Kommentar
12:12 Uhr, 06.04.2022

Der Immobilienmarkt ist eine große Baustelle

Eine der größten wirtschaftlichen Baustellen ist der Immobilienmarkt. Wegen seiner Bedeutung für die Wirtschaft ist diese Baustelle ein Problem.

Der US-Notenbanker Christopher Waller, der in diesem Jahr stimmberechtigt ist und somit das Zinsniveau mitbestimmen kann, machte unlängst von sich reden. In einem Vortrag ging es um den Immobilienmarkt. Kurz zusammengefasst: Waller sieht keine Probleme. Stattdessen ist der Immobilienmarkt dynamisch und anstatt von Problemen droht eher eine Überhitzung.

Um das Argument zu unterstreichen, verwies Waller auf seine eigenen Erfahrungen. Er versucht nämlich gerade selbst ein Haus zu kaufen und empfindet den Markt als verrückt (wenig ist auf dem Markt und das, was auf dem Markt ist, ist sehr teuer). Zinsanhebungen sollten daher kein Problem darstellen.

Auf den ersten Blick sind die Zinsen niedrig. Für eine 30-jährige Festhypothek liegt der Zins nun bei 4,7 %. Vergleicht man das mit Europa, sind das freilich Wucherzinsen. In den USA sind knapp 5 % noch in der Bandbreite der letzten 10 Jahre (Grafik 1). Im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen war die Zinslast noch nie so tief wie jetzt.

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Höhere Zinsen sollten den Immobilienmarkt also nicht zu Fall bringen. Kreditzinsen im Bereich von 6 % können vom Einkommen problemlos gedeckt werden. Diese Betrachtungsweise ist jedoch einseitig. Immobilienpreise sind, wie Waller selbst erfahren muss, hoch. Der Kaufpreis im Verhältnis zum Einkommen war noch nie so hoch wie jetzt (Grafik 2).

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Niedrige Zinsen helfen wenig, wenn der Kaufpreis unerschwinglich ist. Die Preise sind so hoch, weil die Zinsen niedrig waren (je tiefer der Zins, desto mehr Kredit kann man sich leisten). Steigen nun die Zinsen, ist der Schuldendienst für die meisten Haushalte nicht mehr leistbar. Die Immobilien sind einfach zu hoch bewertet. Die Preise müssen folglich sinken.

Das geschieht, wenn sich der Markt abkühlt und die Nachfrage sinkt. Die ersten Andeutungen dafür gibt es. Zinsen beeinträchtigen die Stimmung. Beide sind negativ korreliert. Einen Ausreißer gab es nach dem Platzen der Immobilienblase 2007-2011 (Grafik 3).

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Die Stimmung fällt bereits seit Monaten. Noch bewegt sich die Zahl der verkauften Häuser nach oben. Eine solche Divergenz gab es zuletzt 2005. Es folgte ein schmerzhafter Abschwung auf dem Immobilienmarkt (Grafik 4).

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Am Aktienmarkt ist das noch nicht vollständig eingepreist. Hausbauaktien folgen für gewöhnlich den Zinsen. Aktuell ist viel aufzuholen (Grafik 5). Da die Fed kaum von der Zinswende abrücken wird, ist klar, was geschehen wird. Aktien des Sektors müssen weiter korrigieren, weil der ganze Immobilienmarkt korrigieren wird.

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Man kann nicht die Zinsen anheben und erwarten, dass Haushalte bei exorbitanten Preisniveaus weiterhin mitmachen können. Zunächst wird die Nachfrage zurückgehen, am Ende werden die Preise sinken, um Angebot und Nachfrage wieder in Einklang zu bringen.

Waller mag den Markt für verrückt halten. Das ändert nichts daran, dass die Fed den Markt in eine Korrektur zwingt. Immobilienvermögen macht mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens von Haushalten aus. Zudem steigt die Zinslast. Sinkende Immobilienpreise und weniger verfügbares Einkommen sind nichts, was die Wirtschaft anschiebt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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