Kommentar
00:00 Uhr, 04.09.2007

Derivate, Trader und Terminmärkte - Die Spekulationsfunktion

Findigkeit einzelner Kapitalanleger bei der Ausschau nach Investitionsgelegenheiten, unterschiedliche Risikoneigungen und Ungleichverteilung des Wissens und Könnens unter den Menschen allgemein bereiten den Boden für die Teilnahme an Spekulationsgeschäften in und zwischen den internationalen Finanz- und Terminmärkten. – Was aber kennzeichnet zunächst den Begriff des Spekulanten?

In der alltäglichen Anschauung wird der Spekulant häufig als ein Mensch verstanden, der – im Sinne eines glückspielerischen Hasardeurs – von bloßer Gewinnsucht beherrscht sein Geld in moralisch anrüchiger Weise investiert und dabei nicht selten Preistreibereien Vorschub leistet – alles in der Hoffnung auf schnelle Kurssteigerungen. Selbst in den USA, wo der Begriff der Spekulation mit weniger Argwohn betrachtet wird als hierzulande, wird der Spekulant mitunter mit dem Namen "player" ("Spieler") bedacht, heißt meist jedoch eher gehoben Trader.

Nach dem lateinischen Wortstamm (von speculari, »spähen, beobachten«) lässt sich ein Spekulant begrifflich präzise umschreiben als "ein Mann, welcher von einem erhöhten Standpunkt aus in die Ferne späht", und weiter, "jemand, welcher neue und unbekannte Wege und Gegenden für das große Heer der Handelstreibenden ausfindig macht und absucht".

(Jean Gustave Courcelle-Seneuil (1813-1892), Professor der Nationalökonomie und französischer Staatsrat)

Ein Spekulant kann daher bezeichnet werden als eine planvoll handelnde, vom Gewinnstreben beseelte Person, die in Märkten gezielt nach lukrativen, zumeist kurzfristigen Investitionsgelegenheiten Ausschau hält und die hiernach ihr Risikokapital auf der Grundlage der gesammelten Wissensvorsprünge zum Einsatz bringt. Demzufolge unterscheidet sich der Spekulant offensichtlich von einem Glücksspieler* ("Zocker"): Ersterer handelt wohlüberlegt, indem er seinen Investitionsentscheidungen ökonomische Ursachen, und hierbei insbesondere eine Analyse von verschiedenartigen Preisdeterminanten zugrunde legt. Letzterer hingegen sucht das Risiko willkürlich nach der Augenblicksstimmung auf, handelt gleichsam wahllos "aus dem Bauch" heraus, um dadurch vor allem seine Spielleidenschaft zu befriedigen. Richtet sich hingegen das Motiv für eine Investition vornehmlich auf die Erzielung eines langfristigen und stetigen Einkommens, so wird in diesem Zusammenhang meist von einem (Kapital-) Anleger und seinen Investmentstrategien gesprochen.

[* Grundsätzlich erzeugen erdachte Spiele bewusst Risiko (was zugleich den Reiz von Glücksspielen ausmacht), während ohnehin gegebene realwirtschaftlich Risiken Spekulation erst ermöglichen.]

Strategien, Ziele und Bedeutung des Tradings

Wer spekuliert, will gewinnen. Spekulationsgewinne indes sind von anderen erst zu erhandeln. Im Streben nach Verwirklichung von Spekulationsgewinnen hält der findige Investor Ausschau nach Unterschieden zwischen Kaufpreisober- und Verkaufspreisuntergrenzen von Investitionsobjekten zu seinen Gunsten, die es durch Tätigwerden in Märkten geldlich auszuwerten lohnt. Für ihn gilt die altüberkommene Weisheit: "Kaufe billig und verkaufe teuer!"*. Ziel seiner Bemühungen ist es also, über die künftige Realisierung erwarteter Markteinschätzungen einen finanziellen Vorteil (mehr Einkommen) zu erlangen. Das finanzielle Ergebnis (Gewinn oder Verlust, vor Steuern) aus einer spekulativen Positionierung in den Terminmärkten beruht dabei jedes Mal auf der verwirklichten Differenz zwischen Kaufkurs und Verkaufskurs einer (zumeist sehr kurzfristig angelegten) Investitionshandlung, bereinigt um allfällige Brokergebühren, Zinsaufwand und sonstige Handelskosten. Eine Besonderheit, welche die internationalen Derivatemärkte zu bieten haben, verkörpern Spreads und vergleichbare kombinierte Positionen. Hierbei hofft der Spekulant von Änderungen in der Kursdifferenz zu profitieren, die sich zwischen relativ ähnlichen, in einzelnen Ausprägungen ökonomischer Merkmale gleichwohl unterschiedlichen Engagements in Finanzderivaten einspielt.

[* Geschieht dies praktisch gleichzeitig, so handelt es sich hierbei um eine sogenannte Arbitrage. Arbitrage im weiteren Sinne umfasst die Spekulation als Ausnutzen von zeitlichen Preisunterschieden.]

Im börslichen Terminhandel ist es – anders als z.B. am deutschen Aktienkassamarkt, und daher für den Neuling womöglich gewöhnungsbedürftig – problemlos möglich, in Erwartung nachgebender Kurse anfangs zunächst Terminkontrakte leer zu verkaufen (= Short) und nach gewisser Zeit dann einen entsprechenden eindeckenden Kauf folgen zu lassen ("bearish"-Strategie)* wie es ebenso gut möglich ist, wie üblich umgekehrt in Erwartung steigender Kurse erst den Kauf (= Long) und danach den Verkauf zu tätigen ("bullish"-Strategie). Durch ein späteres Gegengeschäft im Terminmarkt können Marktakteure ihr bisheriges Engagement nahezu jederzeit mit Leichtigkeit wieder beenden, sich dadurch ihres Marktrisikos entledigen und auf diese Weise gleichzeitig erwirtschaftete Gewinne realisieren bzw. auflaufende Verluste begrenzen**. Zugleich werden sie durch solch ein einfach einzurichtendes Gegengeschäft von jeglicher weiteren persönlichen Haftung aus dem eingangs begründeten Termingeschäft befreit. Die jeweiligen Positionen gelten hiernach als final geschlossen. Die Reihenfolge, in der Käufe und Verkäufe in den Zukunftsmärkten statthaben, verschlägt an dem erzielten finanziellen Ergebnis demnach nichts. Es herrscht insofern vollständige Gleichrangigkeit in der Verfahrensweise (Vgl. hierzu auch: Wertpapierleihe).

[* Anmerkung: Da bei Termingeschäften der tatsächliche Vollzug der Vertragserfüllung durch Lieferung, Abnahme und Bezahlung des Handelsgegenstandes erst in der Zukunft ("zum Termin") vorgesehen ist, kann es durchaus vorkommen, dass der Verkäufer von Derivaten Waren veräußert, die er zum Zeitpunkt des Handelsabschlusses noch gar nicht besitzt bzw. die in der Form noch gar nicht körperlich zu existieren angefangen haben.]

[** Notwendige Voraussetzung hierfür ist jedoch ein gut funktionierender, liquider Markt, in dem Gegengeschäfte zu jeder Zeit und zu fairen Preisen möglich sind.]

Gewinnbringende Spekulationen in den Terminmärkten sind vornehmlich zurückzuführen auf eine zutreffende Antizipation künftiger Kursentwicklungen durch frühzeitiges Erkennen und profitables Ausnutzen von Gewinnchancen aufgrund vermuteter Fehleinschätzungen des Marktes hinsichtlich fundamentaler Werte ("Ungleichgewichtspreise"). Das In-Erscheinung-Treten derartiger Fehlbeurteilungen wiederum lässt sich i.d.R herleiten von a.) Marktunvollkommenheiten, b.) den dadurch bedingten Unsicherheit und c.) dem eingangs angeführten ungleich verteilten Wissen und Können ("asymmetrische Informationen") unter den einzelnen Käufern und Verkäufern. Spekulanten in den Zukunftsmärkten verneinen damit zugleich aber die von der Finanzierungstheorie aufgestellte These, dass der derzeitige Terminkurs als empirische Markterscheinung die bestmögliche Markteinschätzung des künftigen Kassakurses widerspiegelt (Konsensuspreis).

Korrigiert der Markt nach Einnahme einer spekulativen Positionierung wie erwartet solche vermeintlichen Fehleinschätzungen über die Kursentwicklung, so resultieren daraus unmittelbar Spekulationsgewinne. Erweisen sich die Prognosen – welche häufig allein auf verwirklichten Marktpreisen basieren – indes als falsch, drohen empfindliche Verluste. Gewinne oder Verluste sind demzufolge das Ergebnis des in Märkten bewerteten Handelns. Dem Erwirtschaften von Gewinnen und Verlusten in Rivalität mit anderen und die hierdurch ausgelösten Wissensänderungen unter den teilnehmenden Spekulanten kommt somit gleichsam die Bedeutung eines qualitativ hochwertigen "Entdeckungsverfahrens" zu; denn im Bestreben nach Gewinnerzielung werden den anderen Marktteilnehmern als Parallelerscheinung über publizierte Börsenpreise Informationen vermittelt, wo im Einzelnen vermeintliche Möglichkeiten zur Gewinnerzielung sich darboten bzw. Verluste drohten. Die hierdurch angelockten Spekulanten werden sodann ihrerseits jede lohnenswert erscheinende Gelegenheit zum eigenen Vorteil zu nutzen suchen, dabei auf der Ebene eines Wettbewerbs als gemeinwohlfördernde Begleiterscheinung das Preisgefüge nivellieren* und somit letztlich zu einer sinnvollen Umverteilung knapper Ressourcen in einer Volkswirtschaft beitragen (allokationsverbessernde Wirkung).

[* Dies schließt kurzfristig zu beobachtende Übertreibungen infolge von angespannten Situationen in den Derivatemärkten ("overshooting", "Überschießen") nicht aus. Abgesehen davon darf nicht von vornherein ethisch wertend davon ausgegangen werden, dass starke Preisschwankungen grundsätzlich verwerflich seien.]

Verwirklichte und ausgewiesene Spekulationsgewinne bzw. -verluste erzeugen demnach über die Publizität des Preisgeschehens ein Signal an das übrige Marktpublikum, wo sich erfolgreiche Investitionsgelegenheiten boten bzw. verlustbringende bevorstanden oder solche in Zukunft denkbar sind. Da andererseits aber das nachhaltige Erzielen von Gewinnen im Wettbewerb umso eher versanden wird, je leichter erfolgreiche Handelstechniken von Rivalen nachzuahmen sind, wird der kundige Spekulant tunlichst darauf achten, einträgliche Investitionen vor anderen zu verbergen. Marktunvollkommenheiten bewirken überdies, dass nicht alle Signale zwangsläufig auch immer verlässliche Signale aussenden, und so bestimmen häufig einfach Glück oder Pech zu einem großen Teil mit, wem der Gewinn letztlich zufällt. Unzuverlässige Signale führen damit oftmals zu Fehlurteilen über die Erwartungen anderer Marktteilnehmer, welche die Vernünftigkeit der eigenen Anlageentscheidung mindern. Letztlich jedoch hängt der Erfolg eines jeden spekulativen Engagements entscheidend von den geistigen Fähigkeiten der einzelnen Akteure zur Prognose über die künftige Marktentwicklung und der zutreffenden Einschätzung ihrer Folgen ab.

Ganz gleich, wie man persönlich zu ihnen steht: Spekulierende erfüllen eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion. Erst die ständige Bereitschaft dieser ungleich großen Gruppe von Marktteilnehmern ("player") betriebliche Risiken von Produzenten und von deren Abnehmern (Hedger) zu übernehmen, gewährleistet kontinuierlich liquide und damit hinreichend effiziente Märkte. Zudem wird den Spekulanten oftmals eine preisstabilisierende, dämpfende Funktion zugeschrieben, die gerade bei überraschend eintreffenden, richtungsweisenden Nachrichten über nicht vorhersehbare (nicht eingeplante), kursbeeinflussende Fremdereignisse ("shocks", nicht antizipierte drastische Veränderungen des wirtschaftlichen Umfeldes) wirksam wird. Eine zweifellos hilfreicher Umstand für die Erfüllung der Spekulanten beigemessenen ökonomischen Aufgabe ist eine vorgelagerte Standardisierung von Handelsinstrumenten, so etwa das Angebot an normierten Produkten an den Terminbörsen, wie Futures und Optionen. Hierdurch wird insbesondere die Möglichkeit einer nahezu jederzeitigen reibungslosen, flexiblen und kostengünstigen Loslösung von einer zuvor eingeleiteten Risikoposition geschaffen, verwirklicht durch einen Umsatzakt, indem sich der Markthandelnde eines weiteren Börsengeschäfts, dem sog. "Gegengeschäft", bemächtigt – was offensichtlich die Attraktivität der Märkte spürbar hebt.

Anders als Hedger und die meisten Arbitrageure nehmen Spekulanten an den Terminbörsen bei den Erwägungen zur Umsetzung ihrer Transaktionen zumeist nur ein laues Interesse an der Lieferung der den einzelnen Terminkontrakten bzw. Optionen zugrunde liegenden effektiven Werte ("underlying assets"). Letztere wünschen vielmehr, durch eine entscheidungsbezogene, kalkulierte und bewusste Inkaufnahme von Risiken (Wagnis) an dem Auf und Ab der Kursenotierungen von Finanzderivaten zu partizipieren. Aus diesem Grunde werden Termingeschäfte rechtlich auch als Differenzgeschäfte bezeichnet. Übertragen auf die Ebene von Zahlungsströmen gilt dabei Folgendes: Abgesehen von allfälligen Transaktionskosten ist bei Geschäften mit unbedingten Finanzderivaten, wie z.B. Futures oder Forwards, der Gewinn der einen Marktseite im Saldo gleichgestellt dem Verlust der anderen Marktseite (Nullsummenspiel)*. Ein Mehr hier geht also immer auf Kosten eines anderen, womit die Chancen praktisch in etwa gleich verteilt wären. Terminpositionen erheischen dabei prinzipiell eine durchgehende Überwachung; denn sie sind nicht nur regelmäßig von völliger Entwertung bedroht, sondern können nach einer Schieflage schlechterdings auch weit darüber hinausreichende Verluste eintragen.

[* Man beachte indes, dass auf gesamtwirtschaftlicher Ebene hierbei dennoch positive, da gemeinwohlfördernde Effekte entstehen. Stichworte hierzu sind: Steigerung der Marktliquidität, Abbau von Informationsasymmetrien, Separation von Risiken, Verbesserung der Risikoallokation und der Faktorverwendung.]

Das treibende Motiv zum Handel mit Derivativen Instrumenten besteht für den Spekulierenden vor allem darin, mit relativ geringem eigenen Geldeinsatz unter Nutzung der Chancen auf Vermögensmehrung bei bereits geringfügigen Kursänderungen an günstigen, zumeist kurzfristigen Kursentwicklungen des Terminmarktgeschehens zu partizipieren (Ausnutzung des sog. Hebel- oder Leverage-Effekts). Aufgrund der enormen Hebelwirkung von Derivaten sind manchenorts in schwankungsanfälligen ("volatilen") Terminmärkten auf den hinterlegten Ersteinschuss ("inital margin") bezogene Gewinne von teilweise mehreren 100 Prozent innerhalb kürzester Zeit keine Seltenheit. Dieser Effekt wird noch verstärkt durch geringe An- und Verkaufskosten, die für ein Engagement in Börsentermingeschäften nötig sind. Die von allen Akteure geringsten Transaktionskosten entrichten indessen die direkt auf dem Börsenparkett tätigen Spekulanten: Diese bezeichnet man gemeinhin als "floor broker", "floor trader" oder "locals".

Im Wahrnehmungsfeld der breiten Öffentlichkeit werden Termingeschäfte oftmals pauschal als über alle Maßen zu riskant abqualifiziert. Diese ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungene Kritik zeichnet indes ein einseitiges Bild über die Praxis und zeugt damit von einer völligen Verkennung ihres Wesens. Sie stützt sich nämlich lediglich auf ganz bestimmte Formen von Termingeschäften, wie z.B. Short-Futures, Short Forwards und Short-Optionen als singuläre Positionen, deren Verlusthöhe, für sich allein betrachtet, theoretisch nicht spezifizierbar ist und damit praktisch bis ins Uferlose reichen kann. Danach nimmt es nicht Wunder, dass angesichts der mit der Spekulation in Finanzderivaten verbundenen Komplexität sowie der daraus resultierenden spezifischen Verlustgefahren Derivativgeschäfte in fast allen Ländern einer besonderen Aufsicht und Reglementierung unterliegen. So ist etwa jeder Privatanleger, der in Deutschland Börsentermingeschäfte abzuschließen wünscht, nach § 37d Gesetz über den Wertpapierhandel ("Wertpapierhandelsgesetz" = WpHG; früher § 52 ff. BörsG) von Gesetzes wegen gehalten, sich zum eigenen Schutze über spezielle Risiken im Zusammenhang mit Termingeschäften grundlegend und in verständlicher Sprache schriftlich zuvor allgemein aufklären zu lassen (Termingeschäftsfähigkeit "kraft Information", individuelle Risikoaufklärung).

Offensichtlich stellen aber nicht die einzelnen Finanzderivate an sich die Gefährdung dar, vielmehr wird erst mangelndes Gefahrenbewusstsein und der leichtfertige Umgang damit zur Gefahr. Erfahrene Spekulanten sind infolgedessen bestrebt, Verlustrisiken durch ausgeklügelte Techniken im Vorfeld so weit wie möglich zu begrenzen. So kann beispielsweise schon der gezielte Einsatz des Spektrums an Orderarten das Risiko von bis in den persönlichen Ruin reichende Verlusten bei einem Fehlschlag an den Zukunftsmärkten drastisch mindern. Ein weiteres Instrumentarium zur Risikobegrenzung verkörpern Optionen, die riskanten Position dagegen gehalten werden. Finanzinstitute und institutionelle Investoren schützen sich gegen Risiken nebstdem durch Anwendung bewährter risikopolitischer Instrumente. Durch den Einsatz separater Kontrollsysteme soll zusätzlich zu bestehenden Sicherungssystemen den aus dem Handel mit Derivaten resultierenden Risiken zu begegnen gesucht und diese in ihren Folgen weithin eingegrenzt werden. Doch trotz aller Sicherungsvorkehrungen lässt sich nie gänzlich ausschließen, dass ein ungelöster Rest von Gefahren bleibt.

Planvoll eingesetzt, lässt sich mit Hilfe von derivativen Finanzinstrumenten im Zusammenspiel mit anderen Formen der Geldanlage im Rahmen des Gesamtportefeuilles ("asset-allocation") tatsächlich nahezu jede beliebige "Risiko-Rendite-Kombination" verwirklichen. So lässt sich zum Beispiel das sog. systematische Risiko (Marktrisiko) eines Wertpapierportfolios, das mit konventionellen Anlageinstrumenten allein nicht weiter diversifizierbar ist, mittels Futures weiter reduzieren oder sogar gänzlich ausschalten (Hedging; Verringerung des sog. "net exposure"). Auch können Index-Terminkontrakte einem bestehenden Aktienportfolio beigesteuert werden, um so von erwarteten Kurssteigerungen im Aktienmarkt überproportional zu profitieren (ggf. unter Erhöhung des "net exposure"). Die Erschließung neuer Wege durch die finanzwirtschaftliche Forschung begleitet von Fortschritten auf dem Gebiete der Informationstechnologie werden das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten an derivativen Finanzinstrumenten in Zukunft noch zusätzlich erweitern. Der Schlussstein ist hier also lange noch nicht gesetzt. Derivative Instrumente zählen somit heutzutage zweifellos zu den unerlässlichen Bestandteilen eines jeden modernen Investment- und Portfoliomanagements.

Der Zeithorizont im Trading und Teilnehmergruppen am Terminhandel

Der Zeithorizont eines Traders kann bisweilen extrem kurzfristig sein, angefangen von wenigen Sekunden ("scalping") oder einige Minuten unter ständigem Abwägen von Augenblickschancen bis zu Stunden ("intraday-trading") – aber auch, wenngleich nur vereinzelt – längere Zeiträume abdecken, die sich dabei über mehrere Wochen oder seltener gar über Monate erstrecken ("position-trading" oder "long-duration trading").

Genauer: Scalper handeln als Mitglieder der Börse i.d.R. direkt auf dem Parkett ("locals", "Börsenkulisse"), wodurch sich insbesondere die sonst üblichen Gebühren einsparen lassen. Scalper erhoffen, über berufsbedingte Wissensvorsprünge Spekulationsgewinne dadurch zu erzielen, dass sie früher als andere von marktrelevanten Tatsachen erfahren. Hierzu kaufen und verkaufen sie in mitunter großer Zahl Terminkontrakte für nur sehr kurze Zeiträume in einem fort und versuchen dabei, auch kleinste Kursdifferenzen (bis zu 1 "tick") gewinnbringend auszunützen. Dies kann zuweilen soweit gehen, dass sie quasi gleichzeitig relativ hohe "bids" und relativ niedrige "offers" akzeptieren, womit sie praktisch zu Arbitrageuren werden. Durch ihre Aktivitäten tragen Scalper in gewichtiger Weise zu einer Erhöhung der Liquiditätslage der Terminmärkte bei.

Daytrader sind ebenfalls kurzfristig orientierte Spekulanten, die fast nie zu Beginn und am Ende eines Börsentages offene Positionen besitzen. Daytrader agieren mit der Entwicklung und Verbreitung elektronischer Handelssysteme zunehmend auch außerhalb des Börsenparketts, doch handeln sie nicht in der Häufigkeit wie es Scalper tun. Position-Trader dagegen versuchen nach Möglichkeit vollständig von längerfristigen Trends in den Terminmärkten entweder mittels gewöhnlicher Long- oder Short-Positionen ("Outrightgeschäfte") oder aber über Spreads zu profitieren. Aufgrund der längerfristigen Orientierung sind die Gewinne pro Kontrakt zumeist größer als dies bei Daytrader oder gar bei Scalper der Fall ist. Auch spielen bei Position-Tradern die Transaktionskosten eine weniger bedeutende Rolle als bei den anderen Gruppen von Tradern.

Aus theoretischer Sicht betrachtet lässt sich ein Engagement in Terminkontraktgeschäften trotz limitierter Laufzeit einzelner Kontrakte bis ins Endlose fortsetzen. Um beispielsweise einen langfristig stabilen Trend wahrzunehmen, werden die bestehenden standardisierten Fristen transformiert, indem in steter Folge der nahe Terminmonat i.d.R. noch vor dem "first notice day" unter gleichzeitigem Aufbau einer neuen Position im nachfolgenden Terminmonat glattgestellt ("roll-over", oder "switching" genannt) wird. Da sich aufgrund der oftmals mangelnden Liquidität bei Wahl der späteren Terminmonate und der grundsätzlichen Befristung von Terminkontrakten im Normalfall die Spekulation unter Aufrecherhaltung einer Position über einen längerfristigen Zeitraum verbietet, ist die im Terminmarkt weitaus häufigste anzutreffende Art von Handel die kurzfristig angelegte Spekulation.

Zur Erwirtschaftung von Erträgen aus Termingeschäften ist – neben einem gehobenen Maß an Erfahrung, Selbstdisziplin, Wissen sowie einer raschen Auffassungsgabe – eine minuziös geplantes und äußerst geschicktes, akkurates "Timing" unerlässlich: So reicht es demnach nicht, bloß die Kursrichtung und das mögliche Ausmaß der Kursänderung zutreffend zu prognostizieren; vielmehr ist auch der Zeitraum, innerhalb dessen die erhoffte Kursbewegung eintreffen soll, mit klarem Blick in die Zukunft richtig vorherzusehen (sog. taktische Asset Allocation).

Fazit: Im Vergleich mit den anderen aktiv beteiligten Gruppen in den Börsenterminmärkten (Hedger, Arbitrageure) üben Spekulanten regelmäßig den größten Einfluss auf die Kursentwicklung aus. Die von den Spekulanten hierbei ausgehenden enormen Beträge an Risikokapital bewirken zugleich eine Konsolidierung der finanziellen Mittel über eine im Umfang begrenzte Zahl an ausgewählten Terminkontrakten und Optionen und tragen damit im Ergebnis nicht nur zu einer Erhöhung der Liquidität in diesen Marktsegmenten bei, sondern führen im Ganzen auch zu einer Vervollständigung der Märkte für Unsicherheitsübernahmen. Dies begründet zugleich auch das solide Fundament, auf dem die wirkungsvolle Nutzung der Terminmärkte zur Absicherung von Kursrisiken beruht (Motiv der Wertesicherung, Hedging): Volkswirtschaftlich gegebene Risiken lassen sich bei Bedarf marktgerecht bewerten und sich so kostengünstig und auf einfache Weise gegen eine angemessene Renditeerwartung an die Gruppe der Spekulanten umverteilen. Nicht zuletzt spiegelt sich in der Effizienz von Kurssicherungsgeschäften die zentrale ökonomische Bedeutung wider, die von Spekulanten in den Terminmärkten für eine Volkswirtschaft insgesamt ausgeht.

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Autor: Bert H. Deiters - Experte für Futures bei GodmodeTrader.de

Bert H. Deiters studierte Wirtschaftswissenschaften in Essen, ist European Merchant und Futures- und Options-Broker nach US-amerikanischem Recht (National Commodity Futures Exam der NFA) sowie Honorardozent für Finanzwirtschaft. Nach seinem Studium spezialisierte er sich im Bereich des Investmentbanking auf die Analyse und das Management von Finanzderivaten sowie den Handel mit Futures und Optionen und ist dort derzeit in unabhängiger Beratungsfunktion sowohl für private Investoren als auch für Finanzdienstleistungsunternehmen tätig.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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