Kommentar
14:29 Uhr, 01.08.2014

Der Börsen-Sommer der Erkenntnis

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
    ISIN: EU0009652759Kopiert
    Kursstand: 1,3415 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 9.260,81 Punkte (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Die Stimmung an den internationalen Kapitalmärkten ist deutlich schlechter als die tatsächliche Lage. Trotz aller Unkenrufe schreitet die weltkonjunkturelle Stabilisierung voran. So nimmt die US-Wirtschaft zunehmend Fahrt auf wie u.a. das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal zeigt. Und in China ist der offizielle Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe auf den höchsten Wert seit zwei Jahren gestiegen. Die Bemühungen der chinesischen Regierung, die Konjunktur angesichts von Immobilienblase und Schattenbanken in den Griff zu bekommen, entfalten allmählich Wirkung.

Der typischerweise von der chinesischen Konjunkturstimmung ausgehende Impuls auf die deutsche Wirtschaft bleibt bislang jedoch noch aus. Die deutschen ifo Geschäftserwartungen werden deutlich überlagert von der Angst vor einem ausgedehnten Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und Russland. So wird befürchtet, dass erneute Sanktionen von EU und USA - Handelsverbot von Rüstungs- und Hochtechnologiegütern und vor allem die Erschwerung russischer Kapitalaufnahmen auf den westlichen Kapitalmärkten - russische Gegenreaktionen in Form verteuerten Energielieferungen nach Westeuropa nach sich ziehen könnten.

MDAX stärker als DAX von Russland-Krise betroffen

Insbesondere der in der Befragung dominierende Mittelstand zeigt sich betroffen. Deutsche Mittelständler unterhalten seit Jahrzehnten intensive Handelsbeziehungen zu Russland, die plötzlich ausfallgefährdet sind. Bei fortschreitender Eskalation wird sogar die Enteignung ausländischer Unternehmen befürchtet. Entsprechend schwach präsentieren sich aktuell deutsche Mittelstandsaktien: Die seit 2009 anhaltende Outperformance von Aktien aus dem Mittelstandsindex MDAX (Mid Cap-DAX) hat sich mittlerweile zu einer Underperformance gewandelt. Der Index gilt als Sammelbecken für industrielle Weltmarktführer u.a. aus den Bereichen Autozulieferer, Maschinenbau, Technologie und Agrarwesen.

GRAFIK DER WOCHE

ifo Geschäftserwartungen und Wertentwicklung des MDAX ggü. DAX seit 2009, indexiert

Was ist eigentlich mit...der deutschen Berichtsaison?

Die Gewinnwarnung von adidas ist der bisherige auch anlegerpsychologische Tiefpunkt der laufenden deutschen Berichtsaison. adidas mit seinem starken wirtschaftlichen Engagement in Russland ist zum Sinnbild der vor der deutschen Haustür liegenden geopolitischen Krise geworden. Auf die Anlegerstimmung drückt ebenso das Ergebnis von Siemens, obwohl das Unternehmen trotz rückläufigen Auftragseingängen an seinem Gewinnziel für 2014 festhält. Während die Konzernrestrukturierung voran schreitet, trüben aber die Turbulenzen im Geschäftsbereich Energie wegen zu spät fertig gestellter Großprojekte das Gesamtbild. Ermutigend wirken auch nicht die Gewinnzahlen der Deutschen Bank, die durch massive Kosten für Rechtsstreitigkeiten geprägt sind. Weitere Strafzahlungen sind angesichts einer restriktiven US-Finanzaufsicht nicht ausgeschlossen. Immerhin hat sich das Investmentbanking stabilisiert. Für den Industriegase-Hersteller Linde läuft es operativ hervorragend, jedoch sorgten negative Währungseffekte für einen Gewinnrückgang. Bayer hat ebenso mit negativen Währungseffekten zu kämpfen, enttäuscht mit seinen Bilanzzahlen aber nur auf den ersten Blick. Denn der Chemie- und Pharmakonzern hält trotzdem an seiner Jahresprognose fest und stellt mit zwei neuzugelassenen Medikamenten in Europa und den USA die Weichen für zukünftiges Wachstum. Continental hebt die Prognose seiner Gewinnmarge das zweite Mal in Folge an. Das Unternehmen dürfte in seiner Reifenproduktion von günstigeren Rohstoffpreisen profitieren. Volkswagen legt trotz global hartem Wettbewerb, der insbesondere die Kernmarke VW trifft, dank der Ertragsperlen Audi und Porsche solide Bilanzzahlen vor. Mit seinem angekündigten Sparprogramm zeigt VW Kostendisziplin.

Die nächsten bedeutenden deutschen Unternehmen, die Bericht erstatten werden, sind die Deutsche Post und BMW, die beide von einer starken Nachfrage aus den Schwellenländern profitieren. Die Wirtschaftsbelebung in Asien und den USA schlägt sich positiv in den Unternehmenszahlen von Beiersdorf nieder, wobei negative Währungseffekte spürbar sind. Lanxess treibt seine Konzernneuausrichtung voran. Die solide Entwicklung der US-Mobilfunktochter sorgt für eine gute Unternehmensstimmung bei der Deutschen Telekom. Die Versicherungskonzerne Allianz und Münchener Rück dürften keine negativen Überraschungen bereithalten, während die Commerzbank ihr Sparprogramm vorantreibt. Die Commerzbank kann Fortschritte bei der Verringerung ausfallbedrohter Kredite vorweisen, im Ausblick drohen Strafzahlungen aus einem Rechtsstreit in den USA.

Der gemischte Start der Berichtsaison in Deutschland spiegelt sich auch in der Kursentwicklung der deutschen Branchen gegenüber dem Gesamtaktienmarkt wider. Während Chemie- und Gesundheitswerte zumindest im Einklang mit der Gesamtmarktentwicklung liegen, weisen Industrie- und Bankentitel eine klare Underperformance gegenüber dem gesamten deutschen Aktienmarkt auf.

Anlegerstimmung und aktuelle Marktlage

Zurzeit haben die Crash-Propheten wieder Hochwasser, nachdem ihre Unkenrufe in den letzten fünf Jahren verhallten. Und in der Tat kommt im Moment so ziemlich alles an schlechten Nachrichten gleichzeitig zusammen, teilweise Einflussfaktoren, die zu früheren Zeiten die Aktienmärkte noch gestützt haben.

Wer kann heute schon sagen, wie es im Konflikt mit Russland weitergeht, wie sich die wirtschaftspolitischen Sanktionen hin und her entwickeln? Wird der kalte Wirtschafts-Krieg immer heißer? Die westliche Diplomatie - vor allem die in Russland ernst genommene deutsche - sollte bedenken, dass wirtschaftspolitische Sanktionen keine geopolitischen Konflikte lösen können. Im Gegenteil, je länger ein politischer und Handelskrieg andauert, umso weniger ist eine sich verselbstständigende Krisendynamik zu stoppen. Ein wirtschaftlich angeschlagener russischer Bär kann im Extremfall unkontrollierbar gefährlich sein. Dieser schwer einzuschätzende Unsicherheitsfaktor trübt naturgemäß die Stimmung deutscher Exportunternehmen.

Auch die schwachen Inflationsdaten in Euroland - früher ein Anlass, geldpolitisch noch mehr Lockerungsübungen zu erwarten - werden aktuell skeptisch dahingehend analysiert, ob Geldpolitik überhaupt noch genügend konjunkturelle Zugkraft in der Eurozone aufbringen kann. Interessanterweise ist festzustellen, dass ab Mitte 2011 fallende Notenbankzinsen der EZB mit sinkenden offiziellen Inflationsdaten einhergehen. Vom Inflationsziel 2 Prozent ist die aktuelle Inflationsrate in Euroland in Höhe von 0,4 Prozent dramatisch weit entfernt. Immerhin hat die EZB jeden Grund, geldpolitisch erneut zuzuschlagen.

Auch die einsetzende Euro-Schwäche ist aktuell absurderweise ein Handicap für deutsche Aktien. Für US- und vor allem in japanischen Yen über Carry Trades finanzierte Anleger ist sie Anlass, zur Verhinderung von Kurs- und Währungsverlusten Europas Aktienmärkte abzustrafen.

Solche Prozesse können schnell auslaufen, wenn der fundamentale Währungsaspekt wieder greift. Denn mittelfristig ist eine Euro-Abwertung positiv für die deutsche Exportindustrie, speziell auch der im deutschen Mittelstand. Bislang klebten negative Währungseffekte an der deutschen Exportindustrie wie Kaugummi am Schuh. Ein sich abschwächender Euro wird die Gewinnausblicke der Unternehmen aufhellen.

Ein großes Handicap stellt zudem die Angst vor der Zinswende in den USA dar, insbesondere vor dem Hintergrund robuster US-Wirtschaftszahlen. Immerhin waren niedrige Zinsen einer der bedeutendsten Aktientreiber der letzten Jahre. Und nicht wenige Marktteilnehmer befürchten nun, dass dieser fruchtbare Nährboden jetzt austrocknet. Diese Angst ist unbegründet. Robuste Zinserhöhungsphasen wie früher werden sich nicht wiederholen, da ansonsten insbesondere die Emerging Markets an weltwirtschaftlicher Nachfragekraft einbüßen. Außerdem schürte eine robuste Zinswende die Gefahr des Platzens der größten Blase der Welt - der Rentenblase - mit bösen Folgen. Insgesamt bleibt die US-Zinspolitik stützend.

Und als „Sahnehäubchen“ oben drauf kommt in der aktuellen Kapitalmarktlethargie auch noch die Pleite Argentiniens hinzu, die als Ausgangspunkt für Kollateralschäden auf Staatsanleihemärkten oder in der Bankenwelt gesehen wird. Diese Krisen werden aber ausbleiben, weil mittlerweile professionelle geldpolitische Rettungsinstrumente zur Verfügung stehen, die im Bedarfsfalle sofort eingesetzt werden. Das liquiditätspolitische Sicherheitsnetz der Notenbanken ist lückenlos gespannt. Ähnliche Auswirkungen wie nach der letzten Staatspleite Argentiniens werden so verhindert.

Schlechte Stimmung aktuell wichtiger als Fakten

Vor dem Hintergrund vor allem der aktuellen Geopolitik wird sich die Schwankungs- und Konsolidierungslaune der Aktienmärkte fortsetzen. Mit rationalen Argumenten findet man in der aktuell moll-haften Kapitalmarktstimmung kein Gehör. Der deutsche Aktienmarkt leidet in der Eurozone aufgrund seiner Konjunktur- und Exportsensitivität am meisten.

Der Markt muss sich austoben. Unter dem Strich sind zwischenzeitliche Konsolidierungen im DAX Richtung 9.000 Punkte einzukalkulieren.

Zum Ende des III. Quartals hin dürfte sich der Unsicherheitsnebel so oder so gelichtet haben. Immerhin sehen die fundamentalen Indikatoren gar nicht schlecht aus. Sicherlich könnten diese über nachhaltige geopolitische Eintrübung ähnlich angegriffen werden wie ein fauler Apfel, der auch anderes Obst im Früchtekorb angreift.

Aber auch das sollte Erwähnung finden. Wenn sich der geopolitische Konflikt zumindest Richtung stabile Seitenlage entspannt, wenn zumindest der Schwelbrand zu keinem Flächenbrand wird, haben insbesondere export- und konjunktursensitive deutsche Aktien die Kraft der vier Herzen: Geopolitische Krise eingedämmt, Geldpolitik bleibt üppig, Konjunkturperspektiven hellen sich auch währungsseitig auf und die Alternativrenditen bei Zinsvermögen bleiben erbärmlich. Dann ist der Dax schnell wieder über 10.00 Punkten bzw. der MDAX über 17.000 Punkte.

Eine Absicherung der Aktienbestände ist zwar in Betracht zu ziehen. Aufgrund der u.a. stabilen geldpolitischen Rahmendaten sollten regelmäßige Aktien-Ansparpläne weiter geführt werden.

The Europeans have got the financial world in their hands

Zur Konflikteindämmung ist in der „Sommerpause“ jetzt vor allem Europa gefragt. Europäische, vor allem deutsche Politiker haben eine gewaltige Bringschuld. Ziemlich genau 100 Jahre nach Ausbruch der europäischen Ur-Katastrophe sollte man diplomatisch viel gelernt haben. Vor allem aber sollte sich Europa nicht von anderen geneigten Ländern außenpolitisch einnehmen lassen, die jetzt eine günstige Gelegenheit sehen, einen geostrategischen Machtzuwachs zu erlangen. Da beißt die Mickey-Maus keinen Faden ab. Immerhin, erste Selbstständigkeit beweist die EU: Sie kann die Sanktionen nach drei Monaten aussetzen. Hier baut man Russland eine goldene Brücke. Hoffen wir auf einen Sommer der diplomatischen Erkenntnis.

Glück auf!

HALVERS WOCHE: Die Mär von der Zinswende in den USA

Die schlechte Nachricht zuerst: Ab Frühjahr 2015 wird die US-Notenbank zum ersten Mal seit Ende Juni 2004 - nach dann fast 11 Jahren - ihre Leitzinsen anheben. Viele meiner jungen Kollegen kennen „Zinserhöhungen“ nur vom Hörensagen.

Einige Marktteilnehmer scheinen zu befürchten, dass die Kapitalmärkte mit der US-Zinswende ausgerechnet ihr wichtigstes Fallnetz verlieren und dass der geldpolitisch heitere, lange Kapitalmarktsommer in einen langen sibirischen Kapitalmarktwinter übergeht. Ohne Frage, in den letzten fünf Jahren sorgte die US-Zinspolitik für die Happy Hour an der Wall Street und an den Welt-Aktienmärkten.

Leit-Zinsen werden nicht zu Leid-Zinsen

Also Schluss mit geldpolitisch lustig? Droht die neue Zins-Sachlichkeit? Also ich bin US-zinsentspannt. Ich bin mir sehr sicher, dass der 2015 beginnende Zinserhöhungszyklus nicht annähernd Dimensionen wie in früheren restriktiven Zinszeiten annehmen wird. Frau Yellen bereitet die Finanzmärkte behutsam auf ebenso behutsame Zinserhöhungen vor. Sie beherrscht das Zins-Spiel ohne Ball. Wer dann geschockt ist, wenn es tatsächlich passiert, den kann nur das Schicksal von Dornröschen ereilt haben.

Frau Yellen - Amerikas Mutti - weiß, dass anmutige Leitzinserhöhungsphasen zuerst den Finanz- und dann den realen Märkten den Garaus machen. Sie hat die ab 2004 einsetzende Zinserhöhungsorgie von einem auf 5,25 Prozent, das resultierende Platzen der Immobilienblase und die Nebenwirkung einer weltweiten Rezession nicht vergessen. Bei erneuter Durchführung einer derartigen Zins-Kneipp-Kur wären die seit der Lehman-Pleite beispiellosen geldpolitischen Rettungsmissionen und Schulden-Völlereien umsonst gewesen. Besonders hart würde es die Schwellenländer treffen, die einen massiven Kapitalrücktransfer in die USA erleben würden. Sie würden zu Aussätzigen an den Kapitalmärkten und könnten insofern ihrer segensreichen Rolle als Absatztempel westlicher - und eben auch US-Produkte - nicht mehr vollumfänglich gerecht werden.

Grundsätzlich sind für den gesamten nächsten Zinserhöhungszyklus keine realen Leitzinsen, also nach Inflation, zu erwarten, die die Nullgrenze überschreiten werden. Im historischen Durchschnitt liegen diese bei knapp 2 Prozent. Im Vorfeld der großen Krisen - Asien-Krise 1997, Bersten der Dotcom-Blase 2000, Platzen der Immobilienblase 2008 - lagen diese auf finanzwirtschaftlich schmerzhaften Niveaus von ca. vier Prozent. Schon aus Gründen des Selbstschutzes der USA wird dieser Weg zurück in die Zinsnormalität niemals angetreten.

Die sogenannte US-Zinswende wird zu keinem finanzwirtschaftlichen Beinbruch führen. Dennoch sollen ihre konkreten Auswirkungen auf die wichtigsten Anlageklassen nachfolgend beleuchtet werden.

Währungen - Die Exportwirtschaft freut sich über den schwächeren Euro

Während die US-Leitzinsen - wenn auch nur leicht - steigen, ist die EZB noch im Modus der geldpolitischen Lockerung. An weitere Leitzinssenkungen glaube ich nicht, aber an Zinserhöhungen von Euro-Krisenbändiger Mario Draghi auch nicht. Denn die eurozonalen Strukturprobleme halten sich hartnäckig wie Kaugummi am Schuh. Die erhöhte Leitzinsdifferenz USA - Eurozone drückt den Euro bis Jahresende Richtung 1,30 und im nächsten Jahr deutlich unter diese Marke.

Staatsanleihen - Fremdgehen in den USA

Der leichte Anstieg der US-Leitzinsen ist gleichbedeutend mit höheren Renditen von US-Staatsanleihen. Ein Horrorszenario von dramatischen Renditeanstiegen bzw. Kursverlusten wie im Zinserhöhungszyklus 1993/95 kann aber nicht sein, weil es nicht sein darf. Damals trafen drastische Leitzinserhöhungen von drei auf sechs Prozent auf ebenso dramatische Renditeerhöhungen z.B. für dreijährige US-Staatspapiere von vier auf knapp acht Prozent.

Wiederholte sich die damalige Leitzins-Geschichte heute, würde die Mutter aller Blasen, die Rentenblase, platzen. Dann stünde die real existierende Finanz- und Konjunkturwelt endgültig vor dem Ende.

Immerhin, der Renditeabstand von US-Anleihen zu Papieren aus Deutschland, aber auch gegenüber der Euro-Peripherie dürfte sich weiter ausweiten. Mit US-Staatspapieren haben die in Anleihen verliebten Euro-Anleger gleich zwei Vorteile: Mehr Rendite und Dollar-Währungsgewinne.

Unternehmensanleihen - Warum nicht noch einmal in den USA fremdgehen?

Das Umfeld leicht erhöhter US-Leitzinsen wird auch die Renditen von Unternehmensanleihen leicht nach oben treiben. Der Renditeaufschlag von US- gegenüber Euro-Papieren - beide Anlagegattungen jeweils mit mindestens Investment Grade (BBB) ausgestattet - wird sich daher weiter ausweiten. Dabei ist ihr Ausfallrisiko grundsätzlich gesunken, da die USA gegenüber Euroland konjunkturrobuster sind. Neben dem Rendite- spricht auch hier das Währungsargument für US-Unternehmensanleihen, denen insgesamt eine Ersatzbefriedigung für euroländische Papiere zukommt. Laufzeiten sollten zunächst maximal drei Jahre betragen, um möglichen Kursverlusten bei weiter steigenden Renditen entgegenzuwirken.

Aktien - Mehr Fleisch am blanken Knochen der Liquiditätshausse

Der Ausblick für die US-Aktienmärkte bleibt positiv. Denn erstens ist die Fed „leitzinserhöhungsbehutsam“. Überhaupt, die US-Wirtschaft wird noch lange - ähnlich wie Onkel Dagobert Duck in seinen Golddukaten - in Zentralbankgeld baden. Und zweitens sind leichte Zinsanhebungen ein Indiz für ein verbessertes Konjunkturumfeld. Von dieser fundamentalen Happy Hour in den USA mit weltkonjunkturellen Ausstrahleffekten wird schließlich auch Deutschland mit seinen exportstarken Unternehmen profitieren. Die Liquiditätshausse ist einerseits nicht beendet und bekommt andererseits auch noch einen fundamental höheren Nährwert.

Immobilien - Keine „einstürzenden Neubauten“

Der Zinsanstieg an den amerikanischen Staatsanleihemärkten ist heute nicht mehr ähnlich maßgebend für deutsche Bauzinsen wie früher. Eine starke EZB hat hier längst die Zinskontrolle übernommen. Wirkliche Verteuerungen von Immobilienfinanzierungen sind kaum zu befürchten. Ohnehin ist in Deutschland ein Immobiliencrash wie in Spanien oder den USA nicht zu erwarten, da bei uns die Baukredite stärker mit Eigenkapital unterlegt und mit höheren Tilgungsraten ausgestattet sind. Unserem Immobilienmarkt hilft auch das viele Geld auf der hohen deutschen Kante. Dies ermöglicht es, auch ohne Baukredit oder weniger Kreditvolumen in Immobilien zu investieren. Zinssparen lohnt sich ja ohnehin nicht mehr. Nicht zuletzt wohnt kaum eine Bevölkerung im Westen so gerne zur Miete wie die deutsche. Der Markt für Wohneigentum ist somit noch nicht gesättigt. Das banale Kriterium „Lage, Lage, Lage“ ist dennoch strikt zu befolgen.

Edelmetalle - Im Revier der Geldpolitik ist Gold unerwünscht

Steigende Zinsen sind der Erzfeind für Edelmetalle, denn auf Gold & Co. gibt es keine laufende Verzinsung. Man kann zwei Unzen Gold oder Silber noch so lange nebeneinander legen, das Licht ausmachen, Kerzen anzünden und anheimelnde Musik erklingen lassen. Junge werden sie dennoch nie bekommen. Da aber der Zinsanstieg von der Inflation aufgefressen wird, verliert dieses Opportunitätskosten-Argument schnell an Bedeutung.

Was für Gold, Silber & Co. grundsätzlich spricht, ist ihre langfristige Werterhaltungsfunktion. Ich vermag nicht zu erkennen, dass die Welt ein finanzstabiler Platz geworden ist. Zudem nehmen geopolitische Krisen eher zu als ab. Und für die ungehemmte Rettung der Finanz- und Konjunkturwelt über billiges Geld und muntere Schuldenfrönerei werden wir irgendwann die Rechnung erhalten. Eine Wirtschaft, in dem einem wie im Schlaraffenland die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, hat noch nie lange funktioniert. Aber dennoch, eine dramatische Kurserholung von Edelmetallen werden die Notenbanken so lange wie möglich verhindern. Denn die Rettung der westlichen Finanzmärkte funktioniert nur über Geld. Eine Alternativwährung in Form von stark im Kurs steigenden Edelmetallen würde diese monetäre Rettung konterkarieren.

Aus Zins-Weiß wird nicht Zins-Schwarz, eher ein helles Zins-Grau

Nein, Angst vor einer Zinswende in den USA muss man genauso wenig haben wie vor dem Gespenst unter dem Bett.

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK

KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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