Deutschland: BIP - Ein vermeintliches Superquartal
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1. Eine faustdicke Überraschung brachte das deutsche Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal. Statt des erwarteten Wachstums um 0,7% qoq (Bloomberg-Median, DekaBank) wurde ein Anstieg um 1,5% qoq gemeldet. So stark nahm das Bruttoinlandsprodukt im Vorquartalsvergleich zuletzt im zweiten Quartal 1996 zu.
2. Wie üblich handelt es sich bei den heutigen Daten um eine Schnellschätzung, bei der keine Details bekannt gegeben werden. Dennoch lassen sich auf Basis der veröffentlichten Indikatoren Aussagen über die Quellen des Wachstums machen.
3. Die wichtigste Botschaft vorweg: Das erste Quartal war schlechter als es auf den ersten Blick aussieht. Ein wesentlicher Wachstumstreiber waren wohl die Bauinvestitionen. Diese waren durch eine ungewöhnlich milde Witterung begünstigt, welche es erlaubt hatte, die vorhandenen gewerblichen und öffentlichen Aufträge früher im Jahr als üblich abzuarbeiten. Rund ½ Prozentpunkt trugen die Bauinvestitionen zum Wachstum bei. Dieser Stimulus ist aber eine Eintagesfliege und stirbt schon im kommenden Quartal. Dann werden die Bauinvestitionen merklich zurückgehen.
4. Die Exporte nahmen wohl erneut spürbar zu. Überdurchschnittlich starke Zuwächse bei der Warenausfuhr gab es in Europa außerhalb der EU, in den OPEC-Staaten, Asien und auch in den USA! Von hohen Exportzuwächsen muss man sich aber wohl vorläufig verabschieden, denn die Exporte zehrten noch von den starken Auslandsaufträgen aus dem letzten Jahr. Die Abschwächung der Weltwirtschaft trifft nun die deutschen Exporteure. Man sieht dies schon heute an den Auftragseingängen aus dem Ausland, die im ersten Quartal um 2,5% qoq sanken. Der Euro kann es allerdings noch (!) nicht gewesen sein, denn der Auftragsrückgang kam fast ausschließlich aus der Eurozone (-5,0% qoq). Da aber die Importe weitaus kräftiger zunahmen, bremste der Außenbeitrag massiv um rund 0,7 Prozentpunkte. Der stärkste Importzuwachs kam aus den OPEC-Staaten: Als im Januar der Ölpreis sank, stiegen die Importe aus dieser Region um über 34% mom an. Dies legt den Schluss nahe, dass Rohöllager aufgefüllt wurden.
5. Daneben muss es aber auch zu einem weiteren Lageraufbau gekommen sein. Wir gehen von einem sehr hohen Wachstumsbeitrag der Lagerinvestitionen aus, der sich aber ebenfalls in den Folgequartalen korrigieren wird.
6. Die Ausrüstungsinvestitionen nahmen trotz der Abschaffung der degressiven Abschreibungen zum 1.1.2008 merklich zu. Eigentlich müsste man schreiben „wegen der Abschaffung der degressiven Abschreibungen“, denn die Nachfrage nach Investitionsgütern war wohl zum Jahresende 2007 zu groß, um sie noch rechtzeitig abarbeiten zu können. So schob sich der Nachfrageimpuls noch in das laufende Jahr hinein. Doch schon das zweite Quartal wird einen Dämpfer bringen, denn nun wirken sich die vorgezogenen Investitionen, die verschlechterten Abschreibungsbedingungen und die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung erst einmal bremsend aus. Der Rückgang der Inlandsaufträge der Investitionsgüterproduzenten um 1,9% qoq im ersten Quartal unterstreicht dies.
7. Der Private Konsum schließlich nahm nach dem starken Rückgang im Schlussquartal 2007 nun wieder etwas zu (Schaubild E, Anhang). Während die revidierten Einzelhandelsumsätze auf ein starkes Plus hindeuteten, mahnte der Bloomberg-Einkaufsmanagerindex für den Einzelhandel zur Vorsicht. Etwas weniger Inflation und ein bisschen höhere Löhne eröffneten den Haushalten einen Konsumspielraum.
8. Das erste Quartal ist zahlenmäßig stark, doch die Zusammensetzung des Wachstums offenbart Schwächen. Einmaleffekte beim Bau trieben das Wachstum an, der Außenbeitrag fiel als Wachstumsstütze aus, der Konsum konnte nicht in die Bresche springen und der hohe Lageraufbau schreit nach einer Korrektur. Man sollte sich daher schon jetzt auf eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal einstellen. Dessen schon eingedenk revidieren wir unsere Prognose des Bruttoinlandsproduktswachstums für 2008 von 1,6% auf 2,1%. Eine endgültige Prognoserevision werden wir nach Vorliegen der Detaildaten vornehmen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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