Fundamentale Nachricht
10:05 Uhr, 09.04.2015

Der globale Währungskrieg

Derzeit zeichnet sich Unigestion-Experte Nicolas Rousselet zufolge ein Währungskrieg ab, da mehrere Länder einen Abwertungswettlauf zur Schwächung ihrer Währung und Ankurbelung ihrer Wirtschaftsaktivität begonnen haben.

Hamburg (BoerseGo.de) - 2015 haben bereits über fünfzehn Zentralbanken weltweit ihre Geldpolitik gelockert: Teils durch Zinssenkungen, teils durch zusätzliche quantitative Lockerungsmaßnahmen – die Interventionen zielen auf die Ankurbelung der Wirtschaft in einer Phase drohender Deflationsgefahren. Diese geldpolitischen Hebel sollen die Konjunktur durch niedrige Zinsen befeuern und die Preise von Finanzaktiva stützen. Im Wesentlichen versuchen die Zentralbanken, ihre Währungen zu schwächen, indem sie zusätzliche Liquidität in das Finanzsystem pumpen und die Geldmenge ausweiten, wie Nicolas Rousselet, Leiter des Hedgefonds-Teams und Mitglied des Exekutivausschusses von Unigestion, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Träten jedoch mehrere Zentralbanken gleichzeitig in Aktion, könne der Abwertungswettlauf schnell in einen Währungskrieg eskalieren. Wie das Beispiel der letzten großen weltweiten Rezession der 1930er Jahre gezeigt habe, könne die Abwertungsspirale außer Kontrolle geraten und das reibungslose Funktionieren der globalen Finanzmärkte gefährden. Zentralbankinterventionen an den Märkten seien nichts Neues, doch die jüngste Beschleunigung habe die Investoren dennoch aufhorchen lassen. Auffällig sei vor allem gewesen, dass die Märkte von vielen der in diesem Jahr erfolgten Zentralbankaktionen auf dem falschen Fuß erwischt worden seien. Sogar das von der EZB angekündigte quantitative Lockerungsprogramm, das von den Investoren weitgehend erwartet worden sei, habe durch seine gewaltige Dimension von 1,1 Billionen Euro, welche die Erwartungen um das Zweifache übertroffen habe, dennoch für eine Überraschung gesorgt, heißt es weiter.

Außerhalb der USA sei das Wirtschaftswachstum nach wie vor lethargisch und sei durch den Einbruch der Ölpreise noch weiter gedämpft worden, weshalb die Deflation zunehmend in den Fokus gerückt sei. Die Zentralbanken hätten ihre Geldpolitik gelockert und stellten billiges Geld zur Verfügung, um die Kreditausreichung zu fördern und damit letztlich das Wachstum zu stützen. „Durch die wiederholten geldpolitischen Lockerungen entsteht weiterer Abwertungsdruck. Maßnahmen zur Schwächung des Wechselkurses gelten ebenfalls als effizientes und praktisches Instrumentarium zur Stimulierung des Wirtschaftswachstums. Dies kommt vor allem Exportländern zugute, die von einem attraktiveren Wechselkurs profitieren. Für eine schwächere Währung spricht ferner, dass hoch verschuldete Länder in der ganzen Welt ihre Schuldenprobleme besser bewältigen können, sofern keine Deflation vorhanden ist. Daher dürfte ein niedrigerer Wechselkurs kurzfristig positiv zu Buche schlagen: Er verbilligt die Exporte eines Landes und erhöht dadurch seine Wettbewerbsfähigkeit“, so Rousselet.

Allerdings unterliege die Steuerung der Wechselkurse im derzeitigen schwachen Wachstumsumfeld und angesichts der Anstrengungen der Politik, ihre Volkswirtschaften über Wasser zu halten, den Gesetzmäßigkeiten der „Spieltheorie“, heißt es weiter. „So zeigte eine aktuelle Studie von Bank of America Merrill Lynch, dass durch die Abwertung einer Währung gegenüber der eines anderen Landes zwar ein ‚First Mover‘-Vorteil entstehen kann, dass eine nicht abgestimmte Abwertungspolitik, d. h., wenn etwa zwei Länder mit ihren Währungen miteinander in einen Abwertungswettbewerb geraten, aber für beide Beteiligten exakt das Gegenteil bewirken kann. Die Tatsache, dass der First Mover in der Regel der Gewinner einer Abwertung ist, könnte der Grund dafür sein, warum so viele Zentralbanken in diesem Jahr keine Zeit verlieren wollen“, so Rousselet.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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