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08:01 Uhr, 18.03.2016

Der Weltwirtschaft droht eine Rezession

Die niedrigen Rohstoffpreise führen nach Ansicht des britischen Vermögensverwalters LGIM zu zunehmenden Kreditausfällen.

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    Kursstand: 6.205,00 € (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

London (GodmodeTrader.de) - Währungsabwertungen und zunehmende Kreditausfälle im Zuge von Insolvenzen werden neben Deflation und einer weiter wachsenden Verschuldung im laufenden Jahr das wirtschaftliche Geschehen rund um den Globus bestimmen. Als Folge davon droht der Weltwirtschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ausgeprägte Wachstumsschwäche, eventuell könnte sie sogar in eine Rezession rutschen. Zu dieser Einschätzung kommen die Experten des britischen Asset-Managers Legal & General Investment Management (LGIM). Sie gehen in ihrem Anleihenausblick darauf ein, dass Japan und die Eurozone ihre geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen (quantitative easing) dazu nutzen werden, um den Yen beziehungsweise Euro abzuwerten.

Auch viele Schwellenländer hätten in den vergangenen Monaten den Außenwert ihrer Währungen sinken lassen. „Es ist eine vergleichsweise billige Methode, um die Wettbewerbsfähigkeit auf den Exportmärkten zu verbessern“, schreiben die LGIM-Analysten. „Aber am Ende ist das ein Nullsummenspiel, weil Volkswirtschaften, deren Währungen an den US-Dollar gekoppelt ist, die Verlierer sind.“ Dennoch sehen sie im laufenden Jahr vor allem den Renminbi als Abwertungskandidaten, da die chinesische Landeswährung gegenüber dem Dollar in den vergangenen Monaten per saldo sogar leicht aufgewertet ist, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit Chinas verschlechtert hat.

Gleichzeitig erschwert es die Wachstumsschwäche Chinas sowohl dem Staat als auch privaten Unternehmen, die hohen Kredite zu bedienen, mit denen der wirtschaftliche Aufschwung des Landes in der vergangenen Jahre finanziert wurde. „Die politischen Entscheidungsträger stehen daher vor einem Balanceakt“, so die LGIM-Experten. „Auf der einen Seite müssen sie die Zinsen und Kapitalanforderungen für Unternehmen senken, um die Kreditbedingungen für die Binnenwirtschaft zu verbessern - was zwangsläufig zu einer schwächeren Währung führt. Auf der anderen Seite wollen die politisch Verantwortlichen keine Spekulationen über eine Abwertung schüren. Denn dies könnte zu einer Kapitalflucht führen, was den noch sehr fragilen, aber gleichzeitig wichtigen Immobilienmarkt treffen würde.“ Ein einmaliger, starker Abwertungsschritt wie er im vergangenen Sommer vollzogen worden ist, scheidet nach Ansicht der LGIM-Strategen aus politischen Gründen aus.

In Erwartung einer Renminbi-Schwäche könnten jedoch andere Schwellenländer damit beginnen, ihre Währung abzuwerten, weil sie Wettbewerbsnachteile gegenüber den chinesischen Exporten fürchten. Die Folge wäre den LGIM-Experten zufolge eine neue Deflationswelle und eine Verschärfung der weltweiten Verschuldungssituation. „Und das ist das Letzte, was die Welt braucht“, so das LGIM-Team. Denn schon jetzt drückt viele Unternehmen in den Emerging Markets, die sich in den vergangenen Jahren zunehmend Kredite im Ausland beziehungsweise an den internationalen Kapitalmärkten aufgenommen, eine steigenden Schuldenlast, weil sie ihre Einnahmen überwiegend in inländischer Währung erzielen. Oder die Erlöse von dollarbasierten Auslandsgeschäften sind wegen der sinkenden Preise auf den Weltmärkten eingebrochen, so wie das vor allem bei Rohstoffunternehmen der Fall ist.

Mit dem Problem sinkender Rohstoffpreise haben allerdings auch Unternehmen in den entwickelten Industrieländern zu kämpfen, die in rohstoffnahen Branchen tätig sind. Die LGIM-Experten verweisen darauf, dass Ende 2015 rund zehn Prozent der Anleihenemissionen im US-Hochzinsindex, zu Kursen von weniger als 60 Prozent gehandelt wurden - der weit überwiegende Teil von Schuldnern aus dem Energiesektor oder Basisindustrien. Anfang 2014 lag dagegen der Preis nur von zwei Prozent aller Anleihen unter dieser Kursmarke. Das deutet den LGIM-Experten zufolge darauf hin, dass sich die Schuldenfähigkeit vieler Emittenten verschlechtert hat und sich der Markt auf höhere Ausfälle einstellt. „Da mit einem Anziehen der Rohstoffpreise in den kommenden Monaten nicht zu rechnen ist, erwarten wir, dass die Ausfallraten am US-Hochzinsmarkt in den kommenden zwölf Monaten bei rund acht Prozent liegen wird.“

Eine Schwäche der Schwellenländer, zunehmend verschlechterte Kreditbedingungen und steigende Ausfälle bei Unternehmensanleihen - dies zusammengenommen erhöht für die LGIM-Experten das Risiko, dass die Weltwirtschaft 2016 weniger als zwei Prozent wächst - was nach ihrer Definition bereits einer Rezession gleichzusetzen ist. Dieses Basisszenario hat ihnen zufolge eine Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent. „Die Annahme für eine Rezession mag auf den Blick recht drastisch erscheinen. Allerdings sollte man dabei berücksichtigen, dass sich damit ein Wachstum verlangsamt, das in früheren Jahren nur bei 2,5 Prozent lag“, so die LGIM-Analysten. „Und die Risiken wie höhere Ausfälle in Folge der schwachen Rohstoffpreise und einer möglicherweise von China ausgehenden Destabilisierung sind vorhanden.“

Ein alternatives Szenario der LGIM-Experten sieht vor, dass der Konsum in den Industrieländern steigt. Dies könnte die Schwäche der Schwellenländer abfedern und gleichzeitig dazu führen, dass die Rohstoffpreise ihren Boden finden. Diesem Szenario gibt LGIM jedoch nur eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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