Kommentar
11:09 Uhr, 10.12.2012

Den Markt mit Anleihen schlagen

Der Traum jedes Anlegers ist einfach beschrieben: konstante Rendite über dem Marktdurchschnitt ohne hohe Volatilität und Risiko. In der Realität ist das ein Widerspruch. Mehr Risiko kann zu mehr Ertrag führen, muss es aber nicht. Es führt aber bestimmt zu höherer Volatilität. Tatsache, oder?

Die oben beschriebene eierlegende Investment-Wollmilchsau gibt es nicht. Es gibt aber Anlagen, die dem Prinzip nahe kommen. Dabei geht es weder um langweilige Bundesanleihen noch um hochspekulative Europeripheriepapiere. Es geht vielmehr um wachstumsstarke Schwellenländer. Diese Länder, vor allem die BRIC Staaten, sind in den vergangenen Jahren an den Aktienmärkten zurückgefallen. Anleihen dieser Staaten bieten hingegen attraktive Renditen. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie interessant diese Investments sind, möchte ich Ihnen zunächst einige Zahlen nennen: die durchschnittliche Rendite amerikanischer Aktien über die letzten 100 Jahre liegt bei gut 9%. US Staatsanleihen mit ca. 10 Jahren Laufzeit haben knapp 6% eingebracht, kurz laufende Anleihen um die 3%. Seit dem Jahr 2000 beträgt die Jahresperformance der US Aktien ca. 2,5%, real ist die Rendite negativ. Anleihen stehen nicht besser da und bewegten sich im Schnitt zwischen 2 und 6%. Inzwischen sind hier Renditen von über 2% schon fast Ausnahmeerscheinungen. Im gleichen Zeitraum haben Emerging Markets Anleihen 11% pro Jahr erwirtschaftet. Das liegt nicht nur über dem langjährigen Durchschnitt, sondern auch gleich um ein Vielfaches über dem Schnitt des letzten Jahrzehnts. Der erste Chart zeigt den Dax im Vergleich zum Julius Bär Emerging Market Bond Fund und sagt eigentlich alles.

Wie wird aber dieses Wunderwerk von hoher Rendite und verkraftbarer Volatilität zustande gebracht? Es gibt vor allem zwei Treiber für diese Outperformance. Einerseits ist das Zinsniveau in Entwicklungsländern höher als in Industrieländern; andererseits ist die Bonität dieser Länder oft schlechter bewertet als von Industrienationen. Beides führt zu höheren Risikoaufschlägen und damit zur Zahlung höherer Kupons. Das Rating berücksichtigt viele Faktoren. So spielt nicht nur die Bonität eine Rolle, sondern auch die Stabilität des Landes, sowohl in wirtschaftlicher wie auch politischer Hinsicht. Man muss sich allerdings fragen, ob diese Bewertungen die Realität optimal widerspiegeln. Russland ist mit einer Staatsverschuldung von 10% des BIPs mit einem BBB bewertet, Brasilien bei einer Verschuldung von 66% ebenfalls mit einem BBB, die Türkei mit 40% mit BB und Litauen ebenfalls bei einer Schuldenquote von 40% mit einem BBB. Frankreich hingegen bringt es auf knapp 90% bei Nullwachstum, mangelnder Wettbewerbsfähigkeit, schleppender Reformen und gewisser sozialer Spannungen im Land auf das zweitbeste Rating. Entsprechend unterschiedlich sind die Renditen der Anleihen. Frankreich zahlt für 10-jährige Papiere derzeit 2%, Brasilien knapp 10%, Russland ca. 8%, die Türkei gut 8% und Litauen immerhin noch 5%. Ob diese Zinsdifferentiale gerechtfertigt sind, sei dahingestellt. Letztlich muss jeder Investor selbst entscheiden, ob er die brasilianische Regierung für weniger glaubwürdig und liquid einschätzt als Frankreich oder sogar Italien.

Während sich über diese Unterschiede diskutieren lässt, sind die Konsequenzen recht eindeutig. Emerging Markets Anleihen haben unter geringerer Volatilität als der Dax oder Dow Jones eine höhere Rendite erwirtschaftet. Der Vergleich der Schwankungsbreite zeigt jedoch auch, dass die Anleihen tendenziell mit den Aktienmärkten korreliert sind. Starke Kurseinbrüche an den Aktienmärkten führen auch zur Liquidieren anderer Assetklassen. Kurzfristig geraten damit auch Anleihen unter Druck.

Als Anleger darf man sich also nicht erwarten, dass durch den Kauf von Anleihen das Portfolio ein Hort der Stabilität wird. Der nächste Chart zeigt den Dax im Vergleich zu einem reinen Investment in Anleihen (JB) und einer Kombination aus 50% Dax und 50% Anleihen. Die Rendite ist noch immer ansehnlich. Die Volatilität erhöht sich aber gleichzeitig, wobei die Kombinationen beider Anlageklassen die Korrelation zu den Bestandteilen verringert.

Die Beimischung von Anleihen aus Entwicklungsländern kann dem Depot also zweifach nützlich sein. Zum einen ist die Rendite attraktiv, zum anderen reduziert sich die Volatilität über das Gesamtportfolio erheblich. Einziger Wermutstropfen ist die Verfügbarkeit dieser Anleihen. Das Risiko nur einen Schuldner im Depot zu haben ist zu groß. Selbst einen Anleihefonds zusammenzustellen ist sowohl aufwändig als auch teuer. Es gibt daher nur weniger Alternativen. Eine davon ist die Investition in Emerging Market Fonds. Der hier als Beispiel verwendete Julius Bär Fonds (LU0081394404) ist eine Möglichkeit. Viele der Anleihenfonds verlangen hohe Ausgabeaufschläge und Managementgebühren, sodass bei Kauf mit Kosten von 5% und dann jährlich mit Kosten von 1,5-2% zu rechnen ist. Persönlich finde ich diese Kosten bedauerlich, allerdings können es sich die Anbieter leisten, denn die Performance spricht für sich selbst. Die Nettoperformance (aber vor Steuern) betrug immer noch 10%pa. Die Auswahl an Fonds ist überschaubar, zumal teils erhebliche Mindestinvestitionen notwendig sind (bei einigen Fonds 500.000 Euro und mehr). Der Vorteil des hier vorgestellten Fonds sind noch vergleichsweise moderate Kosten, keine Mindestinvestition und Notierung in Euro. Alternativ steht auch ein Indexzertifikat (DE000VFP9UT8) von Vontobel auf den Vontobel Best of Emerging Market Bond Funds Index zur Verfügung. Der Index setzt sich auf den 10 besten Fonds des Sektors zusammen. Die Auswahl erfolgt nach der historischen Performance der letzten drei Jahre und wird jährlich angepasst. Obwohl die Kosten hier jenen eines Zertifikats entsprechen hinkt die Performance den Top 3 Fonds der Branche deutlich hinterher. So wurde seit Auflage 2007 eine Rendite von 22% im Vergleich zu 50% der Top 3 Fonds erwirtschaftet.

Woher kommt die außerordentlich gute Performance dieser Fonds? Die beliebtesten Länder sind Russland, die Türkei, Brasilien, Mexiko und die Philippinen. Die meisten dieser Länder sind mit BBB bis BB geratet. Der Anlageschwerpunkt bewegt sich also gerade noch im Investment-Grade Bereich. Während viele Fonds Barmittel im Bereich von 5% halten, hält der JB Fonds Anleihen mit Top-Bonität in der Höhe von 5-7%. Diese Anleihen sind letztlich ein Cash Äquivalent, sodass Barmittel nicht unproduktiv geparkt werden müssen und zumindest noch einen minimalen, positiven Beitrag leisten. Die Anleihen selbst bringen 70-80% der Gesamtperformance. Die restliche Rendite wird über Wechselkursgewinne bzw. Absicherungsgeschäfte erwirtschaftet. Als Anleger sollte man darauf gefasst sein, dass diese Zusatzrendite nicht jedes Jahr anfällt. Insgesamt beläuft sich die Bruttorendite des Fonds dann aber immer noch auf ca. 9% pro Jahr.

Als Beimischung zum Depot bieten Emerging Market Anleihenfonds eine gute Gelegenheit. Trotz der „eierlegenden Wollmilchsau Performance“ dürfen die Risiken nicht unterschätzt werden. 2008/09 kam es zu Drawdowns von 30%. Neue Schocks an den Kapitalmärkten können jeder Zeit zu ähnlichen Einbrüchen führen. Ebenso ist auf Währungsrisiken und Zinsrisiken zu achten. Es steht zwar nicht zu befürchten, dass die Leitzinsen in naher Zukunft exorbitant steigen, jedoch würde eine anhaltende Phase von Zinserhöhungen die Kurse von Anleihen unter Druck bringen.

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte:Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung investiert.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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