Fundamentale Nachricht
10:46 Uhr, 15.11.2021

Der Markt für asiatische Unternehmensanleihen

Zu den Aussichten und Investmentperlen auf dem Markt für asiatische Unternehmensanleihen bezieht Christina Bastin, Portfoliomanagerin bei Muzinich & Co., in einem Interview Stellung.

F: Viele Stimmen auf dem Markt sagen, dass Chinas Macht abnimmt - glauben Sie, dass das Potenzial Chinas tatsächlich seinen Höhepunkt erreicht hat?

A: Wir sehen im Reich der Mitte nach wie vor Potenzial, handelt es sich schließlich nach wie vor um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wie andere Länder auch hat das Land mit einigen strukturellen Herausforderungen zu kämpfen, etwa einem Wohlstandsgefälle (daher auch die neue Ideologie des gemeinsamen Wohlstands) und einer immer schneller alternden Bevölkerung. Es gibt zudem überstrapazierte Finanzen der lokalen und regionalen Regierungen (nicht der Zentralregierung) sowie einen fremdfinanzierten Immobiliensektor, was China korrigieren möchte. Das Land befindet sich dennoch nicht im Abwärtssog, sondern lediglich in einem Wandel.

F: Sehen Sie auch Chancen in anderen großen Märkten wie beispielsweise Indien oder Indonesien?

A: Chancen in anderen Ländern Asiens sehen wir durchaus, etwa in Indien. Die Bonität des Landes wurde von allen drei Ratingagenturen bestätigt, es wird bis auf Weiteres sein Investment Grade-Rating behalten. In Kombination mit dem verringerten Pandemierisiko infolge des massiven Impffortschrittes kann Indien folglich eine Alternative zu China darstellen, das derzeit mit einigen Herausforderungen wie größeren regulatorischen Risiken und einem langsameren Wachstum zu kämpfen hat. Unserer Ansicht nach sind indische High Yield-Anleihen und einige indische Investment Grade-Anleihen attraktiv.

Ebenso bietet Indonesien Opportunitäten. Wir glauben, dass die Investment Grade-Anleihen Indonesiens sowie die staatlichen und quasi-staatlichen Segmente derzeit eine gute Alternative zu China darstellen. Indonesien hat ebenfalls ein stabiles Investment Grade-Rating.

F: Welche Risiken sehen Sie auf dem asiatischen Markt für Unternehmensanleihen und in diesen spezifischen Ländern?

A: Auf dem asiatischen Markt für Hartwährungsanleihen sehen wir drei Hauptrisiken. Das erste sind die US-Zinsen, das zweite sind auf US-Dollar lautende Kredite, die starke und stabile Einnahmen sowie stabile Ratings aufweisen (abgesehen von Korrekturen bei den Ratings chinesischer High Yield-Immobilienentwickler), und das dritte ist die wirtschaftliche Lage, die in Asien ebenfalls weitgehend stabil ist. Die Möglichkeit einer harten wirtschaftlichen Landung Chinas kann ebenfalls ein potenzielles Risiko darstellen, aber wir gehen nicht davon aus, dass dies der Fall sein wird. Die Verlangsamung des Immobiliensektors wirkt sich derzeit negativ auf das chinesische Wirtschaftswachstum aus, aber die politischen Entscheidungsträger haben alle Hebel in der Hand, um die regulatorischen Verschärfungen in diesem Sektor zu lockern und das Wachstum wieder anzukurbeln. Geopolitische Risiken im Hinblick auf anhaltende Spannungen zwischen den USA und China sind bereits eingepreist. Wir erwarten weiterhin angespannte Beziehungen. Auch Europa könnte seine Haltung gegenüber China verschärfen, aber auch dies kann als bereits eingepreist betrachtet werden.

F: Da wir gerade von Risiken sprechen: Wie ist die Lage in der Region und in den einzelnen Ländern in Bezug auf Covid-19?

A: Asien war bei der Eindämmung der Pandemie im Jahr 2020 erfolgreicher als die Industrieländer. Besonders China hat den Ausbruch schnell eingedämmt und verzeichnete für 2020 sogar ein positives Wachstum. Im Jahr 2021 kam es jedoch in einigen Ländern zu neuen Lockdowns, die sich auf die Wirtschaft auswirkten, beispielsweise in Singapur, China und Indonesien, während die Impfraten in den verschiedenen Ländern unterschiedlich waren. Gegen Ende 2021 werden die meisten asiatischen Länder jedoch den Höhepunkt bei den Impfraten erreicht haben. Sogar Indien macht große Fortschritte bei der Durchführung von Impfungen, für ein so bevölkerungsreiches Land beeindruckend ist.

F: Bevorzugen Sie Hartwährungsanleihen oder Anleihen in lokaler Währung?

A: In einem Umfeld steigender US-Dollar-Zinsen bevorzugen wir definitiv Hartwährungsanleihen. Der US-Dollar wird in einem Aufwertungszyklus zwangsläufig stärker werden, was bedeutet, dass die lokalen Währungen gegenüber dem US-Dollar schwächer werden.

F: Welche Chancen bieten sich in Asien im ESG-Bereich?

A: Asien hat den größten Kapitalbedarf, um den Übergang hin zu Netto-Null-Emissionen zu finanzieren. Die asiatischen Volkswirtschaften, insbesondere China und Indonesien, sind nach wie vor in hohem Maße von Kohle abhängig. Der Finanzierungsbedarf ist enorm, und wir erwarten, dass grüne Anleihen ein hervorragendes Finanzierungsinstrument sein werden. Grüne Anleihen im Crossover-Bereich, BB bis BBB-, können ein sehr gutes Risiko-Ertrags-Potenzial bieten. Einige grüne Single-B-Anleihen bieten zum Beispiel Renditen von über 8 %. Das sind wesentlich höhere Renditen als bei ihren europäischen Pendants.

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