Fundamentale Nachricht
11:50 Uhr, 01.11.2021

Deutsches BIP: Es mangelt an Vorprodukten

Die deutsche Industrie kämpft laut Martin Moryson, DWS-Chefvolkswirt Europa, mit einem Mangel an Vorprodukten aller Art.

Bislang läuft die deutsche Wirtschaft gut. Optisch ist das Wachstum für das dritte Quartal, das das Statistische Bundesamt mit 1,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal angegeben hat, eine Enttäuschung im Vergleich zu der von Experten erwarteten Wachstumsrate von 2,2 Prozent. Aber ganz so einfach ist es nicht: Die beiden Vorquartale wurden nach oben revidiert – kräftig vor allem das zweite Quartal mit 0,3 Prozentpunkten.

Auch wenn bisher keine detaillierten Daten vorliegen, kann man davon ausgehen, dass das Wachstum auch in diesem Quartal wieder maßgeblich vom Konsum getragen wurde. Noch können die Konsumwünsche alle erfüllt werden, aber das kann sich bald ändern. Sorgen bereitet dabei weniger der Dienstleistungssektor. Schließlich haben die Koalitionäre in spe bereits weitgehend restriktive Maßnahmen ausgeschlossen. Sollten die Infektionszahlen noch einmal kräftig ansteigen und Lockdowns oder Ähnliches nötig werden, wird es vermutlich nur Ungeimpfte treffen. Die wirtschaftlichen Folgen wären überschaubar, die Impfquote könnte dann sicherlich auch noch einmal steigen.

Sorgen bereitet vielmehr die Industrie. Sie kämpft mit einem Mangel an Vorprodukten aller Art. Bisher konnten viele Unternehmen noch auf ihre Vorräte zurückgreifen, seien es Fertigwaren, die aus der „Lockdownzeit“ noch im Regal schlummerten, seien es Vorprodukte. Nun aber dürften die Lager vielerorts erschöpft sein. Außerdem setzen den Unternehmen die hohen Energiekosten und der Mangel an Fachkräften zu. Während sich die Energiepreise früher oder später wieder normalisieren dürften, bleibt uns demographisch bedingt der Fachkräftemangel auf Jahre erhalten. Die Wachstumszahlen in den kommenden Quartalen - und Jahren - dürften also deutlich schwächer ausfallen als die heute gemeldeten 1,8 Prozent.

Auch die Zahlen zum Wirtschaftswachstum in den anderen Ländern ergeben ein recht gemischtes Bild: Während die französische Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau faktisch wieder erreicht hat, wird dies Italien aller Wahrscheinlichkeit erst Anfang kommenden Jahres gelingen – genau wie Deutschland. Und das, obwohl diese Länder weit tiefer gefallen waren in der Corona-Pandemie. Nur die spanische Wirtschaft scheint hinterherzuhinken: Sie liegt immer noch mehr als sechs Prozent unter ihrem Vorkrisenniveau und es sieht nicht so aus, als würde sich diese Lücke im kommenden Jahr schließen.

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