Fundamentale Nachricht
12:41 Uhr, 10.02.2023

Deutlich verbesserte Aussichten für asiatische Schwellenländer

Laut Björn Jesch, Chefanlagestratege bei der DWS, dürfte China beim Wachstum die Eurozone und die USA 2023 deutlich hinter sich lassen.

Die Börsen sind äußerst optimistisch in das Jahr 2023 gestartet. Die Frage ist, ob dieser Optimismus dem Realitätscheck im Laufe des Jahres standhalten kann. „Maßgeblich für die Beantwortung dieser Frage wird sein, ob es den Zentralbanken – insbesondere der US-Notenbank – gelingen wird, die Inflation zu zähmen, ohne dass die Wirtschaft in eine ausgewachsene Rezession schlittert. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen“, sagt Björn Jesch, Global Chief Investment Officer. Zumal die Märkte in den USA in diesem Jahr noch mit Zinssenkungen rechneten. Jesch: „Hier dürfte das größte Enttäuschungspotenzial liegen. Wir erwarten für die USA im Jahr 2023 keine Leitzinssenkung.“

Dank der wirtschaftlichen Wiederbelebung in China hätten sich die Wachstumsaussichten für die asiatischen Schwellenländer deutlich verbessert. „Wir erwarten, dass die Unternehmensgewinne dort in den kommenden zwei Jahren doppelt so schnell wachsen wie im Rest der Welt“, sagt Jesch. Trotz des schon erheblichen Aufschwungs in den letzten Monaten seien Aktien aus Schwellenländern immer noch attraktiv.

Konjunktur: China dürfte die Eurozone und die USA 2023 deutlich hinter sich lassen

  • Die Eurozone auf dem Siegertreppchen mit einem Wachstum von 3,5 Prozent, vor China (3,0 Prozent) und den USA (2,1 Prozent). So lautet die doch etwas erstaunliche Wachstumsrangliste für das Jahr 2022.
  • Im laufenden Jahr dürfte China die beiden westlichen Konkurrenten dank des post-Covid-Aufschwungs und eines anziehenden Konsums deutlich hinter sich lassen.

Inflation: Zenit überschritten, aber immer noch viel zu hoch

  • Die Inflationsraten sind sowohl in den USA als auch in Europa gesunken, sind aber nach wie vor so hoch, dass wir es für unwahrscheinlich halten, dass die Zentralbanken schon in diesem Jahr mit Zinssenkungen starten.
  • In Europa ist die Kernrate der Inflation (ohne Energie und Lebensmittel) – anders als in den USA – im Januar sogar gestiegen.

Zinspolitik: Notenbanken dürften Leitzinsen weiter erhöhen

  • Die Zentralbanken der USA, der Eurozone und Großbritanniens haben in der letzten Januarwoche die Leitzinsen weiter erhöht.
  • Das dürfte noch nicht das Ende des Zinserhöhungszyklus sein. Wir erwarten angesichts des nach wie vor hohen Inflationsniveaus, dass die Notenbanken im März die Zinsen ein weiteres Mal anheben werden.

Aktien
Philipp Schweneke, Co-Head europäische Aktien

Europäische Nebenwerte aussichtsreich

Die ersten Wochen des Jahres warenverheißungsvoll – Kursgewinne auf breiter Front. Die Chancen, dass sich dieser Aufschwung über das Jahr hinweg so ungebremst fortsetzen wird, sind allerdings eher gering. Ein guter Start in ein Aktienjahr sagt nichts über dessen weiteren Verlauf aus. Diese vorsichtige Einschätzung hat maßgeblich mit den Gewinnperspektiven der Unternehmen zu tun. Die Gewinnspannen haben im Jahr 2022 historische Höchststände erreicht. Viele Unternehmen haben es geschafft, ihre Margen trotz der gestiegenen Inflation auszuweiten, weil sie in der Lage waren, ihre Preise entsprechend hochzusetzen. Dies dürfte sich 2023 nicht wiederholen lassen, die Dynamik bei den Unternehmens-gewinnen dürfte schwinden. Diese Aussagen treffen primär für die großen Aktienwerte zu.

„Deutlich positiver ist die Situation bei Nebenwerten, insbesondere bei europäischen“, sagt Philipp Schweneke, Co-Head europäische Aktien. Diese dürften durch eine weniger defensive Sektorgewichtung, ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum und eine wahrscheinliche Erholung der Bewertungen angetrieben werden. „Nebenwerte können in Zeiten erhöhter Inflation die höheren Kosten tendenziell besser weitergeben und haben in der Regel einen stärkeren Fokus auf den heimischen Markt. Somit können sie besser vom nominalen Wachstum profitieren“, so Schweneke. Dazu komme, dass ihre Verschuldungskennzahlen relativ zu Standardwerten besser ausfielen als in der Vergangenheit und sie deshalb weniger unter den höheren Zinsen litten.

Anleihen

Unternehmensanleihen der Eurozone nach wie vor im Fokus

Anleihen haben Anlegern in den ersten Wochen des neuen Jahres deutlich positive Wertentwicklungen beschert. Ein wesentlicher Grund: Die Märkte setzten auf eine rasche geldpolitische Lockerung der US-Zentralbank Fed noch in diesem Jahr, was zu fallenden Renditen und steigenden Kursen führte. Dass es so kommt, ist allerdings alles andere als eine ausgemachte Sache. Denn so lange es nicht gelingt, die Inflationsraten deutlich und nachhaltig zurückzuführen, ist es wenig wahrscheinlich, dass die US-Notenbank kurzfristig vom Zinserhöhungs- in einen Zinssenkungspfad umschwenkt.

Die zuletzt gesehenen leichten Inflationsrückgänge sind noch kein Zeichen für eine Entwarnung, zumal sie viel mit Basiseffekten zu tun haben, die sich so nicht wiederholen werden. Wir favorisieren nach wie vor Unternehmensanleihen der Eurozone mit Investment-Grade-Rating. Die Neuemissionstätigkeit hat sich seit Jahresbeginn deutlich verlangsamt, was bereits zu einem Kursanstieg geführt hat. Da die Anleger nach wie vor über viele liquide Mittel verfügen, dürfte die Nachfrage hoch bleiben und damit die Kurse stützen. Bei Hochzinsanleihen aus den USA und der Eurozone rechnen wir mit erhöhten Marktschwankungen.

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