfen dabei, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Sie können aber nicht dauerhaft 5 % der Wirtschaftsleistung ersetzen. Für viele Länder bedeutet das, dass das Aufholpotential größtenteils ausgeschöpft ist. Viel ist in den kommenden Monaten nicht mehr zu erwarten.
Clemens Schmale
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