Kommentar
12:12 Uhr, 17.03.2022

Der S&P 500 bleibt auf der Kippe

Den Beginn der Zinswende hat der S&P 500 gut verkraftet. Wie nachhaltig die am Ende recht positive Reaktion der Anleger ist, bleibt abzuwarten. Viele Probleme bleiben.

Im internationalen Vergleich zeigen sich US-Indizes wieder einmal als Hort der Stabilität. Zugegeben, die Technologiebörse Nasdaq zeigt bei ihrem Hauptindex seit Jahresbeginn ein Minus, welches größer ist als das beim DAX. Der S&P 500 hingegen hat nur gut die Hälfte dessen verloren, was der Nasdaq 100 eingebüßt hat und im Vergleich zu europäischen Indizes ist die Volatilität in den USA deutlich geringer.

Dennoch lässt sich der Abwärtstrend seit Jahresbeginn nicht ignorieren. Korrekturen kann es zu jeder Zeit geben, auch in einem grundsätzlich intakten Bullenmarkt. Aufgrund des nur sehr kurzen Einbruchs im März 2020 kann man sogar argumentieren, dass sich der S&P 500 immer noch in dem Bullenmarkt befindet, der 2009 begann. Sämtliche Korrekturen und Crashs wirken im Vergleich zu den zwei Bärenmärkten zur Jahrtausendwende und 2008/09 wie Lappalien.

So wird auch diese Korrektur zu Ende gehen. Die Frage ist nur, geht sie als Korrektur zu Ende oder als Bärenmarkt. Probleme bleiben. Die Zinskurve ist sehr flach und eine Inversion (langfristige Zinsen tiefer als kurzfristige) ist greifbar. Eine solche Inversion geht einer Rezession um mehrere Quartale voraus. Der Aktienmarkt wiederum tendiert dazu zu steigen, bis die Zinskurve von ihrem Tief wieder steigt (Grafik 1).

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Aus diesem Blickwinkel sollte der Bullenmarkt eigentlich noch Luft nach oben haben. Allen ist aber klar, dass die jüngsten Ereignisse negativ auf die Wirtschaft wirken werden. Die Gewinne der Unternehmen werden deutlich weniger schnell steigen oder sogar zeitweise fallen.

Dieser Umstand scheint bereits eingepreist zu sein. Auf Jahressicht weist der S&P 500 eine positive Performance auf. Im Vergleich zum erwarteten Gewinnwachstum auf Sicht der kommenden 12 Monate ist die Korrektur überzogen (Grafik 2). Würden die Gewinne von US-Unternehmen nun im kommenden Jahr stagnieren, muss der S&P 500 nicht zwangsweise fallen.

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Die Lage ist jedoch dynamisch und in einzelnen Regionen der USA sinken die Erwartungswerte für die wirtschaftliche Aktivität. In der Region New York sind sie z.B. relativ schwach und die Korrelation der Erwartungswerte zum S&P 500 ist hoch (Grafik 3). Gemessen an dieser Entwicklung könnte der S&P 500 auch ein wenig tiefer stehen als in diesen Tagen.

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Aus wirtschaftlicher Sicht steht der Index auf der Kippe. Es kann sich nach wie vor in beide Richtungen entwickeln. Für Anleger macht das die Entscheidung nicht einfacher. Auch aus technischer Sicht gibt es kein klares Kaufsignal. Dieses ist gegeben, wenn weniger als 20 % der Aktien oberhalb ihres 200-Tagedurchschnittes notieren (Grafik 4). Das war bisher nicht der Fall. Anleger haben nicht kapituliert.

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Im Gegensatz zu früheren Korrekturen ist aber auch dieser Indikator nicht ohne Vorsicht zu genießen. Über 10 % der S&P 500 Unternehmen sind in den Bereichen Öl, Gas und anderen Rohstoffen tätig. Dieser Sektor boomt. Solange die Krise anhält, bleibt das so. Wenn 10 % der Aktien praktisch nicht unter ihre 200-Tagelinie fallen können, wird es beim Gesamtindex schwer, dass weniger als 20 % der Aktien oberhalb der Linie stehen. So oder so, eine Entscheidung steht noch an und die Würfel sind noch nicht gefallen, auch wenn positive Tage und Signale wie zuletzt diesen Eindruck erwecken.

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1 Kommentar

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  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Dieses Jahr, wird es noch eine Überraschung geben... und ich denke nicht, dass das vielen gefallen wird...

    14:10 Uhr, 17.03.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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