Kommentar
09:44 Uhr, 08.10.2024

Der stärkste Bullenindikator

Ein Szenario, wonach die Aktienkurse um rund 20 % einbrechen könnten, ist nicht auszuschließen. Aber aus meiner Sicht spricht vor allem ein besonders bullischer Indikator dagegen.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 5.695,94 Pkt (Cboe) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Nasdaq-100
    ISIN: US6311011026Kopiert
    Kursstand: 19.800,74 Pkt (Nasdaq) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 5.695,94 Pkt (Cboe)
  • Nasdaq-100 - WKN: A0AE1X - ISIN: US6311011026 - Kurs: 19.800,74 Pkt (Nasdaq)

Keine Frage, wenn DAX, Dow und alle anderen Indizes, die jüngst neue Hochs erreicht haben, wieder unter ihre alten Hochs zurückfallen, entstünden bärische Fehlausbrüche, die weitere Kursverluste nach sich ziehen könnten. Und womöglich fallen die Kurse dann so stark, wie es der Kollege projiziert hat. Ausschließen kann man so ein Szenario nie.

Angesichts der geopolitischen Lage (Konfrontation zwischen dem Westen und Russland bzw. China, der Eskalation im Nahen Osten), der Konjunkturschwäche in China und Europa sowie dem möglichen Nachlassen der KI-Euphorie als wichtigen Kurstreiber gibt es sogar einige fundamentale und stimmungstechnische Gründe für dieses Szenario.

Aber es gibt auch positive Aspekte: Zunächst sind die genannten Belastungsfaktoren schon lange bekannt oder offensichtlich. Sie sollten also weitgehend eingepreist sein. Trotzdem erreichten einige Indizes die erwähnten neuen Hochs.

Zudem sinken weltweit Inflation und Zinsen – ein positiver Einfluss auf die Aktienmärkte. Und die Angst vor einer Rezession in den USA, die noch Anfang August mitverantwortlich für einen crashartigen Kurseinbruch war, scheint verflogen – zumal die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA (Einkaufsmanagerindizes und Arbeitsmarktzahlen) überwiegend besser und zum Teil besser als erwartet ausgefallen sind.


Hinweis: Dieser Beitrag ist erstmals am 07.10. im Newsletter "Börse Intern" von Stockstreet erschienen. Möchtest auch Du diese Infos bereits am Vorabend, direkt nach Börsenschluss und bequem in Dein Postfach? Dann geht es hier zur Anmeldung.


Diese beiden Charts sind jetzt entscheidend!

Aber gut, über all das kann man unter Umständen auch anderer Meinung sein (z.B. sind auch die fallenden Zinsen längst ein „alter Hut“). Für mich ist daher aktuell ein Indikator entscheidend, der sich erstmals seit sehr langer Zeit bullish präsentiert, und das zugleich ungewöhnlich stark.

Dazu die beiden folgenden Charts:

Statischer Chart
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So hat der US-Leitindex S&P 500 jüngst ein neues Hoch erreicht, während der Nasdaq 100 in der großen Kurslücke unterhalb seines Hochs und an der runden 20.000-Punkte-Marke gescheitert und damit wieder ein gutes Stück von neuen Hochs entfernt ist.

Der Nasdaq 100 gilt – nicht ganz zu Unrecht – als Tech-Index, und tatsächlich zeigen die Charts der richtigen Tech-Indizes ähnliche Kursverläufe. Der Tech-Sektor hinkt also trotz der jüngsten Erholung von Nvidia und Co. dem breiten Markt weiter hinterher.

Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort

Nun ist allerdings der Tech-Sektor im S&P 500 bekanntlich am höchsten gewichtet. Per 30.09. betrug dieses Gewicht 31,7 %, also fast ein Drittel! Wenn aber der Tech-Sektor schwächelt und dennoch ein derart starkes Gewicht im S&P 500 hat, wie kann es dann sein, dass der S&P 500 trotzdem auf neue Hochs gestiegen ist und nicht von den schwachen Tech-Werten gedrückt wurde?

Die Antwort auf diese Frage kann nur lauten, dass offenbar andere Aktien bzw. Sektoren die Schwäche des Tech-Sektors nicht nur kompensierten, sondern so überstrahlten, dass der Kurs nach oben ausbrach.

Und tatsächlich haben längst andere Sektoren den Tech-Sektor in der Rangliste der Relativen Stärke von den vorderen Plätzen verdrängt. So liegen aktuell Versorger und Finanzwerte dank der (Erwartung von) sinkenden Zinsen ganz vorn. Aus dem gleichen Grund liegt mittlerweile auch der Immobiliensektor mit dem Tech-Sektor fast gleichauf, zudem zeigen Basiskonsumgüter seit einiger Zeit eine hohe Stärke.

Der Favoritenwechsel an den Aktienmärkten ist da!

Mit anderen Worten: Die Favoriten der Investoren haben gewechselt. Statt weiterhin der „Tech only“-Strategie anzuhängen, stellen sie sich inzwischen breit(er) auf.

Aber das würden sie doch nicht tun, wenn sie für den Gesamtmarkt bärisch wären! Diese Rotation ist ein starkes Indiz dafür, dass die Börsianer die Rally längst noch nicht abgeschrieben haben, sondern unter anderen Vorzeichen fortsetzen wollen!

Und das – die Divergenz zwischen S&P 500 und Nasdaq 100 – ist für mich derzeit der stärkste bullische Indikator, den es gibt. Auch, weil diese Divergenz so ungewöhnlich, fast schon einzigartig ist. Der Grund: Die Dominanz der Tech-Werte in den vergangenen Jahren und im Gegensatz dazu die relative Schwäche der anderen Sektoren degradierte den S&P 500 lange Zeit zum bloßen Anhängsel des Tech-Sektors bzw. des Nasdaq 100.

Nun hat sich der S&P 500 endlich von dieser Abhängigkeit gelöst, und auf welche Weise er das getan hat, ist ganz klar bullisch.

Worauf Du Dich nun gefasst machen musst

Falls diese Stärke und der Ausbruch im S&P 500 Bestand haben, sollten Sie sich auf zwei weitere Besonderheiten gefasst machen: Erstens könnte das übliche Tief der Herbstkorrektur im Oktober ausfallen, das nach den durchschnittlichen saisonalen Kursverläufen im Oktober zu erwarten ist, und zweitens könnte damit die Jahresendrally schon begonnen haben, die erst nach einem markanten Oktobertief zu erwarten wäre.

Vielleicht halten Sie dieses bullische Szenario für unwahrscheinlich und glauben eher an die bärische Version meines Kollegen. Dann sollten Sie allerdings hoffen, dass nicht auch noch der Nasdaq 100 nach oben ausbricht! Denn wenn das geschieht – also die Tech-Werte auch nur halbwegs zu ihrer alten Stärke zurückkehren –, dürften die Kurse kein Halten mehr kennen…

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Über den Experten

Torsten Ewert
Torsten Ewert
Experte für langfristige Geldanlage

Torsten Ewert hat nach dem legendären Crash von 1987 die Welt der Börse für sich entdeckt – und nach und nach alle Möglichkeiten ausprobiert, die sich engagierten Privatanlegern im Lauf der Jahre anboten: Zunächst neben Aktien also vor allem Hebelprodukte, wie Optionsscheine und Zertifikate, später dann auch Futures, Optionen und CFDs. Seit inzwischen mehr als 15 Jahren arbeitet er erfolgreich als hauptberuflicher Trader, hauptsächlich mit Aktien und Aktienoptionen. Torsten Ewert macht seinen reichen Erfahrungsschatz auch anderen Anlegern zugänglich. So betreut er seit mehr als 10 Jahren erfolgreich zwei Börsenbriefe für langfristige, strategische Geldanlagen, die sich nach wie vor hoher Wertschätzung durch seine Leserinnen und Leser erfreuen. Darüber hinaus gibt Torsten Ewert auch Seminare und hält Vorträge zu verschiedenen Börsenthemen. Bei stock3 wird Torsten Ewert sein geballtes Wissen als Trademate mitbringen und im Service das Depot Supertrend-Aktien führen.

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