Der Anleihenmarkt im Jahr 2024
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1. Aktien vs. Anleihen
Unter strategischen Gesichtspunkten ist die größte Veränderung im Jahr 2024 wahrscheinlich die erwartete Performance der Aktienmärkte gegenüber den Anleihemärkten. Das globale Wachstum wird sich voraussichtlich verlangsamen, auch in den Industrieländern. In der Eurozone rechnen wir mit einer Stagnation, im Vereinigten Königreich möglicherweise mit einer Rezession. Auf Grundlage dieser Entwicklungen erwarten die meisten Analysten im Jahr 2024 einhellig Aktienrenditen von 5 % bis 8 %. Auch für die Anleihen- und Kreditmärkte werden ähnliche Renditen erwartet.
Im Jahr 2023 waren die Portfolios noch auf Aktien fokussiert – eine „Altlast“ aus den Corona-Jahren und als notwendiger Schutz gegen die Inflation. Eine solche Übergewichtung ist angesichts der makroökonomischen Aussichten unserer Meinung nach nicht mehr gerechtfertigt. Wir erwarten, dass die Rentenmärkte einen erheblichen Teil der Abflüsse der letzten Quartale wieder aufholen werden. Offenkundig sind die großen Zentralbanken nicht bereit, die Zinsen weiter anzuheben. Daher hat sich die Debatte darauf verlagert, welches Szenario für Zinssenkungen im Jahr 2024 plausibel ist. Das Risiko stark negativer Renditen an den Anleihemärkten wie im Jahr 2022 und in Teilen des Jahres 2023 hat sich weitgehend verringert, da der Übergang zu den endfälligen Leitzinsen nun fast vollständig abgeschlossen ist.
Unserer Ansicht nach bietet das Jahr 2024 eine differenzierte Chance für "Carry-Flex"-Strategien. Diese Strategien investieren in Crossover oder Unconstrained Fixed Income Portfolios, bei denen der Carry taktisch an Minizyklen bei Anleihen angepasst werden kann. Gleichzeitig sind „Carry-Flex“-Strategien in der Lage, das Fixed Income Portfolio durch ein aktives Management des Hochzinsengagements zu stärken, um die Performance des Portfolios zu optimieren.
Unserer Ansicht nach werden die Ausfallraten bei Hochzinsanleihen und Leveraged Loans zu Beginn des Jahres 2024 weiter steigen. Die meisten der ausfallenden Emittenten sind jedoch bereits identifiziert und werden entsprechend bewertet. Emittenten mit besser strukturierten Bilanzen werden jedoch aufgrund höherer Anleiherenditen mit einem Abschlag bewertet. Wir gehen davon aus, dass sich dieser abgezinste Preis automatisch erholen wird (starker „Pull-to-Par"-Übergang), da das Risiko für die Anleiherenditen im Vergleich zu den Jahren 2022/2023 deutlich geringer ist.
2. Der Private Credit Bereich wächst weiter
Auch wenn die so genannte "Illiquiditätsprämie" infolge des schwächeren liquiden Rentenmarktes nicht wesentlich gestiegen ist, glauben wir, dass der Appetit auf Private Debt 2024 weiter zunehmen wird. Die sehr begrenzte Volatilität dieser Anlageklasse im Jahr 2023 war in Verbindung mit einem geringen Ausfallrisiko ein klarer Vorteil für Portfolios, die vor einigen Jahren in Private Debt diversifiziert haben. Dieses Volatilitätsargument wird auch 2024 noch eine Rolle spielen. Der Anteil von Private Debt in diversifizierten Multi-Asset-Portfolios dürfte weiter zunehmen und im Zuge der Reallokation von Zuflüssen aus dem Immobilienbereich profitieren, der im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht wachsen wird.
Die veränderte Regulierung bei den European Long Term Investment Funds (ELTIFs) dürften zu einem vielfältigeren Angebot an Private-Debt-Produkten führen. Dies könnte auf ein wachsendes Interesse von Privatanlegern stoßen, die von höheren Renditen und wesentlich besseren Bedingungen für den Zugang zu solchen Produkten profitieren.
3. Passiv vs. Aktiv-Debatte erneut entbrannt
Wir erwarten im kommenden Jahr interessante Entwicklungen in der Debatte zwischen aktiv und passiv bei festverzinslichen Anlagen. Angesichts eines unterdurchschnittlichen Konjunkturzyklus und der "higher-for-longer"-Position der Zentralbanken werden die Anleiherenditen wahrscheinlich noch einige Zeit hoch bleiben. Zwar wirken sich höhere Zinsen nur langsam auf die Fremdkapitalkosten aus, diese werden jedoch die Bilanzen verschlechtern. Dies könnte sich in höheren Ausfallraten oder einer stärkeren Streuung der Preise innerhalb des Hochzins-Anlageuniversums niederschlagen.
Da die Märkte auf idiosynkratischer Ebene unsicher bleiben werden, kann eine passive Strategie unserer Ansicht nach die Anlagerenditen nicht optimieren. Wenn sich das Renditeumfeld so schnell ändert, können auf Anleihenmärkte spezialisierte Investoren außerdem die Dynamik des Primärmarktes nutzen, um passive Strategien zu übertrumpfen, indem sie bei Neuemissionen aktiv werden, die bei ähnlicher Kreditqualität eine höhere Rendite aufweisen.
4. Die Zeit für flexible globale Fixed Income-Strategien ist gekommen
Wir erwarten, dass sich die Anlegernachfrage auf globale und flexible festverzinsliche Strategien konzentrieren wird, die darauf abzielen, die Preise des Hochzinsmarktes mit einer gewissen Absicherung nach unten zu nutzen. Dies erfordert eine gründliche Analyse zur Auswahl von Qualitätsemittenten, einen flexiblen Anlagestil und ein angemessenes Maß an Liquidität, damit die Portfolios im Falle eines unerwarteten Schocks bei den Marktpreisen beweglich genug sind. Es gibt mehrere Anlagelösungen mit unterschiedlichem Kreditrisiko, die der Nachfrage der Anleger in diesem Bereich gerecht werden können.
Den Schwerpunkt auf europäischen Kredite zu legen kann ebenfalls eine interessante Anlagelösung sein, insbesondere auf aktiv verwaltete europäische High-Yield-Strategien. Die höhere durchschnittliche Kreditqualität des europäischen im Vergleich zum US-amerikanischen High-Yield-Markt ist angesichts der aktuellen Aussichten ein klarer Vorteil. Unser Schwerpunkt liegt auf Strategien, die Cash-Anleihen mit den Möglichkeiten von Derivaten kombinieren, um eine größere Flexibilität zu erhalten, und auf hochgradig diversifizierten Strategien mit einem preiseffizienten Zugang zum Extra-Carry der High-Yield-Märkte.
Auch die Märkte für Private-Debt-Titel mit einem gewissen Maß an Liquidität stoßen auf großes Interesse. Anspruchsvolle Anlagelösungen ermöglichen den Zugang zu den höheren Renditen des Privatmarktes, während sie gleichzeitig einen angemessenen Zugang zu einer gewissen Liquidität bieten. Diese semi-liquiden Anlagelösungen sind in vielen europäischen Ländern für einen großen Kreis von Privatanlegern zugänglich.
5. Die Rolle der Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit spielt keine Nebenrolle mehr, sondern ist zu einer zentralen Achse bei Investitionen geworden. In den letzten zehn Jahren ist die Nachfrage nach Anlageprodukte mit Nachhaltigkeitslabel gestiegen. Wir glauben, dass sich der Markt dahingehend entwickelt, dass alle Investitionen über die Kennzeichnung hinaus zunehmend an Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet sein müssen. Nachhaltige Investitionen werden zu einem breiteren Ansatz.
Nehmen wir zum Beispiel die Treibhausgasemissionen, deren Reduktion einer der ersten Ansätze für nachhaltige Investitionen waren. Heute werden neue Ansätze vorangebracht, wie beispielsweise das wichtige Thema der biologischen Vielfalt.
Eine große Herausforderung ist die Verfügbarkeit und Gewinnung von Daten. Sobald diese jedoch in großem Umfang und detailliert genug zur Verfügung stehen, werden sie in die Anlagekonzepte aufgenommen. Auch die Regulierung wird unserer Ansicht nach verbessert, um die Integration der Nachhaltigkeit in die Finanzwelt zu beschleunigen. Der gesamte Prozess der Nachfrage, des Angebots und der Regulierung verläuft synchron und verändert den Investitionsrahmen erheblich. Wir sehen die Notwendigkeit, Anlageprozesse kontinuierlich weiterzuentwickeln, um der Nachfrage nach einer breiteren Definition von nachhaltigen Anlagen gerecht zu werden. Hierfür ist es notwendig, ständig neue Aspekte in das Angebot zu integrieren. und so Anleger anzuregen , Akteure des globalen Wandels zu sein und von ihm zu profitieren.
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