Kommentar
14:20 Uhr, 04.01.2022

Der Shutdown ohne Shutdown

Ein neues Jahr hat begonnen, ein neues Pandemiejahr. Von Routine kann allerdings keine Rede sein. Was jetzt kommt, ist zwar nicht vollkommen neu, aber anders.

Über Omikron wird seit Wochen berichtet. Die Variante ist deutlich ansteckender als vorherige Varianten. Die Verbreitung von Delta verlief langsamer als die von Omikron (Grafik 1). In Südafrika wurde Delta innerhalb von ca. drei Wochen komplett von Omikron abgelöst. Der Trend in den USA oder Deutschland zeigt ebenfalls eine beschleunigte Verbreitung.

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Das ist bemerkenswert, denn ein Großteil der Bevölkerung ist in jedem dieser Länder geimpft oder genesen. Trotzdem explodieren die Fallzahlen wie in keiner der bisherigen Wellen (Grafiken 2 und 3). Regionen, in denen Omikron noch nicht dominant ist, werden wohl noch folgen.

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Das stellt die Welt vor eine neue Herausforderung. Dabei geht es nicht nur um das Gesundheitssystem, sondern die Wirtschaft. Obwohl die Welt seit Quartalen unter Lieferkettenproblemen leidet, scheint sich niemand darüber Sorgen zu machen, was diese neue, bisher stärkste Infektionswelle für die Wirtschaft bedeutet.

Dabei geht es nicht um verordnete Shutdowns. Einen Stillstand wie 2020 wird es nicht mehr geben. Die vorübergehende Schließung von kleinen Teilen der Wirtschaft wie Restaurants oder Kultureinrichtungen mag die Betroffenen stark treffen, doch im globalen Wirtschaftsgetriebe sind diese Bereiche von geringer Bedeutung.

Das Problem ist nicht ein globaler und verordneter Shutdown. Vielmehr geht es um einen nicht verordneten Shutdown. Ob dieser tatsächlich droht, werden wir in den kommenden Wochen live miterleben, denn bei so hohen Infektionszahlen müssen viele Menschen in Quarantäne.

Fehlen plötzlich mehrere Prozent der Belegschaft in einem Betrieb, kann es eng werden. In einigen Ländern wird die Quarantänedauer verkürzt. Man ahnt, dass andernfalls die Grundversorgung zusammenbrechen würde. Die Lieferketten sind bereits durcheinander. Fehlen an wichtigen Knotenpunkten wie Häfen, Verteilzentren und im Straßentransport mehrere Prozent der Arbeitnehmer, wird die Lage nicht besser.

Hier geht es sogar um mehr, als nur Lieferschwierigkeiten, die dazu führen, dass die Bänder in der Automobilproduktion stillstehen oder bestellte Ware verspätet mit der Post ankommt. Es geht auch um die Grundversorgung.

Es ist möglich, diese Versorgung für eine Zeit lang aufrechtzuerhalten. Die Omikron-Welle darf einfach nicht zu lange dauern. Persönlich bin ich optimistisch, dass die Grundversorgung größtenteils problemlos verläuft. Solange das der Fall ist, dürfte auch die Börse kaum aufgeschreckt werden.

Langfristig mag das anders sein. Die globale Produktion ist immer noch in Schieflage, anderthalb Jahre nach dem ersten großen Lockdown. Die Folgen der aktuellen Welle könnten ähnliche Dimensionen annehmen, auch ohne verordneten Shutdown. Denn ob Arbeitnehmer verordnet fehlen oder wegen Quarantäne, spielt keine Rolle. Das negative Ergebnis für die Lieferkette ist das gleiche.

Zu allem Überfluss hält China an seiner Null-Covid Maxime fest. Das ist bei einer deutlich ansteckenderen Variante bei einer Bevölkerung, die wenig Immunität hat, schwierig. China hat die wichtigste Schlüsselstellung in der globalen Lieferkette. Die Folgen von Omikron auf Chinas wichtige Rolle in der Weltwirtschaft werden kaum wahrgenommen, dabei sind diese vermutlich sogar relevanter als fehlende Belegschaft in den USA oder Europa.

Wer 2022 auf ein Ende der Lieferengpässe gehofft hat, muss wohl auf 2023 vertröstet werden. Das beste Resultat für 2022 ist, dass die Probleme nicht größer werden. Anleger haben Unternehmen, die unter den Engpässen leiden, tiefere Umsätze und Gewinne verziehen. Wenn das Problem chronisch wird, droht eine Neubewertung.

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  • Juancor
    Juancor

    teilweise rückabwicklung der Globalisierung wird steigende Preise bedeuten.

    14:37 Uhr, 04.01. 2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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