Kommentar
19:35 Uhr, 16.02.2018

Der Inflationsschock, der keiner war...

Mittwoch war Tag der Wahrheit und die Wahrheit war gar nicht so schlimm. Der Inflationsschock dauerte gerade einmal eine halbe Stunde. Wird die Fed nun die Zinswende beschleunigen?

War das vielleicht eine Aufregung. Alle Welt fieberte dem Termin um 14.30 Uhr entgegen. Zu dieser Uhrzeit wurden nämlich die Inflationsdaten für Januar veröffentlicht. Es kam wenige Sekunden nach der Veröffentlichung zu einem Selloff. Nachdem die Futures erst ein knappes Prozent im Plus notierten, fielen sie plötzlich um 1 %.

Die Priese stiegen nämlich in den USA gegenüber dem Vormonat (Dezember 2017) um 0,54 % (Grafik 1). Das war mehr als erwartet. Es wurden Aktien bzw. Futures verkauft. Es wurde dann aber genauso schnell auch wieder gekauft. So groß war der Schreck dann wohl doch nicht.

Anleger hatten eine Story aufgebaut. Es war klar, dass Inflationswerte, die oberhalb der Erwartung liegen, schlecht aufgenommen würden. Vermutlich waren da einige Algorithmen am Werk, die aufgrund der Daten automatisch Verkäufe ausgelöst haben.

Wie so häufig relativierte sich die Erstreaktion wieder. Betrachtet man den Preisanstieg gegenüber dem Vorjahr (Grafik 2), so kann man selbst bei äußerst lebhafter Fantasie keinen Inflationsschock feststellen. Die Kernrate bildet einen Boden aus, liegt aber mit 1,8 % immer noch unterhalb der Zielmarke von 2 %.

Meiner Einschätzung nach wird die Fed das kaum zum Anlass für eine beschleunigte Zinswende nehmen. Das Ziel ist ja noch nicht einmal erreicht und das Ziel ist – wie immer wieder betont wird – symmetrisch. Man darf auch nicht vergessen, dass die Kerninflation schon vor 2 Jahren bei 2,3 % stand. Ähnlich war es 2012. Die Fed hat damals auch nicht gerade überreagiert und die Zügel angezogen.

Der Markt wird vermutlich trotzdem noch einige Zeit lang nervös bleiben. Die Story von schneller steigenden Zinsen hat sich jetzt in den Köpfen festgesetzt. Diese Sau wird jetzt durchs Dorf getrieben. Da müssen wir durch. Die Sache nimmt wohl erst nach der nächsten Fed-Sitzung ein Ende. Dann kann Fed Chef Powell die Sorgen zerstreuen.

Bereits jetzt versuchen einzelne Notenbanker die Nerven zu beruhigen. Selbst jene Notenbanker, die für die Zinswende stehen, sehen aktuell keinen Grund für eine Beschleunigung. Deutlicher könnte das Signal kaum sein, dass die Fed jetzt nicht auf einmal die Zinsen sprunghaft anhebt, aber das wird gekonnt ignoriert.

Die Inflation wird in diesem Jahr ansteigen. Darauf habe ich bereits im Herbst 2017 hingewiesen. Im ersten Halbjahr ist der Anstieg durch Rohstoffpreise getrieben, im zweiten Halbjahr vermutlich durch Löhne. Es wird sich dabei jedoch aller Voraussicht nach um ein temporäres Phänomen handeln. Panik ist wirklich nicht angebracht.

Man kann die heutigen Daten auch in Perspektive setzen, sodass sich die Fehlleitung besser erkennen lässt. Der Preisanstieg um 0,54 % gegenüber Dezember 2017 klingt deftig. Er ist aber nur unwesentlich höher als im Januar 2017. Damals betrug der Anstieg gegenüber dem Vormonat 0,51 %. Ungewöhnlich ist das wirklich nicht.

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9 Kommentare

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  • maykaefer
    maykaefer

    Na ja, ein Inflationsschock? Die Statistik, festgelegt durch Nachläuferwerte sagt für 2018 folgendes aus: Januar wird die geringste Inflationsrate in 2018 sein. Die zehnjährige US- Rendite wird nicht über 3% steigen, dafür werden alle kurzfristigen Laufzeiten sich dieser annähern. Wir haben also eine positiven sinkenden Realzins, was der Treibstoff für Gold sein wird. Dieser wird dann 2109 negative werden. Die Aktienmärkte werden neue Allzeithochs bis zum Sommer erreichen und dann ist erstmal Feierabend.

    21:23 Uhr, 14.02. 2018
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Der „Inflationsschock“ wurde zunächst mal fix verdaut, Motto: buy the dips. Allerdings waren auch die restlichen US-Daten alles andere als gut, aber das scheint seit Monaten niemanden zu stören. Fakt ist, die Aleiherenditen für die ultrawichtigen 10jährigen haben den Turbo eingelegt und notieren zur Stunde bei 2,9%. Diese Entwicklung wird die FED nicht kalt lassen, denn sie nimmt den für das Wachstum so ungemein wichtigen US-Verbraucher in den Schwitzkasten, der kann nämlich alles brauchen, aber im Angesicht seiner Monsterschulden ganz gewiss keine steigenden Zinsen und da es bei den Amis keine Zinsfestschreibung gibt, dürfte so mancher Familienvater bei dem Gedanken an seine nächste Hypothekenrate bereits ganz leicht anfangen zu transpirieren.

    Fazit:

    Der 12% Rücksetzer im S+P wird mit Vehemenz ausgebügelt, glücklicherweise kam ja gerade noch zu rechten Zeit und charttechnisch an sensibler Stelle Kaufinteresse in den Markt, he, he :-) . Aber sollten die Anleihe-Renditen weiter in diesem Tempo in Richtung Norden rennen, dann wird das mit högschder Wahrscheinlichkeit für größeres Ungemach an den Aktienmärkten sorgen.

    20:35 Uhr, 14.02. 2018
  • Charlie
    Charlie

    Die Löhne werden erst steigen (hier in Deutschland) wenn die Inflation etwas kräftiger anzieht. Sonst eher kaum. Außer dort wo die Gewerkschaften ihre Finger drin haben. Ist leider so. Bzw. Die Nachfrage das regelt. Aber da ist das leid (noch) nicht groß genug. Es geht uns doch soooo gut.

    20:11 Uhr, 14.02. 2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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