Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – Starkes drittes Quartal erwartet
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
1. Die Schnellschätzung des statistischen Bundesamtes eines Wachstums des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal um 0,3 % qoq wurde heute bestätigt und durch die Veröffentlichung der Details konkretisiert. Die dahinter liegenden Geschichten haben wir schon im Kommentar zur Schnellschätzung dargelegt, weshalb nun der Blick nach vorne im Zentrum steht.
2. Eines vorweg: Wir haben unsere BIP-Prognosen deutlich nach oben genommen und erwarten in diesem Jahr eine Schrumpfung um 4,6 % und im kommenden Jahr ein Wachstum von 1,2 %. Diese veränderte Sichtweise resultiert teils aus Revisionen der Vergangenheit, teils aber auch aus höheren Erwartungen für die kurzfristige Konjunkturentwicklung. Der Blick auf die statistischen Überhänge wichtiger Konjunkturindikatoren macht deutlich, mit welcher Schubkraft die deutsche Volkswirtschaft in das neue Quartal startet. So würde beispielsweise die Produktion im produzierenden Gewerbe selbst bei Stagnation während des gesamten dritten Quartals in selbigem um 1,3 % qoq zulegen.
3. Wie sieht das dritte Quartal also aus? Wir gehen von einer Expansion des Bruttoinlandsprodukts um gut 1,4 % qoq aus. Dieses für deutsche Verhältnisse starke Plus resultiert in erster Linie aus einem starken Impuls von den Exporten. Schon jetzt beträgt der statistische Überhang über 4 % qoq bei der nominalen Warenausfuhr und angesichts der globalen Frühindikatoren kann sogar noch mehr erwartet werden. Dieser weltwirtschaftliche Frühling ist in hohem Maße den Konjunkturpaketen zu verdanken, die rund um den Globus beschlossen wurden. Hierbei spielt aus deutscher Sicht die oftmals kopierte Abwrackprämie eine wichtige Rolle: So kann der Umfang der geförderten Pkw-Käufe bei voller Ausschöpfung in allen Ländern mehr als 16 % der letztjährigen Weltautomobilproduktion betragen. Das zeigt sich auch in den Auslandaufträgen der Automobilindustrie, die im zweiten Quartal um 24 % qoq anstiegen (Inlandsbestellungen: 2,9 % qoq). Die Bewährungsprobe für die globale Konjunktur steht allerdings noch aus: Wenn mehrheitlich Ende nächsten Jahres die Stimuli der Konjunkturpakete auslaufen, muss die Weltwirtschaft zeigen, dass sie auch ohne diese Aufputschmittel bestehen kann.
4. Die Importe werden zwar im dritten Quartal ebenfalls spürbar wachsen, doch in geringerem Umfang als die Exporte, sodass ein merklicher Stimulus vom Außenbeitrag übrig bleiben wird.
5. Auch im dritten Quartal werden Hiobsbotschaften vom Konsum noch ausbleiben. Noch immer zeigen sich die Konsumenten von dem vergleichsweise moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit weitgehend unbeeindruckt, noch immer schieben Automobilkäufe den Konsum. Perspektivisch droht hier jedoch Ungemach, denn der Arbeitsmarkt wird sich weiter verschlechtern und mit ihm die Einkommenssituation der Haushalte sowie ihre Konsumfreude. Die Abwrackprämie wird sich spätestens ab dem ersten Quartal 2010 als Bumerang erweisen, denn die – gewollt – vorgezogenen Kraftfahrzeugkäufe werden in der Zukunft als Nachfrage fehlen.
6. Die Bauinvestitionen dürften zwar schwach in das dritte Quartal gestartet sein (Unterhang der Produktion im Bauhauptgewerbe), doch die Entwicklung der Auftragseingänge ist ermutigend. Insbesondere im Wohnungsbau zeigte sich aufgrund der Förderung der energetischen Sanierung (Konjunkturpaket I) bislang ein Anstieg um 13,6 % qoq, insgesamt um 5,1 % qoq. Perspektivisch dürften die Mittel für Infrastrukturinvestitionen aus dem Konjunkturpaket II zusätzlich Wirkung entfalten.
7. Die Ausrüstungsinvestitionen werden im laufenden Quartal wieder über der Nulllinie liegen. Zwar haben sich die Unternehmenserwartungen spürbar verbessert, doch angesichts der horrenden Unterauslastung der Produktionskapazitäten denken die Unternehmen derzeit kaum an Erweiterungsinvestitionen. Allenfalls Investitionen im Zusammenhang mit Rationalisierungen, dem Ersatz veralteter Maschinen oder Produktinnovationen werden wohl durchgeführt werden.
8. Die Lagerinvestitionen werden im dritten Quartal nach dem starken negativen Wachstumsbeitrag des zweiten Quartals (-1,9 %-Punkte) wieder zum Wachstum beitragen. Die Vorproduktlager werden wieder aufgefüllt und die Nachfrage nicht mehr aus den Fertigwarenlagern bedient, sondern durch Produktion.
9. Die Rezession ist also zu Ende, das dritte Quartal wird ein hervorragendes Wachstum ausweisen, und dennoch gibt es weiterhin gute Gründe, vorsichtig zu bleiben. Wie der Arbeitsmarkt laufen auch die Unternehmensinsolvenzen der Konjunktur hinterher und könnten zu einer neuerlichen Bewährungsprobe für die Banken werden. Auch die Rückführung der Staatsdefizite und Schuldenstände sowie der hohen Liquidität müssen noch gemeistert werden. Die Erholung hat begonnen, doch für sie gilt „per aspera ad astra“ (sinngemäß: Auf rauen Wegen gelangt man zu den Sternen).
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.