Kommentar
11:28 Uhr, 28.03.2019

Deutschland: eine gute und eine schlechte Nachricht

Von der deutschen Konjunkturlokomotive spricht schon lange niemand mehr. Bei einem Nullwachstum wäre das auch anmaßend. Es gibt neben dieser schlechten Nachricht (Wachstum) auch eine gute.

Die gute und die schlechte Nachricht sind eng miteinander verbunden. In beiden Fällen geht es um den Außenhandel. Dieser machte vor allem Schlagzeilen, weil der Exportmotor stottert. In den letzten Monaten stagnierten die Exporte (Grafik 1).

Exporte sind ein wichtiger Wachstumstreiber in Deutschland. Wachsen die Exporte schneller als die Importe, trägt dies zum Wachstum bei. Die Wirtschaftsleistung misst, was tatsächlich produziert wurde. Dazu gehören neben Waren auch Dienstleistungen. Exportgüter werden in Deutschland hergestellt, aber in anderen Ländern gekauft. Das steigert die Wirtschaftsleistung.

Umgekehrt senken Importe diese. Es sind Güter, die in anderen Ländern hergestellt werden, aber hierzulande verkauft werden. Steigen die Importe in einem Monat von 100 Mrd. auf 110 Mrd. und bleiben die Exporte bei 100 Mrd. konstant, dann kann man vereinfacht sagen, dass das die Wirtschaftsleistung um 10 Mrd. senkt.

Derzeit steigen die Importe schneller als die Exporte. Das drückt das Wirtschaftswachstum. Das bedeutet natürlich nicht, dass es Deutschland deswegen viel schlechter geht. Der Arbeitsmarkt brummt und die Löhne steigen. Die Wachstumszahlen zeigen zwar nach unten, doch wirklich dramatisch ist das nicht.

Vielmehr zeigt das Beispiel, dass Wachstumszahlen auch den falschen Eindruck vermitteln können. Es wird zwar hierzulande etwas weniger produziert, doch auch Güter aus dem Ausland, die hier verkauft werden, schaffen Arbeitsplätze. Die Güter müssen erst einmal importiert, transportiert und dann verkauft werden. Solange die heimische Produktion nicht komplett durch ausländische ersetzt wird, sind bei so geringen Veränderungen wie derzeit keine Katastrophen zu befürchten.

Die Wachstumszahlen werden vorerst moderat bleiben. Das gilt solange bis sich der Export wieder erholt. Die niedrigen Wachstumszahlen sind für die heimische Wirtschaft aktuell noch nicht negativ. Erfreulicher wäre natürlich höheres Wachstum.

Dass die Wirtschaft überhaupt noch wächst, trotz des negativen Handelsbeitrags, liegt an der robusten Konjunktur im Inland. Es wird mehr konsumiert. Das ist auch ein Grund für das anhaltende Wachstum bei den Importen.

Der Außenhandelstrend sagt im Prinzip nur Eines: Exporte leiden, weil es im Ausland nicht rund läuft, die Importe steigen, weil es in Deutschland selbst nach wie vor gut läuft. Unterm Strich führt das zu einer Verringerung der Handelsbilanz (Grafik 2).

Der immer größer werdende Überschuss ist vielen ein Dorn im Auge, seien es die USA oder auch der Internationale Währungsfonds. Jetzt kann Deutschland erst einmal durchatmen. Wegen einer robusten Binnenkonjunktur verringert sich das Ungleichgewicht. Das wurde jahrelang gefordert. Das ist die gute Nachricht. Deutschland dürfte vorerst wegen der Überschüsse weniger in der Schusslinie stehen.

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4 Kommentare

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  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    Das ist doch erfreulich wenn der Überschuss sinkt

    12:17 Uhr, 28.03.2019
  • netzadler
    netzadler

    Der Staat tritt als nachfrager auf, insbesondere die enormen Leistungen im Umfeld flüchtlingszuzug heben das bip seit einiger zeit künstlich, soll das nachhaltig sein ? also bitte

    12:13 Uhr, 28.03.2019
  • The Secessionist
    The Secessionist

    😊 ". Exportgüter werden in Deutschland hergestellt, aber in anderen Ländern gekauft. Das steigert die Wirtschaftsleistung "

    Vor allem steigert es das Target 2 Bilanzdefizit ........😉

    11:56 Uhr, 28.03.2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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