Kommentar
14:36 Uhr, 24.11.2008

Deutschland: ifo Geschäftsklima - Erwartungen signalisieren Ungemach für die Investitionen

1. Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland fällt und fällt. Gemessen am ifo Geschäftsklima sank sie allein im November um 4,4 auf 85,8 Punkte (Bloomberg-Median: 88,7 Punkte; DekaBank: 88,3 Punkte). Die Lagebeurteilung verschlechterte sich um 5,1 auf 94,8 Punkte, die Erwartungen gingen um 3,8 auf 77,6 Punkte zurück. Der Zeiger der ifo-Uhr steht nun klar auf Rezession! Und sie wird schmerzhafter als die letzte im Jahre 2003.

2. Seit Mitte des Jahres wuchsen – gemessen an den ifo Geschäftserwartungen – die Befürchtungen der Unternehmen, dass Deutschland in eine Rezession abgleiten könnte. Doch erst jetzt beginnt die Befürchtung der Erkenntnis zu weichen, dass die Rezession da ist. So berichten immer mehr Unternehmen von unvermeidbaren Produktionsdrosselungen und Auftragsstornierungen. Was in der Automobilindustrie begann strahlt nun über die Vorleistungsgüterproduzenten und Ausrüster auf die Gesamtwirtschaft aus. Dass in einem solchen Umfeld die ifo Lagebeurteilung merklich zurückgeht, ist unvermeidlich. Unklar ist aber, warum so viele Unternehmen so lange in der Illusion lebten, auf dem Rücken ihrer Auftragsbestände weitgehend unbeschadet durch die Krise zu kommen.

3. Einen erneuten Rückgang der Geschäftserwartungen auf ein Allzeittief hatten wir befürchtet, dass es nochmals so stark abwärts gehen würde sprengte unser Vorstellungsvermögen. Die Botschaft könnte klarer nicht sein: Den Unternehmen brechen die Exporte weg und den Vorleistungsgüterproduzenten die Endabnehmer. Somit befinden sich die Nachfrage und die Geschäftserwartungen unverändert im Sturzflug. In einem solchen Umfeld wird nicht investiert. Warum sollte ein Unternehmen seine Produktionskapazitäten erweitern, wenn es fürchtet, diese nicht auslasten zu können? Wir erwarten schon jetzt einen Rückgang der Investitionen in Ausrüstungen um 10% im kommenden Jahr. Wenn es sich beim Kollaps der ifo Geschäftserwartungen nicht um Übertreibungen handelt, dann ist ein noch größerer Rückgang zu befürchten.

4. Wie geht es weiter? Das ifo Geschäftsklima wird auch in den kommenden Monaten sinken. Selbst wenn sich die Geschäftserwartungen auf diesem traurigen Niveau stabilisieren, wird die Lagebeurteilung noch spürbar zurückgehen müssen. Denn gemessen am langjährigen Mittel ist sie immer noch nur leicht unterdurchschnittlich.

5. Die Konjunktur befindet sich in einer Rezession. Das ist klar. Jetzt stellt sich lediglich die Frage nach der Tiefe und der Länge der Rezession. Bislang ist noch kein Indikator veröffentlicht worden, der berechtigte Hoffnungen auf ein frühes Ende oder eine milde Rezession machen würde. Wir gehen derzeit noch davon aus, dass die Rezession nur etwas schärfer als im Durchschnitt der vorangegangenen Rezessionen sein wird, dafür aber länger andauern wird. Hinsichtlich der Stärke des Einbruchs muss man aber nach den heutigen Daten, aber auch nach den Einkaufsmanagerindizes vom Freitag ein Abwärtsrisiko konstatieren. Bislang erwarten wir eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr um 1,2%.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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